Zukunft ohne Öl Der große Umbau der Golfstaaten

Die Golfstaaten bereiten sich auf die Zukunft vor - allen voran Saudi-Arabien. Mit seiner "Vision 2030" soll der Staat unabhängig vom Rohstoff Öl werden. Doch die Risiken sind hoch.

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Eine Anlage von Qatar Petroleum. Qatar Petroleum ist ein staatliches, katarisches Unternehmen mit Firmensitz in Doha und fördert Erdöl und Erdgas. Quelle: Getty Images

Dass die fetten Jahre vorbei sind, hat man auch in Riad realisiert. Saudi-Arabiens Antwort auf den anhaltend niedrigen Ölpreis ist ein Jungspund. Mit einem für saudische Verhältnisse spektakulären Coup entband im Juni der 81-jährige König Salman bin Abd al Aziz al Saud seinen Cousin von der Thronfolge und machte stattdessen "MBS" zum Kronprinzen des Landes. Der 31-Jährige gilt als Lieblingssohn des Königs und rüttelt seit zwei Jahren die Gerontokratie des Staates durch. „Ich komme aus einer anderen Generation, habe andere Träume“, sagte er in einem Interview. Das Königreich wird (wie viele Golfstaaten) von einer Senioren-Gang beherrscht. MBS repräsentiert den demographischen wie ökonomischen Wandel, der auf die Öl-Monarchien in den nächsten Jahren zukommt.

Als Verteidigungsminister führt er seit zwei Jahren Krieg im Jemen gegen den Angstgegner Iran.

Als Chef des Wirtschaftsrats hat er das ehrgeizige Reformprojekt "Vision 2030" vorgestellt. Damit soll Saudi-Arabiens Wirtschaft bis 2030 (einmal sprach MBS auch vom Jahr 2020) unabhängig vom Rohstoff Öl werden. Ein überaus ambitioniertes Projekt - denn noch machen die Öl-Einnahmen 70 Prozent des Haushalts aus. Die Wirtschaft wächst mit gerade einmal ein Prozent im Jahr, und die Devisenreserven schrumpfen: Von 737 Milliarden Dollar im April 2014 auf 493 Milliarden im April dieses Jahres.

Wissenswertes über Saudi-Arabien

Wann immer der Ölpreis ein bestimmtes Level erreicht, gehen drüben auf der anderen Seite des Globus die Frackers ans Werk. Die Folge: Der Preis fällt wieder und die OPEC-Länder verlieren an Marktanteilen. So bleiben den OPEC-Ländern im Moment drei Möglichkeiten:

- Sie können erstens die Förderquoten so lassen, wie sie sind, was einen niedrigen, aber immerhin stabilen Ölpreis zur Folge hat, und die Marktanteile konstant hält.

- Sie können zweitens, die Förderquoten weiter sinken, was zu einem vorübergehenden Preisanstieg führen könnte, und die Haushalte entlastet. Nachteil: Die Schiefergasproduktion in den USA läuft wieder an.

- Und sie könnten drittens die Förderquoten ausweiten. So würde zwar der Ölpreis zunächst in den Keller rauschen, und die Budgets der Golfstaaten weiter belasten - aber damit wären viele Fracker nachhaltig bankrott.

Momentan kostet ein Barrel 50 US-Dollar. Viele der Länder am Golf aber haben erst ab einem Level von 100 oder mehr US-Dollar genügend Einnahmen, um ihre laufenden Kosten zu decken. Den niedrigsten Break-Even-Point hat noch Kuwait mit 49 US-Dollar. In der Folge gehen vielen Staaten langsam die Devisenreserven aus. Etwas muss geschehen.

Die Ausnahme: Das Emirat Katar. Die Ölpreis-Krise konnte Doha bisher relativ entspannt aussitzen. Denn vor der Küste liegt das größte Erdgas-Feld der Welt, dessen Ausbeutung es sich mit dem schiitischen Nachbarn Iran teilt. Kein anderer Staat der Region exportiert mehr Flüssiggas - im vergangenen Jahr 77 Millionen Tonnen, ein Drittel der weltweiten Produktion. Seit jeher beansprucht Riad die politische und ökonomische Führung unter den arabischen Golfstaaten. Unter dem risikoaffinen MBS hat dieser Anspruch noch zugenommen: Doha war aus Sicht Riads zu nahe an den Iran herangerückt. Hinzu kommt, dass Katar damit in Konkurrenz zu den Schiefergasproduzenten in den USA rückt.

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