16 Millionen Menschen Jeder Fünfte in Deutschland von Armut oder Ausgrenzung bedroht

Rund 16 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut oder Ausgrenzung. Quelle: dpa

Fast jeder fünfte Mensch in Deutschland ist von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Der Anteil von 19,7 Prozent der Bevölkerung entspricht etwa 16 Millionen Menschen.

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Knapp 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das entspricht etwa 16 Millionen Menschen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Die Zahlen für das Jahr 2016 stammen aus der Erhebung „Leben in Europa (EU-SILC)“. Europaweit liegt der Schnitt der Betroffenen bei 23,5 Prozent.

Exakt beträgt der Anteil 19,7 Prozent der Bevölkerung. In allen Altersgruppen ist das Risiko für Frauen höher als für Männer, am größten ist der Abstand zwischen den Geschlechtern in der Altersgruppe ab 65 Jahre.

Eine Person gilt als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Lebenssituationen zutrifft: Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.

Mit 16,5 Prozent der Bevölkerung war jeder Sechste in Deutschland armutsgefährdet. Als solches gilt ein Mensch, wenn er über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügt. 2016 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1064 Euro, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2234 Euro im Monat.

3,7 Prozent waren von erheblicher materieller Entbehrung betroffen. Das bedeutet, dass ihre Lebensbedingungen aufgrund fehlender finanzieller Mitteln eingeschränkt waren. Sie waren zum Beispiel nicht in der Lage, ihre Miete zu bezahlen, ihre Wohnungen angemessen zu heizen oder eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren.

9,6 Prozent der Bevölkerung unter 60 Jahren lebten in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung. Das umfasst Haushalte, in denen die Erwerbsbeteiligung der erwerbsfähigen Haushaltsmitglieder insgesamt weniger als 20 Prozent beträgt.

Im EU-Durchschnitt waren 17,3 Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht und 7,5 Prozent von erheblicher materieller Entbehrung betroffen. 10,4 Prozent lebten in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung.

Arme Menschen hätten oft große Schwierigkeiten, „am normalen gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“, erklärte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Der Sozialverband VdK nahm die Politik bei der Armutsbekämpfung in die Pflicht. „Armut ist ein drängendes Problem in Deutschland und ein unhaltbarer Zustand, den die neue Bundesregierung schnell angehen muss“, mahnte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. „Wenn trotz der guten wirtschaftlichen Konjunktur 16 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung in unserem Land bedroht sind, dann darf die Politik das Problem der Armut nicht länger kleinreden.“

Dringenden Handlungsbedarf sieht der VdK in verschiedenen Politikfeldern: „Ein wachsender Niedriglohnbereich, ein Mindestlohn, mit dem man kaum über die Runden kommt, Kürzungsfaktoren und hohe Abschläge, die die Alterseinkommen ausbremsen, kaum Beschäftigungschancen für Langzeitarbeitslose, Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung, die Versicherte einseitig belasten, hohe Mietbelastungen und Sozialleistungen, die zum Leben nicht reichen. Armut hat viele Ursachen“, sagte Mascher.

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