Wie mit Donald Trump umgehen? Empört euch! Oder doch: Entpört euch?!

Donald Trump ist noch nicht vereidigt, regiert aber schon via Twitter - gegen US-Unternehmen und den Kongress. Und die Reaktion von Öffentlichkeit, Wirtschaft und Medien? Empörung. Die dürfte sich aber bald legen.

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Donald Trump Quelle: AP

Der Präsident wird vereidigt, nur wenige Momente später übernimmt die neue Regierung die Amtsgeschäfte. Es bleibt auch kaum Zeit: Denn die amerikanische Wirtschaft ist im freien Fall, eine Rezession droht. Niemand kann zu diesem Zeitpunkt die Auswirkungen der Weltfinanzkrise absehen, die über die Vereinigten Staaten und die Welt hineinbricht. Das war die Lage vor acht Jahren als Barack Obama ins Weiße Haus einzog.

George W. Bush war nach der damaligen Wahl noch knapp drei Monate Präsident, Obamas künftige Regierung bereitete im Hintergrund bereits ein Konjunkturpaket vor, das mit einem Volumen von 1000 Milliarden Dollar eine neue große Depression verhindern sollte. Bush, der Republikaner und Obama, der Demokrat – obwohl der Präsidentschaftskandidat den amtierenden Präsidenten im Wahlkampf hart attackiert hatte, verlief die Machtübergabe ohne große Probleme.

Im Jahr 2016 scheint das anders zu sein. Beinahe täglich mischt sich der gewählte Präsident Donald Trump in die Politik ein. Mal macht er Stimmung gegen Obamas Gesundheitsreform, mal bezweifelt er die Kompetenz der US-Geheimdienste, die Russland vorwerfen, sich in den Wahlkampf eingemischt zu haben. Und mal attackiert Trump amerikanische Unternehmen, zuletzt Ford und General Motors, die ihre Kapazitäten in Mexiko ausbauen wollten oder dort bereits fertigen. Auch das Luftfahrtunternehmen Boeing, das der US-Regierung eine neue Air Force One liefern soll, bekam Trumps Zorn wegen aus seiner Sicht zu hoher Kosten bereits zu spüren.

Obama hat sich am Anfang seiner Präsidentschaft ebenfalls US-Unternehmen vorgeknöpft, allen voran Banken und Investoren an der Wall Street. Dass sich ein gewählter Präsident, der darauf wartet ins Weiße Haus einzuziehen, seine Präsidentschaft vorbereitet, ist nicht das Problem – vielmehr geht es um die Art und Weise. Während Obama wartete bis Bush nicht mehr Präsident war, agiert Trump bereits wie der Amtsinhaber.

Der President-Elect verkündet Entscheidungen per Twitter. Ford hat seinen Plan, in Mexiko 1,6 Milliarden Dollar in ein neues Werk investieren zu wollen, nach der Trumpschen Attacke wieder aufgegeben. Auch das neue gewählte US-Parlament hat Trump gut im Griff. Die Republikaner im Repräsentantenhaus wollten eine unabhängige Kommission, die Korruptionsfälle unter Abgeordneten nachgehen soll, unter Aufsicht des Kongresses stellen. Trump gefiel das gar nicht, schickte zwei Tweets raus und sorgte somit dafür, dass die Pläne nicht weiter verfolgt werden.

Wie Trump-Tweets US-Unternehmen beeinflussen
Der Twitter-Account des desgnierten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump Quelle: dpa
Autobauer General Motors /GM) Quelle: dpa
Ford-Chef Mark Fields Quelle: AP
Die Zentrale des US-amerikanischen Autokonzerns General Motos (GM) in Detroit Quelle: dpa
Der nächste US-Präsident Donald Trump Quelle: dpa
Boeing Quelle: REUTERS
Lockheed Martin F-35 Joint Strike Fighter Quelle: AP

Trumps künftiger Pressesprecher im Weißen Haus hat bereits angekündigt, dass der Unternehmer auch dann weiter twittern wird, wenn er als Präsident vereidigt wurde. Trump bleibt also Trump – so viel dürfte sicher sein. US-Unternehmen müssen sich darauf einstellen, jederzeit einen Rüffel oder einen Arbeitsauftrag aus dem Weißen Haus zu bekommen – digital via Twitter.

Was im Moment vielen in Bevölkerung, Wirtschaft und Medien befremdlich erscheint, dürfte schon bald Alltag sein. Trump empört sich über irgendwen oder irgendwas, die Medien empören sich über Trump, Unternehmen (oder wer auch immer angegriffen wird) reagieren (oder auch nicht) – alle Seiten scheinen den Ablauf bereits verstanden und verinnerlicht zu haben. Empörung in mehreren Stufen. Daran werden sich alle gewöhnen. Aus der Empörung wird Alltag werden, Normalität. Auf die Empörung folgt die Entpörung. Und jetzt zum nächsten Tweet.

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