Länder, in denen es keine sauber geführten Sterberegister gibt, scheiden von vornherein aus. Das sind zwar nur gut 20, aber zugleich die Länder, wo auch die Probleme am größten sind. Doch selbst wo es glaubhafte Sterbetafeln gibt, fangen die Probleme dann erst an: Wie ordnet man einen Todesfall der Geburt zu? Dazu muss zum einen verzeichnet sein, ob überhaupt eine Geburt stattgefunden hat. Zum anderen muss klar sein, ob der Tod im Zusammenhang mit dieser Geburt stand. In den meisten Entwicklungsländern ist das unmöglich. Gemacht wird es dennoch. Pi mal Daumen als Grundlage von Politik.
Länder mit der höchsten Zahl der Asylbewerber (2014)
Zypern
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 1.255
...pro 100.000 Einwohner: 145
Deutschland
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 126.705
...pro 100.000 Einwohner: 158
Belgien
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 21.030
...pro 100.000 Einwohner: 189
Ungarn
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 18.895
...pro 100.000 Einwohner: 190
Luxemburg
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 1.070
...pro 100.000 Einwohner: 199
Österreich
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 17.500
...pro 100.000 Einwohner: 207
Norwegen
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 11.930
...pro 100.000 Einwohner: 236
Schweiz
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 21.305
...pro 100.000 Einwohner: 265
Malta
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 2.245
...pro 100.000 Einwohner: 533
Schweden
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 54.270
...pro 100.000 Einwohner: 568
„Die Ergebnisse bei diesem Ziel sind ein statistisches Artefakt“, sagt Elizabeth Stuart vom Overseas Development Institute in London. Sie hat in den vergangenen Jahren die Messgrößen der Entwicklungspolitik überprüft. Fazit: „Das Hauptproblem der internationalen Entwicklungshilfe ist schlechte Datenqualität.“
Wir machen es zu einfach
Noch ein Ziel, das inhaltlich über jede Kritik erhaben ist: Aids, Malaria und andere Krankheiten bekämpfen. Ein großes Ziel, das aber vor allem für kleine Ambitionen der Politik steht. Erreicht werden soll es, genau, durch eine hohe Quote an Moskitonetz-Besitzern in den entsprechenden Ländern. „Natürlich sind Moskitonetze ein wichtiger Schutz gegen viele Krankheiten“, sagt der Entwicklungsökonom Jann Lay vom Hamburger GIGA-Institut, „aber sie verraten wenig über den Zustand der Gesundheitsversorgung in einem Land.“
Der Beitrag dieser Netze zur weltweiten Gesundheit eher unbedeutend: 40 Prozent der weltweiten Malariaopfer kommen aus dem Kongo oder Nigeria. Wenn die nigerianische Regierung also die Versorgung mit Moskitonetzen verbessert, ist das eine sinnvolle Maßnahme – für die Weltgesundheit spielt es eine nebensächliche Rolle. „Die ehrlichste und unbestechliche Größe zur Beurteilung der Gesundheitsversorgung ist die Kindersterblichkeit“, sagt Ökonom Lay.
Vorwärts immer, rückwärts nimmer? Nein.
In der Entwicklungsprosa seit jeher eine beliebte Größe zur Messung der Hilfsbedürftigkeit von Menschen: die Entfernung zum nächsten Brunnen. Ist sie kurz, geht es den Menschen gut. So der fromme Wunsch.
„Die meisten Infektionskrankheiten gehen von verschmutztem Wasser aus“, erklärt Entwicklungsökonom Klasen das Kalkül hinter dem siebten Millenniumsziel. Bis 2015 solle die Anzahl der Menschen, die keinen Zugang zu einer gesicherten Wasserversorgung haben, halbiert werden.
1990 waren 24 Prozent der Weltbevölkerung unversorgt, 2012 nur noch 11 Prozent. Aber die Sache hat einen Haken. „Die UN misst, ob es im Umkreis von 500 Metern eine abgedeckte Wasserquelle gibt“, sagt Klasen, „nicht aber die Wasserqualität.“ Im Jemen etwa wurden viele Häuser direkt an das Wassernetz angeschlossen. Zugleich nahmen aber die Fälle typischer Infektionskrankheiten zu. „Wenn die Wasserversorgung nur unzuverlässig verfügbar ist, bilden sich Keime in den Leitungen“, erklärt Klasen, „dann ist eine saubere Quelle in einiger Entfernung eigentlich die bessere Variante.“ Perverse Anreize nennen Ökonomen so etwas.