Wegen Soros-Uni EU-Kommission droht Ungarn mit Verfahren

Die EU-Kommission ist entschieden gegen das zur Debatte stehende ungarische Hochschulgesetz. Die Union liegt sowohl mit Orban, aber auch Polen in einigen Punkten im Zwist. In Budapest kündigt man Entgegenkommen an.

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Die zentraleuropäische Universität ist Gegenstand der Diskussion. Quelle: Reuters

Brüssel/Budapest Die rechtsgerichteten Regierungen Ungarns und Polens liegen mit der EU-Kommission bei immer mehr Themen überkreuz. Die Brüsseler Behörde drohte am Mittwoch mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens, wenn der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban an dem neuen Hochschulgesetz und anderen Maßnahmen festhält. Das US-Außenministerium rief Ungarn ebenfalls dazu auf, von dem Gesetz Abstand zu nehmen, das die Existenz der Universität des Milliardärs George Soros bedroht. Die Regierung in Budapest deutete in der Sache aber Entgegenkommen an. Die EU-Kommission hielt zudem am Verfahren gegen Polen wegen der dortigen Reform des Verfassungsgerichts fest und kritisierte beide osteuropäische Länder für deren Weigerung, Flüchtlinge aus Italien und Griechenland aufzunehmen.

„Zusammengenommen gibt die Gesamtsituation in Ungarn Anlass zur Sorge“, sagte der erste Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. Die von Soros finanzierte Zentraleuropäische Universität (CEU) sei eine Perle, die es zu schützen gelte. Eine Entscheidung über die Eröffnung eines Verfahrens könnte nach seinen Worten bis Ende des Monats fallen.

Dem neuen Hochschulgesetz zufolge müssen ausländische Universitäten nicht nur in Ungarn, sondern auch in ihrem Heimatland einen Sitz haben. Darüber verfügt die CEU nicht. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte in Washington, man rufe die ungarische Regierung dazu auf, diese Regel nicht umzusetzen. Bildungs-Staatssekretär Laszlo Palkovics sagte der Nachrichten-Webseite HVG.hu, die CEU könne weiter Abschlusszeugnisse ausstellen, wenn es eine Lizenzvereinbarung mit ihrer ungarischen Partnerhochschule ausweite. Einem Sprecher der ungarischen Regierung zufolge ist es für die CEU nicht unmöglich, die neuen Regeln einzuhalten. Soros gilt als Kritiker Orbans, hat sich in der Vergangenheit aber auch mit US-Präsident Donald Trump angelegt. In Budapest protestierten zuletzt Tausende Menschen gegen das neue Hochschulgesetz.

Auf dem Radar der EU-Kommission ist auch eine Anti-EU-Kampagne Orbans mit einem Fragebogen, der unter dem Schlagwort „Stoppt Brüssel“ bekannt wurde. Zudem steht Ungarns Umgang mit Flüchtlingen, die während des Asylverfahrens in Transitlagern an der Grenze zu Serbien interniert werden, in der Kritik. Die Brüsseler Behörde beklagte außerdem, dass sich mittlerweile nur noch Ungarn und Polen weigerten, den EU-Beschluss zur Umverteilung und Umsiedlung von Flüchtlingen umzusetzen.

Gegen die Entscheidung zur Hochphase der Flüchtlingskrise 2015 stimmten Ungarn, die Slowakei, Tschechien und Rumänien, konnten die qualifizierte Mehrheit der anderen Länder damit aber nicht verhindern. Das damals noch von der liberal-konservativen Regierung geführte Polen enthielt sich. Gegen die danach ins Amt gekommene nationalkonservative Regierung Polens läuft wegen der dortigen Reform des Verfassungsgericht bereits seit über einem Jahr ein Verfahren in Brüssel. Bisher hat die EU-Kommission dabei aber keine erkennbaren Ergebnisse vorzuweisen.

Timmermans kündigte an, das Verfahren trotzdem weiter zu verfolgen: „Noch ist nicht aller Tage Abend.“ Der für die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien in der EU zuständige Kommissar hatte aber eine mangelnde Unterstützung der anderen Mitgliedsländer in der Sache beklagt. Als schärfste Waffe in derartigen Verfahren gilt der Entzug der Stimmrechte im EU-Rat. Ein solcher Beschluss muss aber einstimmig – mit Ausnahme des betroffenen Landes – fallen. Orban hatte bereits angekündigt, einen solchen Schritt im Falle Polens nicht mitzutragen.

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