Das erste Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kanzlerin Angela Merkel galt in beiden Regierungen eigentlich als Erfolg. Es sei „großartig“ gewiesen, twitterte denn auch Trump am Samstag. Aber dann setzte er eine Bemerkung hinzu, die in Berlin wieder parteiübergreifendes Kopfschütteln auslöste. Deutschland schulde der Nato und den USA „riesige“ Summen für die Verteidigung des Landes, schrieb er.
Hintergrund ist eine neue Rechnung, die die Trump-Regierung plötzlich aufmacht. Bereits in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel hatte der US-Präsident am Freitag mit Blick auf Verteidigungsausgaben gesagt: „Viele Nationen schulden aus vergangenen Jahren massive Geldsummen. Diese Nationen müssen das bezahlen, was sie schulden.“
Die Logik dahinter: Deutschland habe sich durch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der rot-grünen Regierungszeit 2002 erstmals zu der Selbstverpflichtung der Nato-Staaten bekannt, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Sicherheit auszugeben. In Washington rechnet man nun einfach die Differenz zwischen diesem Ziel und den tatsächlichen Verteidigungsausgaben seit 2002 hoch. Daraus ergeben sich in der Tat riesige Summen.
Schwach gerüstet: Militärausgaben ausgewählter Nato-Mitgliedstaaten 2016
1,19 % Prozent vom Bruttoinlandsprodukt: 40,7 Milliarden Dollar
Quelle: Nato
1,56 % Prozent vom Bruttoinlandsprodukt: 11,6 Milliarden Dollar
1,78 % Prozent vom Bruttoinlandsprodukt: 43,6 Milliarden Dollar
2,0 % Prozent vom Bruttoinlandsprodukt: 9,3 Milliarden Dollar
2,16 % Prozent vom Bruttoinlandsprodukt: 0,5 Milliarden Dollar
2,21 % Prozent vom Bruttoinlandsprodukt: 60,3 Milliarden Dollar
3,61 % Prozent vom Bruttoinlandsprodukt: 664,1 Milliarden Dollar
Merkel hat zwar das Zwei-Prozent-Ziel bis 2024 in Washington erneut bekräftigt. Aber Trumps Äußerungen und Rechnung weist die Bundesregierung dennoch entschieden zurück. „Es gibt kein Schuldenkonto in der Nato“, sagte etwa Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Vier Gründen werden gegen Trumps Äußerungen angeführt:
Selbstverpflichtung statt Zahlungen an USA
Zum einen wurde 2002 bei der Selbstverpflichtung der Nato-Staaten nicht beschlossen, Geld an die USA oder die Nato zu zahlen. Es gehe vielmehr um eine innenpolitische „Richtschnur“ der Nato-Regierungen, also um die Erhöhung der nationalen Ausgaben für Verteidigung, heißt es in Regierungskreisen. Die USA hätten höchstens indirekt profitieren können. Denn ein Teil der Investitionen wäre wahrscheinlich in Waffen und Ausrüstung aus den Vereinigten Staaten investiert worden.