Wahlniederlage Abes Japans Wirtschaft in der Klemme

Den Unternehmen in Japan geht es gut genug, um das Land mit Jobs zu versorgen. Allerdings leiden viele Firmen unter einem Mangel an Arbeitskräften. Ökonomen hoffen auf eine steigende Inflation.

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Viele Firmen in der japanischen Hauptstadt befinden sich in einer unsicheren Situation. Quelle: Reuters

Tokio Japans Ministerpräsident Shinzo Abe ist derzeit in einer tiefen Vertrauenskrise. Am Sonntag fuhr verlor seine Liberaldemokratische Partei bei den Wahlen zum Tokioter Stadtparlament mehr als die Hälfte ihrer Sitze. An der Wirtschaft kann es dieses Mal nicht gelegen haben. Eher spielte ein Skandal um Gefälligkeiten für seine Freunde die entscheidende Rolle. Dies verdeutlichte am Montag der Tankan-Bericht, das vierteljährliche Konjunkturbarometer der Bank von Japan.

Am deutlichsten stieg der Stimmungsindex für Japans große Industriekonzerne von 12 Punkten im März auf 17 Punkte in der jetzigen Umfrage. Auch mehr mittlere und kleine Unternehmen schauen optimistischer in die Zukunft. Besonders ermutigend dürfte für Abes Wirtschaftsplaner sein, dass sowohl die großen als auch die kleinen Firmen deutlich mehr investieren wollen als 2016.

Der Tankan ist damit bereits die zweite gute Konjunkturbotschaft der vergangenen Tage. Am Freitag meldete die Regierung, dass am Arbeitsmarkt im Mai mit einer Arbeitslosenrate von 3,1 Prozent weiterhin Vollbeschäftigung herrschte. Tatsächlich suchen viele Firmen händeringend nach Personal. Es gibt so viele Stellenangebote pro Jobsuchendem wie seit 43 Jahren nicht mehr.

Der Arbeitskräftemangel wird zum Problem. Ob verarbeitende Industrie oder Dienstleister, ob Großkonzern oder kleine Klitsche, im Tankan-Bericht rechnen fast alle Kategorien mit fallenden laufenden Gewinnen. Am stärksten sind die kleinen Laden- und Restaurantbesitzer in der Klemme.

Denn besonders die kleinen Firmen müssen im Einkauf mehr bezahlen, vor allem weil die Gehälter im Niedriglohnsektor und unter Vertragsarbeitern anziehen. Gleichzeitig haben die Firmen bisher das Gefühl, dass sie die steigenden Produktionskosten nicht durch höhere Preise an ihre Kunden weitergeben können.

Aus Regierungssicht ist diese Zwangslage Absicht. Japans Ministerpräsident Abe predigt dem Kapital seit seinem Amtsantritt, deutlich mehr für Arbeit zu bezahlen. So will er einen Kreislauf erzeugen, bei dem die Gehälter schneller steigen als die Inflation. Doch bisher geht dieser Plan noch nicht voll auf.

Die Inflation bleibt niedrig. Die Kerninflationsrate liegt bei nur 0,4 Prozent, gedämpft von niedrigen Energiepreisen und nicht stark genug steigenden Gehältern. Zwar kommt langsam Bewegung in den Markt für Teilzeit- und Vertragsarbeitskräfte. Aber die Gehälter der Festangestellten steigen weiterhin langsamer als Abe es sich wünscht. Japans Betriebsgewerkschaften glauben, dass zurückhaltende Gehaltsforderungen die Sicherheit der Arbeitsplätze erhöht.

Der Druck könnte bald noch größer werden. Die Firmen erwarten, dass sich der Arbeitskräftemangel noch weiter erhöhen wird. Und wieder einmal sind besonders die kleinen Industrieunternehmen betroffen, nach deren Vorhersage der Index für die Arbeitskräfteversorgung in den kommenden drei Monaten von minus 33 auf minus 39 Punkte sinken soll. Daher verwundert es nicht, dass die Firmen vorsichtiger in die Zukunft schauen.

Doch Volkswirte sind zuversichtlich, dass sich die Gewinnklemme in Zukunft lösen könnte. Das UBS CIO Wealth Management in Japan sagt voraus, dass die Kerninflation innerhalb der kommenden zwölf Monate auf 1 Prozent steigen wird. „Wir erwarten, dass eine stabile Erholung der heimischen Nachfrage gemeinsam mit wachsendem Arbeitskräftemangel die Preisstrategie der Firmen verändern wird“, meint UBS-Volkswirt Daiju Aoki.

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