Zum Gipfeltreffen in Florida Trump, Xi und der junge Diktator

US-Präsident Donald Trump empfängt heute den chinesischen Staatschef Xi Jinping. Topthema ist Nordkorea. Denn Chinas Verbündeter provoziert mit neuen Raketentests. Die Welt fragt sich: Wie hoch pokert Trump?

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Viel Drohgebärde, wenig Spielraum. Quelle: AFP

Tokio Nordkoreas Führer sind Meister der Symbol-Politik. Auch kurz vor dem ersten Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping in Mar-a-Lago, dem Privatdomizil Trumps in Florida., hat das Regime ein Zeichen gesetzt: Und zwar ein militärisches. Am Mittwoch feuerte Nordkorea quasi als Begrüßungssalut für das transpazifische Tête-à-tête eine Mittelstreckenrakete ins Japanische Meer. Vorbereitungen auf einen sechsten Atombombentest laufen zudem bereits, allen Verboten durch die Vereinten Nationen (Uno) zum Trotz. Die Botschaft ist klar: Der junge Führer Kim Jong Un lässt sich auch von den jüngsten Drohungen aus dem Weißen Haus nicht einschüchtern.

Trump hatte am Wochenende in der „Financial Times“ seinem Gast Xi kaum verhohlen angedroht, die Nordkorea-Frage im Alleingang zu lösen, wenn China nicht helfe. Beim „Wie“ blieb er zwar vage. Aber zuvor hatte sein Außenminister Rex Tillerson die Politik der „strategischen Geduld“ von Trumps Vorgänger Barack Obama als gescheitert erklärt und militärische Optionen nicht ausgeschlossen. In der Nacht zu Donnerstag legte Trump nach und sicherte Japans Ministerpräsidenten Shinzo Abe zu, die militärischen Kapazitäten gegenüber Nordkorea auszubauen.

Seit dem Wochenende wird munter über mögliche Angriffsvarianten auf die Familiendiktatur spekuliert. Trump kommt dies nach den innenpolitischen Fehlschlägen wahrscheinlich sogar gelegen, kann er sich so doch außenpolitisch als starker Mann und Macher gerieren. Nur wird es den Nordkoreanern voraussichtlich gelingen, den neuen Präsidenten, wie schon seine Vorgänger, zum Papiertiger zurechtzustutzen, der sich letztlich doch wieder in Sanktionen flüchten wird.

Der Grund dafür ist nicht etwa mangelndes Verständnis für die wachsende atomare Bedrohung durch Nordkorea. Tatsächlich fordern Kims unerwartet rasche Fortschritte beim Atombomben- und Raketenbau Experten Respekt ab. Die jüngsten Raketenstarts werden beispielsweise nicht mehr als Raketentests gewertet, sondern als militärische Übungen für einen Angriff auf US-Basen in Japan.

Zudem grassiert in Washington die berechtigte Sorge, dass Nordkorea schon in wenigen Jahren auch alle Bundesstaaten der USA, nicht nur mit atomar bestückten Langstreckenraketen, sondern auch von U-Booten aus erreichen könnte.

Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass die USA höher pokern wollen, besonders mit Blick auf China. Nordkoreas Schutzmacht grollt zwar demonstrativ, wenn Kim wieder Bomben oder Raketen testet. Und unterstützt brav immer härtere Sanktionen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Aber an der Grenze mit dem kommunistischen Bruderstaat werden genau diese Sanktionen nicht in voller Gänze umgesetzt, weil die chinesische Führung keinen Zusammenbruch der Pufferzone zwischen sich und den USA riskieren will. Ändern wird sich daran wenig.

Denn wer jetzt für einen Erstschlag plädiert, muss sich auf einen Krieg, mit möglicherweise hohen Verlusten in Südkorea, Japan und unter den in beiden Ländern stationierten US-Truppen vorbereiten. Nordkorea hat seine Atomanlagen, Raketenrampen und anderes militärisches Potenzial im ganzen Land verstreut.

Heimlich geplante und unbeobachtet durchgeführte Operationen von ein paar Navy Seals Teams, Flugzeugen und Lenkraketen würden daher nicht ausreichen. Schon die erste Angriffswelle würde massiv ausfallen müssen. Nordkorea würde die Vorbereitungen wahrscheinlich bemerken und das Militär in höchste Alarmbereitschaft versetzen.

