Wirtschaftsbeziehungen Wo deutsche Unternehmen in Russland aktiv sind
Die deutsche Wirtschaft fürchtet in der Krim-Krise ums gute Geschäft. Insbesondere Energieunternehmen und Automobilkonzerne sind in Russland aktiv.
Der deutsche Versorger ist vor allem mit Gaskraftwerken in Russland aktiv – und verdient kräftig.
Für den deutschen Energiekonzern E.On ist Russland einer der wichtigsten Wachstumsmärkte jenseits der EU-Grenzen. Der Strombedarf in Russland ist gewaltig, es ist ein „energiehungriges Land“, sagt ein E.On-Manager. In einigen Regionen wie Kaluga, südwestlich von Moskau, wo VW und Continental Werke unterhalten (siehe Seite 28), droht Energieknappheit. E.On erwarb 2007 ein russisches Gaskraftwerkskonglomerat für vier Milliarden Euro. Seitdem hat E.On die Kraftwerke modernisiert und erwartet aus der Tochter E.On Russia einen Jahresgewinn von einer Milliarde Euro. Das Erdgas kann aus eigenen Feldern im nordsibirischen Juschno Russkoje bezogen werden. Daran halten E.On und Wintershall, eine BASF-Tochter, je 25 Prozent, Gazprom die restlichen 50 Prozent.
Eine wichtige Rolle spielt für E.On die Ostseepipeline Nord Stream, die von Gazprom beherrscht wird. Das Unternehmen hat seinen Sitz im schweizerischen Zug. Gazprom hält 51 Prozent an der Ostseepipeline, die vom russischen Wyborg durch die Ostsee an Polen vorbei nach Lubmin bei Greifswald führt. Von dort aus wird das Erdgas in die deutschen Industriezentren weitergeleitet. E.On und Wintershall halten je 15,5 Prozent an Nord Stream, den Rest halten niederländische und französische Versorger. Den Aktionärsausschuss von Nord Stream führt der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) an, der bisher stets für Putin Partei ergriffen hat. E.On-Manager hoffen, dass der Konflikt zwischen EU, USA und Russland entschärft wird. Dass der Hahn der Ostseepipeline zugedreht wird, halten E.On-Manager für unwahrscheinlich, da Gazprom auf den Absatz seines Erdgases in Westeuropa angewiesen sei.
Bild: REUTERS
Dank der guten Drähte in den Kreml ist der Technologieriese in Russland bestens im Geschäft.
Es war ein trüber Februartag, und draußen tobte die Finanzkrise, da ließ der Österreicher Peter Löscher seinen Siemens-Vorstand nach Moskau jetten – und zur regulären Sitzung antreten. Die Herren aus München trafen auch Wladimir Putin, der damals, im Jahr 2009, gerade Premierminister war. Der heutige Kremlchef liebt solch eine Symbolik: Siemens steht zum russischen Markt, während andere Investoren ihr Geld in Sicherheit bringen. Immerhin schlitterte die russische Wirtschaft in jenem trüben Jahr in eine schwere Rezession.
Die Belohnung ließ nicht lange auf sich warten: Siemens bekam Zugang zu einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem russischen Lokomotivenhersteller Sinara; in dessen Fabrik am Ural bauen die Partner Loks im Wert von 2,5 Milliarden Euro. Abnehmer ist die russische Staatsbahn RZD, der mit Wladimir Jakunin ein Duz-Freund Putins vorsteht. Siemens ist überdies bei der Modernisierung von Stromleitungen im Geschäft, die Münchner bauen Transformatoren in einem Werk im Süden des Landes. Dieses Jahr stehen neue Lieferungen für den ICE ins Haus, der in Russland „Sapsan“ heißt und dem Konzern dank der Vollausstattung auch mehr Geld einbringt als die Züge, die die Deutsche Bahn erhält.
Trotz der Russland-Erfolge hat Peter Löscher seinen Hut nehmen müssen, und der gut vernetzte und geschickte Russland-Chef Dietrich Möller geht bald in den Ruhestand. Ob Russland ein Erfolg für den neuen CEO Joe Kaeser wird, hängt vermutlich von seinem Verhältnis zu Putin ab. Mit dem muss klarkommen, wer in Russland die Sahnehäppchen abbekommen will. Löscher profitiert davon auch nach seinem Rausschmiss: Der Oligarch Viktor Wekselberg hat ihn für seine Schweizer Holding Renova Management angeheuert.
Bild: dpa
Dem Autobauer bröckelt in Russland die Nachfrage weg. Noch geht es ihm besser als der Konkurrenz.
Martin Winterkorn hat einige Klimmzüge machen müssen - aber theoretisch ist das Ziel erreicht: Volkswagen könnte in Russland 300.000 Autos lokal fertigen lassen. Den Großteil stellen die Wolfsburger in ihrem eigenen Werk her, das 170 Kilometer südwestlich von Moskau in Kaluga liegt. Vor gut einem Jahr startete zudem die Lohnfertigung in Nischni Nowgorod östlich Moskau, wo der einstige Wolga-Hersteller GAZ dem deutschen Autoriesen als Lohnfertiger zu Diensten steht. Somit erfüllt Volkswagen alle Forderungen der russischen Regierung: Die zwingt den Autobauer per Dekret dazu, im Inland Kapazitäten aufzubauen und einen Großteil der Zulieferteile aus russischen Werken zu beziehen. Andernfalls könnten die Behörden Zollvorteile auf jene teuren Teile streichen, die weiterhin importiert werden. Der Kreml will damit ausländische Hersteller zur Wertschöpfung vor Ort zwingen und nimmt sich so China zum Vorbild, das mit dieser Politik schon in den Achtzigerjahren begonnen hat.
Die Sache hat nur einen Haken: Die Nachfrage in Russland bricht gerade weg - nicht im Traum kann Volkswagen die opulenten Kapazitäten auslasten. 2013 gingen die Verkäufe der Marke VW um etwa fünf Prozent auf 156.000 Fahrzeuge zurück. Wobei die Konkurrenz stärker im Minus war. Hinzu kommt jetzt die Sorge um die Entwicklungen auf der Krim. VW-Chef Martin Winterkorn sagte der WirtschaftsWoche: "Als großer Handelspartner blicekn wir mit Sorge in die Ukraine und nach Russland." Er verwies dabei nicht nur auf das VW-Werk in Kaluga, sondern auch auf die Nutzfahrzeugtochter MAN, die in St. Petersburg derzeit ein eigenes Werk hochfährt. Der Lkw-Markt ist von der Rezession betroffen, da die Baukonjunktur schwächelt.
Bild: dpa
- Teilen per:
- Teilen per: