Während Russland-Reise Gabriel prangert US-Sanktionspläne an

Ungewöhnliche Konstellation: Sigmar Gabriel kritisiert in Russland die USA. Deren Sanktionen gegen Russland könnten auch deutsche Unternehmen treffen, fürchtet der Außenminister.

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Während seines Besuchs in Russland kritisiert Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) die Sanktionspläne der USA, da diese auch deutsche Unternehmen treffen könnten. Quelle: dpa

Moskau/Krasnodar Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat bei seinem Russland-Besuch die Sanktionspolitik der USA gegenüber Moskau scharf kritisiert. Das vom US-Senat mit großer Mehrheit beschlossene Sanktionsgesetz, das auch deutsche Firmen mit Strafen bedroht, bezeichnete Gabriel am Donnerstag in Krasnodar als „absolut unannehmbar“.

Im Syrienkonflikt sieht Gabriel dagegen eine Annäherung zwischen Russland und den USA. Nach Gesprächen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow sprach er von einer „Änderung der Haltung auf beiden Seiten“ hinsichtlich der Dringlichkeit eines politischen Lösungsprozesses.

Am Nachmittag reiste Gabriel nach Moskau weiter, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen. Es ist seine dritte Russland-Reise innerhalb von vier Monaten. Selbst bei den wichtigsten Nato-Verbündeten in Washington, Paris und London war er seit seinem Amtsantritt noch nicht so oft.

Das US-Sanktionsgesetz, das sich auch gegen den Iran richtet, muss noch vom Kongress angenommen und von US-Präsident Donald Trump unterzeichnet werden. Es bedroht auch deutsche Firmen, die etwa beim Bau der Ferngasleitung Nordstream-2 mit dem russischen Gazprom-Konzern zusammenarbeiten. „Ein Gesetz einzubringen und zu sagen, lasst uns die Europäer zwingen, sich von russischem Gas abzukoppeln, damit wir amerikanisches Gas möglichst auch noch teurer verkaufen können, halten wir für absolut unannehmbar“, sagte Gabriel.

Hauptthemen des Besuchs waren aber die Ukrainekrise und der Syrienkrieg, in dem Russland den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad stützt. Schon jetzt gebe es eine gewisse Kooperation der USA mit Russland im Süden Syriens, die ein „Zeichen der Hoffnung“ sei, sagte Gabriel. „Unsere Hoffnung wäre, dass sich das dann auch weiter ausbaut und dass wir endlich zu einem politischen Prozess kommen, an dessen Ende Herr Assad ganz sicher nicht Präsident bleiben kann.“


US-Außenminister fordert direkte Gespräche zwischen Russland und Ukraine

Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch war Gabriel mit Lawrow wegen Syrien heftig aneinandergeraten. Während Lawrow die Warnungen Washingtons vor einem Chemiewaffen-Angriff syrischer Regierungstruppen als reine Spekulation zurückwies, beschuldigte Gabriel den syrischen Präsidenten „schwerer Kriegsverbrechen“ und warf Lawrow vor, die Assad-Regierung als „friedfertiges Regime“ zu verharmlosen.

Am 4. April 2017 waren bei einem mutmaßlichen Giftgas-Angriff auf die syrische Stadt Chan Scheichun mehr als 80 Menschen getötet worden. Der Westen macht die syrischen Regierungstruppen verantwortlich, Assad weist jegliche Schuld von sich – und wird von Russland in Schutz genommen. Die USA hatten damals den Gaseinsatz zum Anlass genommen, einen syrischen Luftwaffenstützpunkt mit Dutzenden Marschflugkörpern anzugreifen.

Lawrow pochte im Ukrainekonflikt auf eine vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen für eine Lösung des Konflikts. Alle anderen Ideen seien „des Teufels“, sagte er. Im Osten der Ukraine kämpfen Kiewer Regierungstruppen seit 2014 gegen prorussische Separatisten, die von Moskau militärisch unterstützt werden. An die Friedensregelung von 2015 in Minsk halten sich bislang weder Kiew, noch die Separatisten oder Moskau. US-Außenminister Rex Tillerson hat direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine gefordert, um den Stillstand zu überwinden.

Gabriel warb für eine Fortsetzung der derzeit geltenden Waffenruhe über die Erntezeit hinaus. „Waffenstillstand wegen Brot ist ja eigentlich eine ganz gute Idee“, sagte er. „Irgendwie fehlt mir die Fantasie, warum das eigentlich nicht viel länger gehen soll.“

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