US-Präsident Barack Obama ist zurück aus dem Urlaub - und wie es aussieht, geht er voller Tatendrang in sein letztes Amtsjahr. So nimmt er sich gleich zu Anfang einen schweren Brocken vor. Nachdem der Kongress praktisch alle seine Vorstöße um eine Verschärfung der Waffengesetze abgeschmettert hat, will Obama nun einen Alleingang wagen, per Anordnung wenigstens die Überprüfungen potenzieller Waffenkäufer zu verbessern. Das soll der Kern des in den nächsten Tagen erwarteten Bündels an Verfügungen sein.
„Ich erhalte zu viele Briefe von Eltern und Lehrern und Kindern, um einfach herumzusitzen und nichts zu tun“, sagte Obama in seiner jüngsten Rundfunkansprache mit Blick auf die nicht abreißende Serie von Blutbädern und die täglichen Opfer von Waffengewalt im Land. „Wir wissen, dass wir nicht jeden Gewaltakt verhindern können. Aber wie wäre es, wenn wir versuchen würden, wenigstens einen zu verhindern?“
Tatsächlich sind Obamas geplante Maßnahmen wegen rechtlicher Grenzen bescheiden genug. Daher stellt sich die Frage, wie viel sie überhaupt bewirken können. Dennoch laufen sich die Kritiker bereits heiß, muss sich Obama auf einen Sturm des Protestes einrichten.
Zwar sprach sich erst kürzlich in einer Umfrage eine Mehrheit der Amerikaner dafür aus, Schlupflöcher bei den Hintergrund-Überprüfungen von Bürgern vor Waffenkäufen im Internet oder bei sogenannten Gunshows zu schließen - genau das, worauf Obama mit seinen geplanten Schritten wohl abzielt. Aber zugleich ist die Terrorangst nach den Anschlägen in Paris und im kalifornischen San Bernardino stark gewachsen. Fast die Hälfte der Amerikaner glaubt, dass Waffen in privater Hand besseren Schutz vor Terroristen bieten.
Auf dieser Klaviatur spielen auch die republikanischen Präsidentschaftsbewerber. Das Gros von ihnen plakatiert jegliche Beschränkungen als Frontalangriff gegen das Verfassungsrecht auf privaten Waffenbesitz und will sämtliche Verfügungen des Präsidenten im Fall eines Wahlsieges rückgängig machen - am besten schon am ersten Amtstag.
„Präsident Obama versucht, die Amerikaner von seinem Versagen im Kampf gegen die wahre Bedrohung abzulenken: den radikalen islamischen Terrorismus““, sagte etwa eine Sprechern von Kandidat Ted Cruz, derzeit nach Donald Trump die Nummer zwei im Feld der republikanischen Bewerber. „Stattdessen beschneidet er die Rechte gesetzestreuer Bürger - das ist kompletter Wahnsinn.“
Die Rüstungsweltmeister
Immerhin 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gibt Südkorea - ein Verbündeter der USA für seine Verteidigung aus. Konkret waren das im vergangenen Jahr 34,4 Milliarden US-Dollar (30,4 Milliarden Euro). Quelle: Internationales Institut für Strategische Studien.
Rund 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gab Deutschland zuletzt für die Bundeswehr aus. Der Verteidigungsetat lag 2014 nach IISS-Schätzung bei 43,9 Milliarden Dollar (38,8 Milliarden Euro).
Indien befindet sich in einer Dauerfehde mit seinem Nachbarn Pakistan. Ein Wettrüsten findet statt und treibt die Verteidigungskosten in die Höhe. Der Wehretat lag im vergangenen Jahr bei 45,2 Milliarden US-Dollar '(knapp 40 Milliarden Euro).
Japan gibt nur knapp einen Prozent seines Gesamthaushalts für die Verteidigung aus - das sind aber in absoluten Zahlen immerhin noch 47,7 Milliarden US-Dollar und damit der siebtgrößte Wert weltweit.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone stemmt den größten Verteidigungshaushalt innerhalb der Währungsunion. Mit einem Wehretat von 53,1 Milliarden US-Dollar (46,9 Milliarden Euro) liegt Paris deutlich vor den Deutschen.
