Venezuela Kein Lebenszeichen vom Oppositionsführer

Leopoldo Lopéz gilt als Favorit auf das Präsidentenamt in Venezuela, doch nach einem umstrittenen Urteil sitzt er in Haft. Seit Wochen hat seine Familie nichts von ihm gehört – nun schalten sich Politiker ein.

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Lilian Tintori wartet vor einer Absperrung der venezolanischen Nationalgarde vor dem Militärgefängnis Ramo Verde: Die Gattin des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo Lopéz verlangt Informationen über den Zustand ihres Mannes. Quelle: Reuters

Caracas Seit rund einem Monat gibt es keine Informationen zum Zustand des inhaftierten venezolanischen Oppositionsführers Leopoldo López - seine Familie fordert von Präsident Nicolás Maduro nun ein klares Lebenszeichen. Nachdem es erst Gerüchte über einen dramatisch verschlechterten Gesundheitszustand Lopez' und eine Einlieferung in ein Militärhospital gegeben hatte, hieß es später, er sei weiter im Gefängnis Ramo Verde bei Caracas.

Seit Ausbruch der Proteste gegen den Sozialisten Maduro wird der Frau von López, Lilian Tintori, der Zugang zu ihrem Mann verwehrt. Stundenlang wartete sie am Donnerstag wieder vor einer Polizeisperre.

„Wir wollen einen Beweis, dass Leopoldo weiter in Ramo Verde ist, wir wollen wissen, wie es ihm geht, wir wollen wissen, warum er nicht kommuniziert“, erklärte Tintori. Ein Video mit einem vermeintlichen Lebenszeichen bezeichnete sie als Fälschung. Sie wolle ihn endlich wieder persönlich sehen. Auch der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, forderte Zugang und Informationen über den Zustand von López.

Der 46-Jährige war bis 2014 wichtigster Gegenspieler von Maduro und gilt im Falle einer Freilassung als ein Favorit auf das Präsidentenamt. Der Chef der Partei Voluntad Popular („Volkswille“) verbüßt wegen angeblicher Anstachelung zu Gewalt bei regierungskritischen Protesten eine fast 14-jährige Haftstrafe. Das Urteil wurde international als rein politisch motiviert kritisiert. 2014 waren 43 Menschen bei Protesten gegen Präsident Maduro gestorben.

Seit Anfang April demonstrieren die Menschen erneut in Venezuela, sie fordern unter anderem Neuwahlen und auch López' Freilassung. Unterdessen stieg die Zahl der Toten bei den Protesten auf 37. Bei einer Demonstration am Donnerstag (Ortszeit) in El Tigre, einer Stadt südöstlich von Caracas, starb ein 33 Jahre alter Vorsitzender eines Studentenverbands. Drei weitere Menschen wurden verletzt. Auch in der Hauptstadt kam es erneut zu Zusammenstößen und mehreren Verletzten; die Polizisten setzten Tränengas gegen Demonstranten ein.

Zeugen zufolge hatte ein Unbekannter den 33-Jährigen erschossen und war anschließend auf einem Motorrad geflohen. Wenige Stunden zuvor gaben die Behörden den Tod eines 38-jährigen Polizisten aus der Provinz Carabobo bekannt. Er war am Tag zuvor bei einer Straßenschlacht schwer verletzt worden.

Während der anhaltenden Proteste im Land sind bereits mehr als 700 Menschen verletzt worden - keine kleine Zahl in einem Land, in dem aufgrund der wirtschaftlichen Lage die Medikamente knapp sind. Alleine 30 Personen wurden der Opposition zufolge am Donnerstag verletzt. Mehr als 1000 Menschen sind insgesamt festgenommen worden.

Präsident Nicolás Maduro wirft der Opposition vor, ihn aus dem Amt putschen zu wollen und hat eine Änderung der Verfassung angeordnet. Bei einer Landwirtschaftsmesse am Donnerstag sagte er, die Reform werde das Schicksal des Landes „für die nächsten 50 Jahre“ entscheiden.

Unterdessen forderte eine Gruppe von US-Politikern beider Parteien Präsident Donald Trump auf, neue Sanktionen gegen Venezolaner zu verhängen, die für Menschenrechtsverletzungen in dem Land verantwortlich sind. Acht lateinamerikanische Länder appellierten daran, den exzessiven Einsatz von Sicherheitskräften gegen die Protestierenden zu stoppen. Solche Aktionen würden die Gesellschaft im Land lediglich weiter polarisieren, teilten sie mit.

Auch der venezolanische Star-Dirigent Gustavo Dudamel richtete Worte gegen die Geschehnisse in seiner Heimat. In einem online veröffentlichten Meinungsbeitrag rief er Maduro auf, die politischen Spannungen zu senken. Der Aufschrei von Menschen, die durch die Krise im Land litten, dürfe nicht länger ignoriert werden. Venezolaner und andere Prominente der klassischen Musik haben Dudamel vorgeworfen, er stehe Maduro nahe.

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