Abschlusskundgebung Die FDP zwischen Abschluss und Abschied

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Keine Spur von Zweitstimmen-Wahlkampf

So teuer werden die Wahlversprechen der Parteien
Die Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln rechnen mit den Parteiprogrammen der Parteien ab. Sie haben sich die steuerlichen Auswirkungen der Wahlversprechen angesehen. Ein Überblick:CDU/CSU Besonders teuer kommt die Wähler die Sozialpolitik zu stehen: Hier fallen fiskalische Mehrbelastungen von 21,2 Milliarden Euro an, wovon 9,4 Milliarden Euro durch die Steuerpolitik wieder reingeholt werden. Bei Umsetzung des Programms sind also unterm Strich noch 12 Milliarden Euro über zusätzliche Abgaben einzutreiben. Deshalb wird das BIP nach fünf Jahren einen Rückstand von 0,1 Prozent aufweisen, schätzt das IW. Der Beschäftigungsstand läge knapp 100.000 Personen hinter dem Status-quo-Szenario. Quelle: dpa
SPDDie Sozialpolitik fällt bei der SPD sogar weniger ins Gewicht, als bei der Union: Hier wären es 18,2 Milliarden Euro. Zusammen mit der Steuerpolitik (40,9 Mrd.) fallen allerdings insgesamt 59,1 Milliarden Euro an, die durch zusätzliche Abgaben wieder hereingeholt werden müssen. Das BIP würde daher nach fünf Jahren um 0,7 Prozent geschrumpft sein, und der Beschäftigungsstand läge um 300.000 Menschen niedriger. Quelle: dpa
FDPEinzig das Programm der Liberalen würde sich laut IW nicht messbar auf Wachstumsprozess und Beschäftigungsstand auswirken und im Vergleich zu den anderen Parteien die geringsten Risiken bergen. Allerdings bliebe die FDP manche Konkretisierung schuldig, so die Forscher. Die Mehrausgaben in der Sozialpolitik sind mit 4 Milliarden Euro gering; durch Minderausgaben in der Steuerpolitik von 5,5 Milliarden bliebe unterm Strich eine Minderbelastung von 1,5 Milliarden Euro. Quelle: dpa
Bündnis 90/Die GrünenDie Pläne von Bündnis 90/Die Grünen verursachen Mehrbelastungen von 59,7 Milliarden Euro, zusammengesetzt aus 14,2 Milliarden für Sozial- und 45,5 Milliarden Euro für Steuerpolitik. Dadurch wären wie bei der SPD 300.000 Jobs gefährdet und das BIP würde um 0,7 Prozent zurückgehen. Dabei seien die zu erwartenden negativen Investitionsanreize infolge einer Vermögensteuer und deren beschäftigungsfeindliche Wirkung noch gar nicht eingerechnet, so das IW. Quelle: dpa
Die LinkeDie höchste Mehrbelastung für die Bürger und den Staatshaushalt ergibt sich laut IW aus den Plänen der Linken mit sage und schreibe 160,8 Milliarden Euro pro Jahr. Ausschlaggebend dafür sind vor allem die Steuerpläne sowie die Rücknahme aller bisherigen Rentenreformen: denn die Einsparungen in der Sozialpolitik (-10,2 Mrd.) werden durch 171 Milliarden Euro Mehrausgaben bei der Steuerpolitik mehr als aufgefressen. Der Beschäftigtenstand würde gegenüber dem Status Quo um 800.000 sinken, das BIP würde um 1,9 Prozent einbrechen. Quelle: dpa

Allerdings schafft es die FDP an diesem Samstag nicht nur zu polarisieren, sondern auch Menschen zu mobilisieren. Der Heinrich-Heine-Platz in der Düsseldorfer Altstadt ist voll, auch an den Rändern drängen sich noch viele Menschen, um einen Blick auf die Bühne zu erhaschen. Spannend waren vor allem Themen, die nicht angesprochen wurden, wie etwa die Zweitstimmenkampagne. Von einem offensiven Werben der Stimmen aus dem konservativen Lager keine Spur - einzig Guido Westerwelle bat um die Zweitstimme für die FDP.

Der Bundesaußenminister appellierte in seiner Rede an die Bürger, wählen zu gehen: Es sei eine Ohrfeige für Millionen Menschen weltweit, die gerne ein einziges Mal in ihrem Leben wählen gehen würden, das aber nicht dürfen. Demokratie brauche auch Demokraten, mahnte Westerwelle und freute sich dabei sogar über ein Plakat auf dem es hieß: "Do not trust in Guido" - "in was für einem tollen Land wir doch leben, in dem jeder seine Meinung sagen darf."

Offensiv warb er für ein Bündnis von Union und FDP als ein Garant für Toleranz: "Dass ich meinen Partner nicht mehr verstecken muss, das betrachte ich als großen Fortschritt für die Liberalität unserer Gesellschaft", sagte Westerwelle auf der Abschlusskundgebung. Für seine ungewöhnlich starke Rede erhält er wieder und wieder auch Zwischenapplaus.

Westerwelle scheint versöhnt mit seiner Rolle in der Partei und im Land - und er hat sichtlich Spaß am Wahlkampf und schafft dabei das, was Philipp Rösler nicht kann: Die liberale Botschaft in knappen Worten so zu vermitteln, dass sie direkt in den Köpfen der Menschen ankommt und dort bis Sonntag vielleicht auch noch etwas bewegt.

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