Knapp 62 Milliarden US-Dollar (54,6 Milliarden Euro) nahmen die Briten im vergangenen Jahr in die Hand, um ihre Armee auszurüsten und zu bezahlen - kein europäischer Staat hatte einen höheren Verteidigungsetat.
Russland rüstet auf. Im vergangenen Jahr investierte Moskau 70 Milliarden US-Dollar in seine Truppen (= 61,9 Milliarden Euro).
Das ölreiche Land hatte im vergangenen Jahr einen Wehretat in Höhe von 80,8 Milliarden US-Dollar (das entspricht beim derzeitigen Umrechnungskurs rund 71,5 Milliarden Euro). Es ist der drittgrößte Militärhaushalt weltweit.
Dass sich die USA und China ein Duell um die neue Supermacht liefern, lässt sich auch an den Rüstungsausgaben ablesen. Direkt hinter den USA rangieren inzwischen die Chinesen. Ihr Wehretat betrug 2014 129,4 Milliarden US-Dollar (= 114,2 Milliarden Euro)
Meilenweit vorne bei den Militärausgaben liegen die Vereinigten Staaten von Amerika. Dem Verteidigungsministerium stand im vergangenen Jahr ein Budget von 581 Milliarden US-Dollar zur Verfügung (= 513,8 Milliarden Euro) - mehr als das Viereinhalbfache der Chinesen und mehr als das Dreizehnfache Deutschlands.
Trump selber sagte bei einem Wahlkampfauftritt, er werde Obamas Unterschrift anullieren - und zwar „so schnell, so schnell“.
Auch die NRA, die mächtige Organisation der Waffenbesitzer, ist natürlich schon auf dem Plan. „Präsident Obama hat seine Anti-Waffen-Agenda nicht durch den Kongress gebracht, weil die Mehrheit der Amerikaner gegen mehr Waffenkontrolle ist“, so Sprecherin Jennifer Baker. „Jetzt tut er, was er immer tut, wenn er seinen Kopf nicht durchsetzt, er missachtet den Willen des Volkes und stützt sich auf Anordnungen.“
Und was die NRA sagt, hat großes Gewicht, besonders in einem Wahljahr. Sie benotet Bewerber nach deren Entscheidungen und Positionen in Fragen der Waffenkontrolle, die meisten der Republikaner bringen es auf die Spitzenwerte A oder A plus. Umgekehrt sind fünf der Demokraten, die nach dem Massaker an einer US-Grundschule Ende 2012 im Senat für eine Ausweitung von Überprüfungen vor Waffenkäufen stimmten, mittlerweile abgewählt und durch von der NRA unterstützte Republikaner ersetzt worden. Bestrafung an der Wahlurne.
Obama kann nicht mehr wiedergewählt werden, hätte sich auch so wohl kaum darum geschert, was die NRA über ihn sagt. Aber dass seine Amtszeit zu Ende geht, hat ihn insgesamt kühner gemacht, wie auch die Atomvereinbarung mit dem Iran oder seine Alleingänge am Kongress vorbei in Sachen Immigration und Klimaschutz zeigen. Der erfolglose Kampf für schärfere Waffengesetze sei die bisher größte Frustration seiner Amtszeit, hat er im vergangenen Sommer gesagt.
Obama ist sicherlich nicht so naiv zu glauben, dass seine geplanten Maßnahmen ein großer Wurf sind - in einem Land, in dem auf etwa 100 Einwohner schätzungsweise 89 Waffen kommen, laut einer Studie im Jahr 2013 mehr als 33 600 Menschen erschossen und über 84 000 durch Schusswaffen verletzt wurden. Für wirklich durchgreifende Änderungen ist die Liebe der Amerikaner zu den Waffen zu tief in der Kultur des Landes verwurzelt: Sie ist seit den frühen Siedlertagen eine Art Symbol für Pioniergeist, Stärke, Unabhängigkeit und das Recht, sich und die Familie zu verteidigen.
Also alles nur viel Lärm um nichts? Fairer ist wohl: Viel Lärm um wenig - und wenig, so argumentiert Obama, ist besser als gar nichts.