Weltwirtschaft Chinas Frauen machen Karriere

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Geld ist am wichtigsten

Heute erinnert nichts mehr an solche menschenverachtenden Bräuche. Zwar sind Chinas Frauen in der Politik nach wie vor unterrepräsentiert. Doch in der Wirtschaft haben es viele weit nach oben geschafft. Im Global Gender Report des Genfer World Economic Forum (WEF) erreichen Chinas Frauen bei der Beteiligung am Erwerbsleben Rang 20. Deutschland liegt nur auf Platz 46. Rund drei Viertel aller Chinesinnen zwischen 16 und 64 Jahren arbeiten; in den USA liegt der Anteil bei 69 Prozent. Bei den Verdienstmöglichkeiten für Frauen, gerechnet nach Kaufkraftparitäten, liegt China im WEF-Ranking auf Rang 35, Deutschland erreicht nur den 49. Platz.

Weiter Weg

Was Führungspositionen in der Wirtschaft betrifft, steht nach der Gleichstellungsuntersuchung des WEF China besonders gut da: In China besetzen Frauen 32 Prozent aller höheren Managementpositionen, in den USA liegt der Anteil nur bei 23 Prozent. Der Einfluss einer von Hungerkatastrophen und politischen Wirren in der eigenen Jugend geprägten Elterngeneration war die Vorbedingung dieses Aufstiegs. Heute streben nicht weniger als 76 Prozent aller Chinesinnen nach einer Führungsposition, ergibt eine Umfrage des Center for Work-Life Policy in New York. In den USA sind es nur 52 Prozent der Frauen.

Wie groß die Aufstiegschancen der Chinesinnen sind, zeigt auch das Reichen-Ranking des Briten Rupert Hoogewerf. Von den 20 reichsten Frauen der Welt, die ihr Vermögen eigener Arbeit zu verdanken haben, kommen elf aus China. Einen Grund sieht Hoogewerf im besseren Betreuungsangebot in China. „Chinesische Frauen verbringen viel weniger Zeit mit Familiendingen oder Kindererziehung“, sagt Hoogewerf, der in Shanghai lebt.

Wang Xiaodi, 36, klickt sich auf ihrem iPad durch die Börsenkurse an der Wall Street. Sie sitzt in einem tiefen Sessel in der Lobby des Luxushotels Sofitel in der Pekinger Innenstadt. Es ist frühmorgens in der chinesischen Hauptstadt, also geht an der amerikanischen Ostküste gerade der Tag zu Ende. Wang Xiaodi leitet eine Investmentberatung mit zehn Mitarbeitern. Ihr Mann arbeitet bei einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Das Paar hat einen dreijährigen Sohn und eine 20 Monate alte Tochter. Für die Tochter kommen zwei Kindermädchen, und der Sohn geht ganztags in den Kindergarten.

Anders als in Deutschland können sich in chinesischen Großstädten auch Eltern aus der Mittelschicht ein Kindermädchen leisten. Vor allem aber ist in China sozial akzeptiert, dass Väter und Mütter beide ihre Karrieren verfolgen und das umfassende Betreuungsangebot nutzen.

Noch ein Unterschied zwischen China und dem Westen: Männlichen Neid oder männliche Arroganz erleben chinesische Karrierefrauen nur selten, sagt Wang Xiaodi. Im Westen dagegen nähmen Männer die Frauen oft nicht richtig ernst, meint die Finanzberaterin, die selbst ein paar Jahre in den USA studiert und gearbeitet hat. Der amerikanische Traum vom Dasein als wohl versorgte Hausfrau kam für sie nie infrage. Auch ihre Eltern arbeiteten beide und prägten ihre Tochter entsprechend. „Erst in jüngster Zeit“, sagt Wang, „beginnt sich diese Einstellung in China zu ändern.“

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