Wahl in Frankreich Konservative wollen gegen Fillon putschen

Führende französische Konservative wollen ihre Chance auf das Präsidentenamt in Frankreich wahren – und ihren Spitzenkandidaten Fillion stürzen. Ein alter Bekannter soll seinen Posten übernehmen.

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Dem konservativen Präsidentschaftskandidaten droht ein Putsch seiner Parteifreunde. Quelle: dpa

Paris In Frankreich wollen führende Politiker der Konservativen mit einem Putsch gegen den angeschlagenen Kandidaten Francois Fillon in letzter Minute die Chancen auf das Präsidentenamt retten. Bis zu einem Krisentreffen der Partei am Montagmorgen werde man einen „alternativen Weg zu Fillon” vorschlagen, sagte der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, am Sonntag. Das einfachste sei, wenn der Zweitplatzierte bei der Vorwahl, Ex-Regierungschef Alain Juppé, übernehme. Unterdessen kündigte Fillon für Sonntagabend einen Auftritt im französischen Fernsehen an. „Er will zu den Franzosen sprechen”, sagte ein Vertreter von Fillons Partei. Angesichts des wachsenden Widerstands hat Fillon seine Anhänger für Sonntag in Paris zu einer Großkundgebung aufgerufen. Einen Rückzug lehnte er ab.

„Wir haben keine Zeit für Debatten darüber, wer der Talentierteste ist”, betonte Estrosi, ein enger Verbündeter des Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy, im TV-Sender BFM. Sarkozy und Juppé hätten Samstagnacht in einem langen Gespräch die Situation diskutiert, sagte ein Partei-Insider zu Reuters. Estrosi kündigte für die kommenden Stunden eine Initiative an, die von ihm und weiteren Parteischwergewichten unterstützt werde. Estrosi ist auch Abgeordneter in der Nationalversammlung und einflussreicher Politiker der Republikaner. Die Zeit drängt: Am 17. März läuft die Frist ab, bis zu der alle Präsidentschaftskandidaten formell bestätigt sein müssen.

Der in der Vorwahl gegen Fillon unterlegene Ex-Regierungschef Juppé hatte signalisiert, als Ersatzkandidat bereitzustehen, sollte Fillon verzichten. Ihm werden anders als Fillon in Umfragen gute Chancen gegeben, in die Stichwahl um das höchste Staatsamt zu kommen. In der zweiten Runde hätte er ebenfalls Umfragen zufolge gute Chancen – gleich, ob er dort gegen die Rechtsaußen-Kandidatin Marine Le Pen oder gegen den linksliberalen Kandidaten Emmanuel Macron antreten würde. Fillon wurden dagegen in neueren Umfragen nur geringe Chancen auch nur auf einen Einzug in die zweite Runde gegeben.

Die Parteispitze der Republikaner hat für Montag ein Krisentreffen anberaumt, bei dem das weitere Vorgehen beraten werden soll. Fillon selbst hatte am Samstag bei einem Wahlkampfauftritt abermals beteuert, er werde nicht zurücktreten. Stärke will er mit der angekündigten Großkundgebung in Paris demonstrieren, zu der seine Anhänger 45.000 Menschen erwarten.

Gegen den früheren Ministerpräsidenten Fillon laufen Ermittlungen wegen Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau Penelope und seiner Kinder. In den vergangenen Tagen sagten sich mehrere wichtige Gefolgsleute von ihm los. Fillon hat die Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Gegen ihn laufe eine Hetzkampagne, die in einem "politischen Mord" gipfele. Insbesondere seine Angriffe auf das Justizsystem kostete den 63-Jährigen Rückhalt. Einer am Samstag veröffentlichten Umfrage zufolge sind mehr als 70 Prozent der Wähler für seinen Rückzug. Im eigenen Lager sank die Zustimmung auf 53 Prozent von 70 Prozent vor zwei Wochen. Der Chef der mit den Republikanern verbündeten Mitte-Rechts-Partei UDI, Jean-Christophe Lagarde, forderte Fillon am Sonntag auf, aus dem Wahlkampf auszusteigen und Juppé den Vortritt zu lassen.

In der jetzigen Konstellation würde die Präsidentschaftswahl Umfragen zufolge zwischen dem parteiunabhängigen Kandidaten, Emmanuel Macron, und der Kandidatin der Rechtsextremen, Marine Le Pen, ausgemacht. In der zweiten Runde am 7. Mai würde Le Pen den Vorhersagen zufolge jedoch klar unterliegen. Ein anderes Bild ergebe sich dagegen, wenn Fillon durch Juppé, den Bürgermeister von Bordeaux, früheren Außenminister und Regierungschef, abgelöst würde. Dann hätte Juppé die größten Chancen. „Wenn der Goldmedaillen-Gewinner bei den Olympischen Spielen disqualifiziert wird, dann übernimmt auch der Besitzer der Silber-Medaille”, betonte Lagarde.

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