Die Ausrüstung des nordkoreanischen Militärs mag zwar veraltet, die Moral der Truppe nicht erstklassig sein. Aber gerade in den ersten Minuten eines Konflikts könnten Kims Truppen Teile von Südkoreas Hauptstadt mit der ersten Salve nordkoreanischer Granaten und Raketen in Schutt und Asche legen. Kurze Zeit später könnten Mittelstreckenraketen des Nordens mit biologischen, chemischen oder atomaren Waffen, nicht nur US-Basen in Südkorea, sondern auch in Japan treffen. Selbst Japans Hauptstadt Tokio gilt als wahrscheinliches Ziel für nordkoreanische Attacken. Japan hat daher bereits vor Jahren eine Raketenabwehr aufgebaut.


Finanzströme drosseln

Aber bei der Größe des nordkoreanischen Arsenals ist nicht klar, ob die Systeme für einen Schlag in dieser Größenordnung reichen würden. Auf 200 bis 320 Mittelstreckenraketen schätzt Experte Michishita das Arsenal, 50 davon auf mobilen Rampen, deren Verbleib nicht unbedingt klar ist.

Ein weiteres Problem ist, dass Trump die Angriffe kaum ohne Einwilligung seiner Alliierten Südkorea und Japan starten könnte, will er die Bündnisse nicht zerstören. Bisher ist die Antwort sowohl aus Seoul, als auch aus Tokio stets ein klares Nein.

Trump könnte aber auch einen Weg wählen, der ihm als Geschäftsmann eher liegt: den Deal. Einige Korea-Experten fordern sogar direkte Gespräche, um dem Norden eine Angst vor einem Angriff der USA zu nehmen. Trump selbst hat im Wahlkampf gesagt, er würde die Probleme mit Kim Jong Un persönlich besprechen.

Das könnte klappen. Nur wird Trump damit das Ziel der USA nicht erreichen: eine Abschaffung des nordkoreanischen Atomprogramms. Denn wieso sollte Nordkorea die erste Atommacht sein, die ihre Waffen dem Feind übergibt. Das Arsenal von geschätzt 20 Bomben dient Kim schließlich als Versicherung gegen einen militärischen Regimesturz.

Ein immer wieder ins Spiel gebrachter Friedensvertrag zwischen beiden Seiten dürfte daran scheitern, dass die USA aus nordkoreanischer Sicht zunächst ihre Truppen aus dem Süden abziehen müssten. Schließlich gilt in Pjöngjang weiterhin das amtliche Ziel, die geteilte Nation wiederzuvereinigen – unter nordkoreanischer Führung.

Als unblutigster und damit wahrscheinlichster Weg, bleiben damit auch heute die Wirtschaftssanktionen. Da verfügen die USA allerdings noch über Spielraum. Erstens können sie die Finanzströme nach Nordkorea direkt drosseln, in dem auch die Geschäfte von Nordkoreanern im Ausland sanktioniert werden. Der US-Kongress hat in dieser Woche über die Parteigrenzen ein Gesetz beschlossen, dass es der Regierung erlaubt, Nordkorea wieder auf die Liste der Terrorstaaten zu setzen und unilateral Sanktionen zu verhängen. Zweitens können die USA chinesische Firmen und Banken bestrafen, die wissentlich oder unwissentlich mit Nordkorea oder mit nordkoreanischen Tarnfirmen im Ausland Geschäfte machen.

Dafür müsste Trump allerdings im Gegensatz zu seinen Vorgängern dazu bereit sein, einen Handelskrieg, eine diplomatische Eiszeit und verschärfte militärische Spannungen mit China zu riskieren. Diese Gemengelage könnte dafür sorgen, dass Trumps vollmundig versprochene neue Politik eher wie die alte aussehen wird – mit einigen gefährlichen Zusätzen.

Die USA dürften in diesem Fall rhetorisch und militärisch in Korea aufrüsten, Kims Militärs weiter Atombomben testen, Raketen starten und auf andere Weise militärisch provozieren. Den Menschen in der Region bliebe dann nur zu hoffen, dass das Drohgehabe nicht aus Versehen in einen bösen Hahnenkampf eskaliert.

Noch ist Trumps Nordkorea-Politik allerdings nur Spekulation. Erste Aufschlüsse über die wirkliche Richtung wird das Gipfeltreffen der geopolitischen Rivalen USA und China in Trumps Golfclub Mar-a-Lago am Donnerstag geben. Eine Zusage Chinas, die Sanktionen stärker durchzusetzen, ist denkbar. Das hängt auch von der Lage der nordkoreanischen Wirtschaft ab. Solange in Kims Staat nicht Währungs- und Wirtschaftskrisen ausbrechen, macht China an der gemeinsamen Grenze nicht ernst. 

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