Natürlich ist es der Job des ehemaligen deutschen Vize-Kanzlers Philipp Rösler (FDP) gutes und glamouröses über das heute beginnende Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zu verbreiten. Und so sollte es nicht wundern, wenn der für politische Beziehungen zuständige Vorstand des Weltwirtschaftsforums an diesem Montag der Süddeutschen Zeitung sagte: "In einer Zeit, in der es so viele Krisen gibt, gibt es einen großen Wunsch, sich persönlich auszutauschen. Man braucht uns gerade jetzt und heute."
Und dann blickt man auf die offiziellen Verlautbarungen zum Programm dieses Jahres und wundert sich doch: Die „Vierte industrielle Revolution“ soll demnach in den Alpen von den 2500 Teilnehmern aus Wirtschaft und Politik, darunter 50 Staats- und Regierungschefs, behandelt werden. Ein wichtiges Thema, zweifelsohne, zudem das WEF mit einer eigenen Studie, die den Verlust von fünf Millionen Arbeitsplätzen durch Roboterisierung in den Industrieländern beschwört, die Dringlichkeit selbst unterstreicht.
Nur ist das Thema angesichts von Flüchtlingskrise und Nationalismus in Europa, Wirtschaftseinbruch in China und Ölpreisverfall, Donald Trump in den USA und Terror in der halben Welt wirklich das drängendste? Oder droht das WEF das Schicksal seines eingeschneiten, nur über eine kleine Straße und die Räthische Eisenbahn zu erreichenden Gastgeberortes zu ereilen – und etwas abseits des Geschehens zu landen.
Skeptiker sehen sich bestätigt, da doch die wirklich entscheidenden Regierungschefs dieser Welt, die Barack Obamas, Angela Merkels, David Camerons und Wladimir Putins dieses Mal fehlen.
Das sind die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt
Während Deutschland im Vorjahr noch auf Rang sechs lag, schafft es die Bundesrepublik in diesem Jahr nur noch auf den zehnten Platz. Der mitteleuropäische Staat steht 2015 vor vielen Herausforderungen. Dazu gehört der Druck, die Energiewende zu meistern, die digitale Transformation der Industrie voranzutreiben und private und öffentliche Investitionen zu fördern.
Bauen kann Deutschland auf seine hoch qualifizierten Arbeitskräfte und eine Politik der Stabilität und Vorhersehbarkeit.
Schweden fällt im Vergleich zu 2014 um vier Ränge von Platz fünf auf Platz neun. Das nordeuropäische Königreich kann besonders mit qualifizierten Arbeitskräften, den stabilen politischen Verhältnissen, einem wirksamen Rechtssystem und einem starken Fokus auf Forschung und Entwicklung glänzen. Auch das Bildungsniveau ist sehr hoch und die Infrastruktur sehr verlässlich.
Auch Dänemark konnte sich im Vergleich zum Vorjahr verbessern, von Platz neun geht es hoch auf Platz acht. Gut schneidet das nordeuropäische Königreich bei Managementpraktiken, Gesundheit und Umwelt sowie Arbeitsstandards ab. Auf dem ersten Rang landet Dänemark in der Kategorie der Regierungseffizienz gleich fünf Mal, denn es zeichnet sich nicht nur durch eine besonders große Rechtstaatlichkeit aus, sondern auch dadurch, dass Bestechung und Korruption kaum eine Chance haben.
Norwegen kann im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von drei Plätzen verzeichnen und landet damit auf dem siebten Platz. Die skandinavische Halbinsel kann vor allem mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufwarten, mit denen sie im internationalen Vergleich auf Platz eins landet. Weitere Faktoren, mit denen Norwegen punkten kann, sind im Bereich der Regierungseffizienz zu finden. Chancengleichheit, Transparenz sowie Rechtstaatlichkeit sind nur einige der besonders effektiven Maßnahmen der öffentlichen Hand.
Für Luxemburg ging es von Platz elf im Jahr 2014 hoch auf Platz sechs. Sehr gut schneidet das Großherzogtum im Bereich der politischen Stabilität, der wettbewerbsfähigen Besteuerung, des unternehmerfreundlichen Umfeldes und der qualifizierten Arbeitskräfte ab.
Kanada hat es in diesem Jahr auf Platz fünf geschafft. Im Vorjahr landete der nordamerikanische Staat noch auf Platz sieben des IMD World Competitiveness Ranking. Die gute Platzierung hat Kanada vor allem der Stabilität und Vorhersehbarkeit in der Politik, dem hohen Bildungsniveau, qualifizierten Arbeitskräften und einem wirksamen Rechtssystem zu verdanken. Ganz gut schneidet Kanada auch aufgrund einer unternehmerfreundlichen Umgebung und einer offenen und positiven Haltung ab.
Der vierte Platz geht in diesem Jahr an die Schweiz. Unternehmen aus aller Welt wissen vor allem die sehr gute Infrastruktur des kleinen Alpenstaates zu schätzen. Die hohe Bildung und der Umweltschutz landen gar im Vergleich zu 2014 nicht mehr nur auf Platz drei, sondern gleich auf der Eins. Auch die robuste Wirtschaft, Arbeitsstandards, geringe Entlassungs- sowie Kapitalkosten sind im internationalen Vergleich so gut wie unschlagbar.
Unter die ersten drei schafft es in diesem - wie auch schon im vergangenen Jahr - der Insel- und Stadtstaat Singapur. Besonders punkten konnte das asiatische Land bei Unternehmen in diesem Jahr mit seinem institutionellen Rahmen, der im weltweiten Vergleich auf Rang eins landet. Außerdem liegt Singapur bei der technologischen Infrastruktur sowie der Bildung ganz weit vorne.
Platz zwei geht an die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. Im Vergleich zum Vorjahr hat die chinesische Metropole zwei Plätze gut gemacht. Unternehmen aus aller Welt schätzen Hongkong insbesondere aufgrund der betriebswirtschaftlichen Gesetzgebung, der Managementpraktiken, der unternehmerischen Einstellungen und Werte und der technologischen Infrastruktur. Ganz gut steht Hongkong auch bei internationalen Investitionen, der Fiskalpolitik und bei den Betriebsfinanzen da.
Die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Das hat das IMD World Competitiveness Center in seiner aktuellen Vergleichsstudie bekannt gegeben.
Besonders attraktiv finden Firmen in den USA - laut Ranking - die dynamische Wirtschaft (66,2 Prozent), den guten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten (55,1 Prozent), den starken Fokus auf Forschung und Entwicklung (49,3 Prozent) sowie das unternehmensfreundliche Umfeld (43,4 Prozent).
Punkten können die USA zudem als attraktiver Forschungsstandort. Nachholbedarf gibt es im Bereich der Schulbildung.
Nun sind aber Abgesänge auf das Eliten-Stelldichein so alt wie die Veranstaltung selbst. „Abgehoben“, „abseitig“, „überkommen“ sind seit Jahre Adjektive, die sich zum Forum gesellt haben. Und vermutlich lässt sich wirklich diskutieren, ob es noch zeitgemäß ist, dass sich 2500 überwiegend weiße, ältere Herren (der Frauenanteil liegt bei unter 20 Prozent) für vier Tage in ein schlecht erschlossenes Städtchen in den Schweizer Alpen zurückziehen, um über dies und das zu reden.
Andererseits: Was wäre die Alternative? Und ist die Veranstaltung nicht bei genauerem Hinsehen doch besser als ihr Ruf? Diese fünf Gründe jedenfalls sprechen für das Jahrestreffen in Davos: