Zoll auf chinesische Solarmodule 18 weitere Monate Abschottung

Gegen den Widerstand vieler Photovoltaikfirmen in Europa verlängert die EU die Zölle auf Solarmodule aus China ein letztes Mal. Dabei werden die Handelsbarrieren längst legal unterlaufen. Nur einer jubelt: Solarworld.

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Chinesen verpacken Solarzellen der Firma Yingli (Archivfoto von 2012). In der europäischen Union liegen Strafzölle auf deren Produkten - doch die Chinesen haben ein Schlupfloch gefunden. Quelle: dpa

Düsseldorf/Brüssel Lobbying-Erfolg für Solarworld: Ein Bündnis unter der Führung von Deutschlands größtem Photovoltaikkonzern überzeugte die EU-Kommission davon, die bestehenden Schutzzölle auf Solarmodule und Solarzellen aus China noch einmal zu verlängern.

Damit bleiben die bestehenden Handelsbarrieren für weitere 18 Monate in Kraft, wie ein Sprecher der EU-Kommission am Mittwoch bestätigte. Am Dienstag hatte das Gericht der Europäischen Union die Basis für die Verlängerung der Handelsbeschränkungen bereitet, indem es Zölle auf chinesische Solarprodukte prinzipiell für rechtens erklärte.

In Europa bestehen seit 2013 Mindestpreise auf chinesische Solarmodule- und Zellen. Wer sich nicht an die Mindestpreise hält, wird mit Strafzöllen bedacht.

Der Bonner Konzern Solarworld ist die treibende Kraft hinter den Schutzmaßnahmen, die europäische Unternehmen vor allzu viel billige Konkurrenz aus Fernost schützen sollen. Milan Nitzschke führt die Kampagne gegen die chinesischen Wettbewerber als Präsident des Interessensverbands EU Prosun an. Im Hauptberuf ist Nitzschke Unternehmenssprecher von Solarworld und fungiert in der Öffentlichkeit als rechte Hand von Solarworld-Gründer Frank Asbeck.

"Die Anti-Dumping-Maßnahmen sind solange notwendig, wie es Dumping gibt. Nur mit fairem Wettbewerb kann sich die Solarbranche in Europa, China und anderswo weiterentwickeln“, begrüßte Nitzschke die Verlängerung der Zölle. Nach Ansicht des Solarworld-Managers haben sich chinesische Solarfirmen mit unfairen Tricks an die Weltspitze gemogelt.

Nur mithilfe unbegrenzter Staatskredite, sei es Unternehmen wie Yingli, Trina, oder JA Solar gelungen, Paneele und Solarzellen unter Herstellungskosten auf den Weltmarkt zu schleudern, so Nitzschke. Dadurch seien viele westliche Konkurrenten aus dem Markt gedrängt worden. Während in der deutschen Solarindustrie in ihrer Blütezeit rund 150.000 Menschen gearbeitet haben, zählt die Branche jetzt nicht einmal mehr ein Drittel der früheren Beschäftigtenzahl.

Auch Solarworld kämpft aktuell ums Überleben. Der Konzern schreibt seit sechs Jahren in Folge Verluste. Allein für 2016 beträgt das Minus vor Zinsen und Steuern 99 Millionen Euro. Besserung ist kaum in Sicht.


Warum Schutzzölle der europäischen Solarbranche nicht helfen

Auch die Schutzzölle dürften Solarworld weit weniger nutzen als in der Vergangenheit, glaubt Götz Fischbeck, Photovoltaikexperte bei Smart Solar Consulting. „Die fünf größten chinesischen Solarkonzerne haben inzwischen Fabriken außerhalb Chinas aufgebaut. Damit unterlaufen die Chinesen ganz legal die Dumpingregeln, da sie gar keine Produkte aus China nach Europa verschiffen, sondern etwa aus Vietnam, Malaysia und Thailand“, sagte Fischbeck dem Handelsblatt.

Die Folge: Der Preis für Standardmodule asiatischer Herkunft in Europa liegt schon heute bei nur noch rund 40 Cent pro Watt, erklärt Fischbeck. Zum Vergleich: Der Mindestpreis für chinesische Firmen, die ihre Module nach Europa exportieren, liegt eigentlich bei 56 Cent pro Watt.

Aus der Sicht von Holger Krawinkel zeigt diese Entwicklung, wie sinnlos die Handelsbarrieren gegen China im Solarbereich sind. Der MVV-Energie Manager und ehemalige Verbraucherschützer ist überzeugt, dass die Zölle den europäischen Stromkunden schaden, da Solarenergie so künstlich verteuert werde. Krawinkel setzt sich als Sprecher der Solar Alliance for Europe (SAFE) für die Abschaffung der Handelsbeschränkungen ein. Er vertritt rund 50 Unternehmen und Verbände, die einen großen Teil der solaren Wertschöpfungskette abbilden, etwa Hersteller von Silizium, Installateure oder Betreiber von Solarparks.

Wenngleich Krawinkel mit seinem Vorhaben gescheitert ist, die EU-Kommission davon zu überzeugen, die Zölle sofort abzuschaffen, sieht er sein Lobbying dennoch als teilweise erfolgreich an. Denn parallel zur Verlängerung der Handelsbarrieren um 18 Monate hat die Kommission ein Verfahren zur schrittweisen Reduktion der Zölle auf den Weg gebracht. Dadurch sollen die Zölle allmählich auslaufen.
„Das Ende dieses unleidigen Handelskonflikts ist abzusehen“, sagte Krawinkel dem Handelsblatt. Die Zölle und Mindestpreis für chinesische Solarmodule und Solarzellen würden definitiv im September 2018 enden – ein für alle Mal.

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