Viele illegale Einwanderer US-Grenzschutz spielt Trump in die Karten

Die Grenzkontrollen der USA sind offenbar wenig effektiv: Laut der Regierung wird nur fast jeder zweite einreisende Mexikaner erfasst. Der Grenzschutz ist bei der Präsidentschaftswahl ein brisantes Thema.

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Der Grenzschutz zwischen den USA und Mexiko ist sehr umstritten. Quelle: dpa

San Diego Etwa 3145 Kilometer ist sie lang, die Grenze zwischen den USA und Mexiko. Trotz deutlich verschärfter Kontrollen lässt sich kaum vermeiden, dass Menschen sie auf einer solchen Strecke illegal übertreten. Die genaue Zahl der Einwanderer, die den US-Behörden jedes Jahr entwischen, ist aber offenbar umstritten. Eine bisher unter Verschluss gehaltene Studie zeigt, dass die Erfolgsquote der Grenzschützer sehr viel niedriger ist, als es offizielle Angaben vermuten lassen.

Wie aus der vom US-Heimatschutzministerium beauftragten Studie hervorgeht, konnten im Fiskaljahr 2015 nicht 81 Prozent, sondern lediglich 54 Prozent der illegal über die mexikanische Grenze gekommenen Menschen eingefangen werden. Der 98 Seiten lange Bericht wurde der Nachrichtenagentur AP aus Regierungskreisen zugespielt. Das Heimatschutzministerium teilte auf Anfrage mit, der Bericht sei im Rahmen der Entwicklung eines noch effektiveren Grenzschutzes als ein „Baustein“ zu verstehen, dessen Methodologie einer weiteren Verfeinerung bedürfe.

Das Thema ist angesichts des laufenden Wahlkampfes politisch brisant. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump würde nach eigener Aussage am liebsten die gesamte Südgrenze der USA mit einer Mauer befestigen. Doch Washington hat in den vergangenen Jahren auch schon so unzählige Milliarden in eine verbesserte Absicherung investiert. Die Zahl der illegal Eingewanderten wurde damit seit 2005 auf ein Zehntel reduziert. Wohl um die hohen Ausgaben gegenüber dem Steuerzahler zu rechtfertigen, wurde die Bilanz aber zusätzlich schöngerechnet.

Der vom staatlich finanzierten „Institute for Defense Analyses“ erstellte Bericht bietet eine detaillierte Analyse, die bis zum Jahr 2000 zurückgeht. Seitdem haben die USA auf vielen hundert Kilometern Zäune aufgestellt, zusätzliche Überwachungstechnik angeschafft und die Zahl der Grenzschützer erhöht. Der Bericht nennt auch konkrete Zahlen: Insgesamt 170.000 Menschen seien in der Zeit von Oktober 2014 bis September 2015 den Grenzschützern entwischt. Im Fiskaljahr davor sollen es noch 210.000 gewesen sein, 2005 sogar 1,7 Millionen. Besonders bemerkenswert ist also in jedem Fall ein sehr starker Rückgang.

„Dies sind die ersten soliden Belege dafür, dass die Maßnahmen zur Absicherung der Grenze in den zurückliegenden 20 Jahren einen Unterschied gemacht haben, dass die Zahl der illegalen Einreisen an der südlichen Grenze deutlich zurückgegangen ist“, sagt Edward Alden vom Council on Foreign Relations, einem privaten Forschungsinstitut für außenpolitische Themen.


Gründe für den Rückgang

Grund für diese Entwicklung sind zum einen die in dieser Zeit stark gestiegenen Ausgaben für den Grenzschutz – inzwischen liegen diese bei etwa 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) pro Jahr. Der Bericht verweist aber auch auf die verschärften Sanktionen – wie etwa Gefängnisstrafen - bei illegalen Grenzübertritten. Bereits bei anderen Gelegenheiten haben Experten zudem betont, dass die verminderten Aussichten auf Jobs seit Beginn der Wirtschaftskrise Ende 2007 den Anreiz zur Einreise in die USA verringert haben dürften. Allerdings sind die Zahlen auch in den letzten Jahren, in denen sich die Wirtschaft wieder erholt hat, weiter zurückgegangen.

Doch wie kommt es zu den so stark abweichenden Angaben bezüglich der „Erfolgsquote“ der Grenzschützer? Das Heimatschutzministerium hat in den zurückliegenden beiden Jahren von all denen, die von Mexiko aus illegal ins Land kamen, die Prozentzahl derer angegeben, die nicht unbehelligt einreisen konnten. Dies waren zuletzt die genannten 81 Prozent. Dabei sind allerdings auch die eingerechnet, die sich bewusst den Behörden stellten, um Asyl zu beantragen und auch die, die zwar einen Fuß auf amerikanischen Boden setzten, dann aber wieder umkehrten.

In dem internen Bericht werden diese beiden Gruppen nicht mitgezählt. Und das erklärt in großen Teilen den Unterschied. Denn allein im zurückliegenden Fiskaljahr waren es den Angaben zufolge 140.000 Personen, die entlang der mexikanischen Grenze Asyl beantragten, im Jahr davor sogar 170.000, während es vor zehn Jahren nur etwa 20.000 gewesen waren. Bei den Asylsuchenden handelt es sich oft vor allem um Frauen und Kinder aus Mittelamerika.

Ungeachtet dessen sind sich alle Experten darüber im Klaren, dass es eine sehr schwierige Aufgabe ist, illegal einreisende Personen zu zählen, da sie ja eben nicht von den Behörden erfasst werden. Dennoch ist eine möglichst genaue Statistik unerlässlich, um bewerten zu können, inwieweit eine Grenze gesichert ist. Das US-Heimatschutzministerium stützt sich bei den eigenen Zählungen unter anderem auf physische Anhaltspunkte, wie etwa Fußspuren in der Wüste sowie auf Sichtungen von Seiten der Sicherheitskräfte. In dem internen Bericht werden darüber hinaus auch Umfragen unter Migranten und andere Methoden der Sozialwissenschaften zur Hilfe herangezogen.

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