Volkskongress Chinas Kraftakt

Weniger Überproduktion, mehr Konsum: Die zweitgrößte Volkswirtschaft baut ihr Wachstumsmodell um. Auf dem Volkskongress stellt die Staatsführung ihren Masterplan vor. Ein Überblick über die größten Baustellen.

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Auf dem am Samstag beginnenden Volkskongress in Peking sollen Lösungen für die wirtschaftliche Probleme Chinas präsentiert werden. Quelle: AFP

Peking Chinas Ministerpräsident Li Keqiang stimmt die Volksrepublik zum Auftakt des Volkskongresses auf schwere Zeiten ein. „Der Abwärtsdruck nimmt zu“, sagt er. Dafür formuliert er ein Reformprogramm, dass die drängendsten Probleme angehen soll.

Wachstumsziel

China soll schnell wachsen, allerdings langsamer als bisher. Für dieses Jahr gibt Regierungschef Li Keqiang einen Wachstumskorridor von 6,5 Prozent bis sieben Prozent vor. Im vergangenen Jahr hatte er noch „etwa sieben Prozent“ als Marke ausgegeben. Letztlich fiel das Wachstum 2015 mit einem Plus von 6,9 Prozent zwar so langsam wie seit 25 Jahren nicht mehr aus – allerdings ist die chinesische Volkswirtschaft heute jedoch viel größer als vor 25 Jahren. Im vergangenen Jahr war Chinas Bruttosozialprodukt größer als das von Deutschland, Japan und Großbritannien zusammengenommen.

Fünf-Jahresplan

Im neuen Reformplan definiert Peking die Leitlinien für die Wirtschaft und Gesellschaft bis zum Jahr 2020. Dazu gehört die Verdopplung des Bruttosozialprodukts pro Kopf im Verhältnis zum Jahr 2010. 6,5 Prozent ist dazu als jährliches Mindestwachstum für die Wirtschaft nötig. Innovation und grünes Wachstum sollen gestärkt werden. Zudem sollen in fünf Jahren 60 Prozent der Bevölkerung in den Städten leben. Peking erhofft sich davon einen besseren Lebensstandard für die Bürger und steigende Konsumausgaben. Aber auch auf dem Land soll sich das Leben verbessern und im Jahr 2020 kein Chinese mehr in Armut leben müssen.

Überkapazitäten

Chinas Probleme mit seinem aufgeblasenen Stahlsektor haben Europa erreicht. Industriegruppen sehen viele Jobs in Gefahr. Aber schon aus reinem Selbstzweck will Peking die Probleme mit Überkapazitäten angehen. Li Keqiang geißelt zum Auftakt des Volkskongresses die „Zombie-Firmen“, also Betriebe, die nichts oder nur an der Nachfrage vorbei produzieren, und nur dank staatlicher Kredite oder Subventionen überleben. Sie sollen reorganisiert oder abgewickelt werden, fordert Li.

Massenentlassungen

Regierungschef Li spricht es zwar nicht direkt an, aber die Abwicklung von vielen Firmen dürfte Hunderttausende wenn nicht Millionen von Arbeitern ihre Jobs kosten. Sozialminister Yin Weinmin hatte kurz zuvor bereits von etwa 1,8 Millionen Arbeitsplätzen in der Kohle- und Stahlindustrie gesprochen, die wegfallen dürften. Andere Schätzungen gehen von wesentlich höheren Zahlen aus. Li Keqiang stellt jedoch einen 100 Milliarden Renminbi (14 Milliarden Euro) schweren Fonds in Aussicht, der zur Umschulung und Umsiedlung von entlassenen Arbeitnehmern eingesetzt werden soll. Gerade im von der Schwerindustrie dominierten Nordosten könnten viele Jobs wegfallen. Peking könnte die Menschen dann in wirtschaftliche stärkere Regionen an der Ostküste umsiedeln wollen.

Konjunkturpakete

Zwar betont Li Keqiang mehrfach, dass Strukturreformen im Mittelpunkt seiner Anstrengungen stehen. Gleichzeitig stellt er jedoch eine Reihe von Förderprogrammen in Aussicht, die das Wachstum stützen könnten. 800 Milliarden Renminbi (110 Milliarden Euro) sollen im kommenden Jahr für den Eisenbahnbau ausgegeben werde. Für den Straßenbau stehen 1,65 Billionen Renminbi (230 Milliarden Euro) bereit. Zudem soll die Staatsverschuldung auf drei Prozent steigen (Vorjahr 2,3 Prozent Defizit), damit Unternehmen mit Steuererleichterungen um weitere 500 Milliarden Renminbi (70 Milliarden Euro) entlastet werden.

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