Waffenruhe in Aleppo? Die Rebellen wollen die Stadt verlassen

Immer kleiner wurde das Gebiet der Aufständischen in Ost-Aleppo, immer mehr Zivilisten kamen bei der Regierungsoffensive ums Leben. Nun sollen die Rebellen eingewilligt haben, die Stadt zu verlassen.

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Die Rebellen wollen den Ostteil der umkämpften Stadt verlassen. Quelle: Reuters

Beirut Nach vier Jahren zeichnet sich ein Ende der Kämpfe um Aleppo ab. Die Rebellen erklärten sich am Dienstag zu einem Abzug aus ihren noch verbliebenen Gebieten im Ostteil der syrischen Stadt bereit. Dazu sei mit Russland als Schutzmacht der syrischen Regierung eine Waffenruhe vereinbart worden, sagten zwei Rebellensprecher.

Die Feuerpause sei am Dienstag in Kraft getreten und die ersten Kämpfer und Zivilisten sollten noch am gleichen Abend die Rebellengebiete verlassen, erklärte Osama Abu Sajd, ein Vertreter der Freien Syrischen Armee. Ein Sprecher der Rebellengruppe Nur al-Din al-Sinki bestätigte, dass es eine Waffenruhe gebe. Russland und die syrische Regierung äußerten sich zunächst nicht.

Die Rebellen in Aleppo waren von Regierungstruppen und verbündeten Milizen in den vergangenen Tagen auf ein immer kleineres Gebiet zurückgedrängt worden. Tausende Zivilisten gerieten dadurch ins Kreuzfeuer. Die internationale Gemeinschaft befürchtete einen Massenmord in der seit 2012 zwischen Regierung und Rebellen geteilten Stadt.

Eine Evakuierung - sollte sie tatsächlich friedlich verlaufen - könnte nun weiteres Blutvergießen verhindern. In den vergangenen Tagen soll es aber bereits zu einer Reihe von Gräueltaten gekommen sein. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte zitierte Berichte, wonach die Regierungstruppen von Haus zu Haus gegangen sein und dabei bereits Dutzende Zivilisten erschossen haben sollen. Kommissar Said Raad al-Hussein verurteilte das „mutwillige Abschlachten von Männern, Frauen und Kindern“ und warf der internationalen Gemeinschaft vor, lediglich kollektiv die Hände zu ringen.

Das Kinderhilfswerk Unicef berichtete vor Bekanntgabe der Waffenruhe, dass möglicherweise auch mehr als 100 Kinder in einem Haus im Rebellengebiet eingeschlossen seien, das beschossen werde. Die Weltgemeinschaft müsse für diese Kinder einstehen und diesem Alptraum ein Ende setzen, sagte der Regionaldirektor der Organisation, Geert Cappelaer.

Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz rief zu einem Schutz der Zivilisten auf. Sie hätten keinen Ort, an den sie fliehen könnten, hieß es in einer Erklärung. Das IKRK und die UN-Organisationen riefen die syrische Regierung auf, die Regeln der Kriegsführung und der Menschlichkeit zu wahren. Der UN-Sicherheitsrat kam zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Der französische UN-Botschafter François Delattre erklärte, in Aleppo würden auf täglicher Basis Kriegsverbrechen und potenziell auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen.

Russland bezeichnete die Darstellung der Kämpfe durch den Westen als scheinheilig. Die Extremisten in Aleppo hätten die mehr als 100.000 Einwohner von Ost-Aleppo als menschliche Schutzschilde missbraucht, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums.

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