Vor G20-Gipfel Lagarde stützt Merkel

Vor dem G20-Gipfel erhält die Bundeskanzlerin beim Streitthema Freihandel Schützenhilfe vom IWF. In einer Frage allerdings liegt der Weltwährungsfonds voll auf der Linie von US-Präsident Donald Trump.

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Rückenwind vor dem G20-Gipfel: IWF-Chefin Christine Lagarde unterstützt Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Kampf für Freihandel und Klimaschutz. Quelle: Reuters

Vor dem G20-Gipfel erhält Angela Merkel beim Streitthema Freihandel Unterstützung aus Washington – allerdings nicht von der US-Regierung, sondern vom dort ansässigen Internationalen Währungsfonds (IWF). In seinem Konjunkturausblick zum Treffen der wichtigsten Staats- und Regierungschefs schreibt der Fonds, „ein starkes und regelbasiertes multilaterales Handelssystem bleibt essentiell, um die Wohlstandsgewinne aus der Globalisierung zu maximieren“, und ruft die G20-Länder kurz vor dem Gipfel zu einer engen Zusammenarbeit auf.

Damit unterstützt IWF-Chefin Christine Lagarde Bundeskanzlerin Merkel in ihrem Bemühen, auf dem Gipfel in Hamburg einen Kompromiss beim Freihandel zu erreichen. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump war zuletzt aus dem Kreis der G20 ausgeschert und will Positionen, die in der Runde jahrelang völlig unstrittig waren, nicht mehr mittragen. Die USA sehen sich durch die hohen Exportüberschüsse anderer Länder ausgenutzt und fordern deshalb  einen „fairen Handel“ – ein Begriff, der auch abschottende Maßnahmen nicht ausschließt. So prüft die US-Regierung zurzeit die Einführung von Importzöllen, von denen gerade auch Deutschland betroffen sein könnte. Auch stellt die Trump-Administration die Welthandelsorganisation WTO, in der der Handel von über 150 Ländern organisiert wird, in Frage. Auf dem G20-Gipfel in Hamburg wird Freihandel deshalb ein großes Streitthema sein, bislang ringen die Unterhändler vergebens um einen Kompromiss.

Der IWF stellt sich in seinem Bericht aber nicht nur beim Freihandel gegen die US-Regierung. Internationale Kooperation spiele nicht nur in der Handelspolitik, sondern auch bei der Entwicklungspolitik, der Finanzmarktregulierung oder dem Klimawandel eine wichtige Rolle, schreibt der Fonds. Das sind genau die Themen, bei denen die US-Regierung ebenfalls eine neue Haltung eingenommen hat.

So will Trump die Ausgaben für Entwicklungshilfeorganisationen zusammenstreichen. Die Klimapolitik wiederum wird neben Freihandel das zweite große Streitthema auf dem G20-Gipfel sein. Bei der Bankenregulierung droht in Hamburg zwar noch kein Streit, allerdings will Trump die Finanzmarktregulierung auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls lockern – wovor der IWF warnt: Ein Zurückrollen der Finanzmarktregulierung- und Aufsicht würde „negative Rückwirkungen auf die globale Finanzstabilität haben“, mittelfristig das Wachstum schwächen und sozialen Schaden anrichten.

In einem Punkt ist sich der IWF mit Trump allerdings einig: die Ungleichgewichte im internationalen Handelssystem sind zu groß. Länder mit hohen Handelsüberschüssen- und defiziten müssten ihre „exzessiven Ungleichgewichte reduzieren“, schreiben die IWF-Experten. Ohne Deutschland beim Namen zu nennen ist dies auch ein klarer Fingerzeig Richtung Berlin. Seit zehn Jahren schon reißt die Bundesrepublik die Schwelle von sechs Prozent, aber der die EU die Finanzmarktstabilität der Euro-Zone in Gefahr sieht. Und in den vergangenen Jahren ist der deutsche Leistungsbilanzüberschuss tendenziell noch größer geworden. Die Bundesregierung solle ihren Überschuss daher durch höhere Investitionen, notfalls auch schuldenfinanziert, abbauen, lautet schon seit geraumer Zeit eine Forderung des IWF.

Allerdings hat der Fonds in seinem Bericht auch eine gute Nachricht parat: die Euro-Zone befindet sich nach Jahren der Stagnation im Aufschwung. Im Frühjahr sei das Wachstum in vielen europäischen Staaten besser ausgefallen als erwartet. Weil dies auch für viele asiatische Länder galt, sei die Weltwirtschaft trotz einer leichten Eintrübung in den USA in ersten Monaten des Jahres auf dem soliden Kurs. Allerdings warnt der IWF vor steigenden Abwärtsrisiken. So werde das Wachstum in China vor allem durch Kredite angetrieben. In einigen Schwellenländern seien viele Unternehmen zudem stark verschuldet. Und die Industrienationen litten unter vielen faulen Krediten, die abgeschrieben werden müssten. Außerdem gäbe es Anzeichen, dass das US-Wachstum etwas schwächer ausfallen könnte als vom IWF noch im April geschätzt.

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