Vorwahlen in Frankreich Schlagabtausch mit Samthandschuhen

Linkssozialist Hamon geht nach der letzten Debatte als Favorit in die Vorwahl der französischen Linken. Ex-Premier Valls ließ die Gelegenheit verstreichen, zu punkten. Der Linksliberale Macron kann sich freuen.

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Vorwahlen der französischen Sozialisten: Frankreichs Ex-Premier Manuel Valls (rechts) und sein ehemaliger Minister Benoit Hamon beim letzten öffentlichen Schlagabtausch. Quelle: Reuters

Paris Zum letzten Mal standen sich am Mittwochabend Manuel Valls, früherer Premierminister Frankreichs, und sein Ex-Minister Benoît Hamon gegenüber. Beide wollen die Sozialisten bei der Präsidentschaftswahl im April und Mai vertreten, doch sie verbindet wenig bis nichts. „Es geht nicht nur um schöne Träume, sondern auch um unsere Glaubwürdigkeit – was Benoît vorschlägt, ist einfach illusorisch“, tadelte Valls seinen Kontrahenten. Der profiliert sich als Anwalt einer „neuen Solidarität“, die sich vor allem in kürzerer Arbeitszeit und einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle Franzosen über 18 Jahren ausdrücken soll.

Valls Vorwurf, Hamon vertrete Illusionen, war auch schon der Höhepunkt der Auseinandersetzung. Man hatte erwartet, die gut zweistündige Debatte würde hart und unversöhnlich ausfallen. Denn nach der ersten Runde liegt Valls mit 31 Prozent deutlich hinter Hamon, der auf 36 Prozent kommt und sich zudem der Unterstützung des drittplatzierten Arnaud Montebourg sicher sein kann.

Der frühere Premier hätte also allen Grund gehabt, bei dem Rededuell die Entscheidung zu suchen. Doch er optierte lieber für eine sanfte Linie, sagte mehrfach „hier stimme ich mit Benoît überein“ oder „unser Gegner ist nur die Rechte“.

Eher unterschwellig bemühte Valls sich, die Position von Hamon zu erschüttern. Dessen Illusionen über die Arbeitswelt und das, was man finanzieren könnte, sind ein Beispiel. Kritik äußerte Valls auch an Hamons Verhältnis zum französischen Laizismus: Seiner Auffassung nach stelle der Linksaußen sich nicht entschieden genug gegen radikale Islamisten. „Wir müssen unerbittlich sein gegen Fundamentalisten, egal welcher Religion sie angehören“, sagte der Sozialist vom rechten Flügel und zeigte dabei seinen kantigen Kiefer. Seinem Gegenspieler hielt er auch vor, sich zwar für einen harten Kampf gegen den Terrorismus auszusprechen, in der Vergangenheit aber mehrfach gegen entsprechende Gesetze gestimmt zu haben: „Es geht nicht nur um Worte, sondern auch um Taten!“ Hamon wich aus, wenn er konkret werden sollte.


„My English ist bad but I speak weller Spanish.“

Die drei Moderatoren fragten ihn, wie er ein Grundeinkommen finanzieren wolle, das bei 750 Euro Höhe den Staat 450 Milliarden Euro kosten würde. Die 750 Euro seien nur ein Ziel, damit werde er nicht anfangen, wich er aus. Er wolle keine Steuern erhöhen, sondern sich „nicht mehr an das Dogma der drei Prozent für das Defizit“ halten. „Alle Ökonomen sind dafür, dass wir die Austerität beenden“, führte er zur Begründung an.

Die Höhe der Verschuldung sei für ihn kein Problem: „Darüber redet man mit den Banken“, kündigte er an, wohl in der Absicht, Frankreich auf den argentinischen Weg einer Schuldenstreichung zu schicken. Die Franzosen sollen künftig nur noch 32 Stunden arbeiten, empfiehlt der Abgeordnete. Mit vollem Lohnausgleich? Auch darauf wollte er keine klare Antwort geben.

Hamon lebt in einer eigenen Welt, die aber nicht wenige Linke mit ihm bewohnen. Auch zum Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen hat er sich Gedanken gemacht: „Ich schaffe ein neues Korps von Kontrolleuren, das in Unternehmen und Cafés darauf achtet, dass alle Bewerber gleich behandelt werden und Frauen nicht der Zutritt verwehrt wird.“

Unfreiwillig komisch wurde es, als ein Zuschauer die einfache Frage stellte: „Do you speak English?“ Hamon ging auf Nummer sicher und sagte nur: „Yes.“ Valls wollte pfiffig sein, dabei kam heraus: „My English ist bad but I speak weller Spanish.“

Am Sonntag bestimmen die Teilnehmer der Vorwahl, wer die Sozialisten vertreten wird. Sollte es Hamon sein, wonach es im Moment aussieht, kann sich der Sozialliberale Emmanuel Macron freuen. Dann werden viele gemäßigte Linke bei der Präsidentschaftswahl für ihn stimmen. Im Moment verbessern sich Macrons Chancen von Tag zu Tag: Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den konservativen Kandidaten François Fillon aufgenommen hat - wegen des Verdachts auf Missbrauch öffentlicher Mittel.

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