Vergleich der Gesundheitssysteme Zusatzversicherungen auf dem Vormarsch

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Großbritannien: längste Wartezeit in Europa

Das englische Gesundheitssystem wird anders als in den meisten europäischen Ländern durch Steuern und nicht durch Sozialversicherungsbeiträge finanziert. Damit nimmt Großbritannien eine Sonderstellung unter den westlichen Industriestaaten ein. Der Nationale Gesundheitsdienst oder National Health Service wurde 1948 ins Leben gerufen und sollte allen Bürgern die gleiche Behandlung garantieren.

Die Behandlung beim Arzt ist kostenlos. Lediglich bei Rezepten, Brillen oder beim Zahnersatz sind Zuzahlungen üblich. Bei Medikamenten sind jedoch große Patientengruppen wie Kinder oder Rentner von der Zuzahlung befreit. Die Wahlfreiheit der Ärzte in Großbritannien ist stark eingeschränkt. Die Postleitzahl bestimmt dabei im Normalfall, zu welchem Hausarzt der Patient gehen muss. Bei Bedarf überweist der "General Practitioner" den Patienten an einen Spezialisten

Ein großes Problem des britischen Gesundheitssystems ist der Geldmangel, auch wenn die Ausgaben im europäischen Vergleich relativ gering sind. 2007 kostete das Gesundheitswesen im Schnitt rund 2000 Euro für jeden Briten, während in Deutschland die Gesundheitsausgaben um 500 Euro höher waren. Trotzdem klafften in den vergangenen Jahren riesige Löcher im Haushalt des NHS. Daraus resultieren gravierende Probleme bei der Behandlungsqualität. Laut einer Untersuchung der OECD sind die Wartezeiten in britischen Krankenhäusern in Europa am längsten. Besonders hart treffe es Patienten, deren Operationen nicht lebensnotwendig sind, wie etwa bei künstlichen Hüftgelenken. Im Ranking der europäischen Gesundheitssysteme vom "Health Powerhouse" belegt das Vereinigte Königreich Platz 16, noch hinter Ungarn.

Neben dem NHS können sich Engländer privat versichern. Rund jeder Fünfte besitzt bereits eine Zusatzversicherung. Auch eine private Vollversicherung ist möglich. Allerdings gibt es keine steuerlichen Erleichterungen für Personen, die das öffentliche Gesundheitssystem nicht nutzen möchten.

Niederlande: 95 Prozent haben eine Zusatzversicherung

In den Niederlanden ist jeder Einwohner verpflichtet, eine Versicherung mit einer der konkurrierenden Versicherungsgesellschaften abzuschließen. Dabei garantieren die Gesellschaften ein gesetzlich definiertes Leistungspaket. Die Versicherungen dürfen keinen Antragssteller ablehnen. Wie in der Schweiz gleich ein Fonds die Wettbewerbsnachteile aus. Jedes Jahr können die Kunden ihren Versicherungsanbieter wechseln.

Fast die Hälfte der Beiträge zahlen die Versicherten als Pauschale. Die Höhe des Beitrags bestimmt die Versicherungsgesellschaft, allerdings richtet sie sich nach den Leistungen, die in der Police enthalten sind. Selektieren nach Risikogruppen, Alter oder Einkommen dürfen die Versicherer nicht. Alle, die die gleiche Police haben, zahlen auch die gleichen Beiträge. Im Schnitt lagen die Pauschalbeiträge bei rund etwa mehr als 1000 Euro jährlich. Die zweite Hälfte der Beiträge zahlt der Arbeitgeber. Er wird abhängig vom Einkommen berechnet und beträgt 6,5 Prozent. Für Geringverdiener gibt es einen Gesundheitszuschuss, der den Versicherten einen Teil ihres Pauschalbeitrags erstatten soll. Einen Teil der Lasten trägt der Staat, in dem er für Beiträge von Kindern unter 18 Jahren aufkommt. Zusätzlich zu den Beiträgen müssen sich alle Versicherten jährlich bis 150 Euro an den Behandlungskosten beteiligen.

In den Niederlanden ist jeder Patient einem festen Hausarzt zugeordnet. Ein Wechsel ist nur mit der Zustimmung der Krankenkassen möglich. Der Hausarzt schickt die Patienten dann gegebenenfalls an einen Facharzt, der meist in einem Krankenhaus arbeitet.

Durch die Basisversicherung deckt nur ein Grundangebot ab, weshalb rund 95 Prozent der Niederländer eine Zusatzversicherung haben. So sind etwa Zahnbehandlungen nur für Kinder von der Versicherung gedeckt. Zahnprothesen und Kieferorthopädie muss selbst bezahlt, oder durch eine Zusatzversicherung abgedeckt werden.

Im Europäischen Vergleich liegen die Niederlande laut "Health Powerhouse" auf Platz zwei.

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