Wachstum Bremsspuren in Chinas Planwirtschaft

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Zu viel Geld im Umlauf

Chinas Premier Wen Jiabao Quelle: dpa

Geisterstädte wie New Ordos in der Inneren Mongolei oder die weltweit längste, aber kaum befahrene Autobahnbrücke in der Küstenstadt Qingdao sind Zeugnisse chinesischer Schaffenskraft – aber auch die Ursache für Inflation, weil der Fiskus zu viel Geld unsinnig in Umlauf gebracht hat.

Hohe Inflation ist für Peking ein Horrorszenario, sagt Eberhard Sandschneider, der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Wegen teils zweistellig steigender Lebensmittelpreise komme es jeden Tag in Chinas Provinzen zu lokalen Unruhen.

Die Geldentwertung sei nicht einmal der Hauptgrund: "Peking muss pro Jahr sechs Millionen Absolventen der Hochschulen und noch viel mehr Wanderarbeiter in Lohn und Brot bringen", so Sandschneider. "Das wird von Jahr zu Jahr schwieriger."

Einerseits braucht das Land Wachstum für mehr Beschäftigung – andererseits aber auch höhere Gehälter, damit der Binnenkonsum anspringt. Wenn die Löhne ausufern, würgt das allerdings die Beschäftigung ab. Ein klassischer Zielkonflikt.

Wachstumsmodell funktioniert nicht ewig

Premier Wen bremst nun die Erwartungen. Chinas Steuermann, der dieses Jahr von Bord gehen wird, schätzt das BIP-Wachstum für 2012 auf magere 7,5 Prozent. Zugleich mahnt die Weltbank in der Studie "China 2030", Peking müsse mehr Privatwirtschaft zulassen, innovativer werden und sich den Finanzmärkten öffnen.

An jener Strategiestudie haben übrigens Wens Berater mitgeschrieben. Offensichtlich hat Peking selbst erkannt, dass das Wachstumsmodell nicht ewig funktioniert. Schon vor vier Jahren schimpfte Wen, Chinas Wachstum sei "ungleichmäßig, unkoordiniert, schlecht ausbalanciert und nicht nachhaltig".

Dennoch überstand China die Krise und wuchs weiter um acht Prozent. Womöglich sind die Chinesen bloß begnadete Zocker, was Wirtschaftspolitik betrifft.

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