Abschiebungen NRW schiebt die meisten Flüchtlinge ab

Aus keinem anderen Bundesland reisen so viele Menschen freiwillig in ihre Heimat zurück, wie aus NRW. Gleichzeitig werden nirgendwo anders so viele Abschiebungen vorgenommen. Immer wieder sorgen Einzelfälle für Empörung.

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Die Zahl der Abschiebungen wird immer höher, aber auch immer mehr Menschen demonstrieren gegen Einzelfälle. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Bundesregierung hatte in den vergangenen Monaten zahlreiche Asylrechtsverschärfungen auf den Weg gebracht – und Regeln, um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber zu erleichtern. Nordrhein-Westfalen macht davon anscheinend besonderen Gebrauch. In keinem anderen Bundesland reisen so viele Menschen freiwillig aus, wie in NRW. Gleichzeitig nimmt aber auch kein anderes Bundesland so viele Abschiebungen vor.

In den ersten drei Monaten des Jahres 2017 wurden 2.099 Personen abgeschoben. Das sind 24 Prozent aller 8.620 Abschiebungen deutschlandweit, wie das Ministerium für Inneres und Kommunales am Mittwoch mitteilte. Immer wieder sorgen dabei Einzelfälle für Empörung und Protestwellen.

Erst vor wenigen Tagen sorgte der Fall eines 14-jährigen nepalesischen Mädchens in Duisburg für Aufsehen. Die in Lüdenscheid geborene Schülerin wurde vor anderthalb Wochen aus dem Unterricht am Duisburger Steinbart-Gymnasium abgeholt und mit ihren Eltern umgehend nach Nepal abgeschoben. „Es ist vor allem tragisch für das Kind, es ist verzweifelt in Nepal, wo es noch nie zuvor in seinem Leben war,“ sagte der Anwalt der Familie, Jörg Gorenflo dem WDR.

Auch die geplatzte Abschiebung eines jungen Afghanen aus Nürnberg war in der vergangenen Woche von zahlreichen Protesten begleitet worden. Schüler hatten mit einer Sitzblockade und Demonstrationen versucht, die Abschiebung zu verhindern. Noch am selben Tag hatte die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan nach einem schweren Terroranschlag in Kabul für viele Fälle vorerst ausgesetzt. Sie will Afghanen vorerst nur zurückschicken, wenn sie Straftäter oder sogenannte Gefährder sind – also Menschen, denen die Sicherheitsbehörden einen Terrorakt zutrauen.

Das Gleiche gelte für Menschen, die „hartnäckig ihre Mitarbeit an der Identitätsfeststellung“ verweigerten. Die Abschiebungen sind auch unter den Parteien im Bundestag umstritten, weil sich in Afghanistan der Konflikt zwischen Regierung und radikal-islamistischen Taliban verschärft und es landesweit Gefechte und Anschläge gibt.

Aus Deutschland kehrten im vergangenen Jahr rund 3.300 Afghanen freiwillig in ihre Heimat zurück. Zudem gab es 67 Abschiebungen. In diesem Jahr liegt diese Zahl nach Angaben der Behörden bei etwas mehr als 100. Die gestiegenen Abschiebezahlen sind zum Teil auch auf den erst kürzlich beschlossenen umstrittenen Gesetzentwurf der Bundesregierung zurückzuführen.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die erneuten Verschärfungen. Menschenrechtsorganisationen, Sozialverbände und die Opposition rügten diese dagegen heftig und sprachen von einem Angriff auf die Grundrechte von Schutzsuchenden. De Maizière bezeichnete das nun beschlossene Gesetz als „Schlusspunkt in dieser Legislaturperiode bei der Schärfung des Asylrechts“. Es wird erwartet, dass Union und SPD die Innere Sicherheit auch im Wahlkampf zum Thema machen werden.

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