AfD-Chef Bernd Lucke "Die Große Koalition betreibt Unsinn"

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"Die Rentenbeiträge werden dank der Koalition steigen"

Schwarz-Rote Kompromisse
Gesundheits- und PflegepolitikMit Zustimmung der Parteivorsitzenden vereinbarten die Fachpolitiker, dass der von Krankenkassen erhobene Zusatzbeitrag künftig nicht mehr pauschal, sondern einkommensabhängig erhoben wird. Der allgemeine Beitragssatz soll bei 14,6 Prozent fixiert werden. Heute liegt der Beitragssatz bei 15,5 Prozent. Der Arbeitgeberbeitrag wird bei 7,3 Prozent eingefroren. Der Pflegebeitragssatz soll spätestens zum 1. Januar 2015 um 0,3 und später um weitere 0,2 Prozentpunkte erhöht werden.Gefahr: Ein Sozialausgleich aus Steuermitteln ist anders als bei den pauschalen Zusatzbeiträgen nicht mehr vorgesehen. Klamme Krankenkassen könnten mit den Beiträgen nicht auskommen.Folgen: Kassenmitgliedern könnten zusätzliche Lasten aufgebürdet werden. Einzelne Kassen in Finanzsorgen könnten von ihren Mitgliedern einen prozentualen Zusatzbeitrag verlangen. Quelle: dpa
Die Ziffern 8,50, symbolisch fuer die Forderung eines Mindestlohns von 8,50 Euro, stehen in Berlin vor dem Bundeskanzleramt bei einer Aktion des Duetschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Quelle: dapd
Ein Mitarbeiter des Autobauers Mercedes Benz hält am 24.02.2011 in Sindelfingen vor dem Werk ein Plakat mit der Aufschrift «Gleiche Arbeit? Gleiches Geld!» in die Höhe. Quelle: dpa
Zwei Rentner sitzen mit einer jüngeren Dame auf einer Bank am Ammersee. Quelle: dapd
Eine alte Dame sitzt in einem Seniorenheim in Berlin-Kreuzberg und hat Geldscheine in den Händen. Quelle: dpa
Eine Mutter hält beim Kochen ihr Kleinkind auf dem Arm. Quelle: dpa
Stromleitungen und Windkraftanlagen stehen vor dem Kohlekraftwerk in Mehrum (Niedersachsen) Quelle: dpa

Sie haben eingangs bereits deutlich gemacht, dass Sie auch mit den Rentenplänen der Großen Koalition nicht einverstanden sind.

Das kann man auch wahrlich nicht sein. Die Rentenkassen sind derzeit gut gefüllt. Das sagt aber nicht, dass unser Rentenversicherungssystem nachhaltig gut aufgestellt ist. Jeder weiß, dass die Zahl der Beitragsempfänger steigen wird, während die Zahl der Beitragszahler sinkt. Wenn wir jetzt weitere Ansprüche schaffen, die  praktisch irreversibel sind, dann verschlimmern wir die Finanzierungsproblematik. Hier wird eine gravierende Fehlentscheidung getroffen. Sie wirkt sich auch nachteilig auf die Wirtschaft aus. Wir haben heute schon erhebliche Lohnnebenkosten, auch durch den Rentenversicherungsbeitrag.  Wir bräuchten eine Entlastung. Die kommende Regierung aber legt den Grundstein dafür, dass der Beitragssatz nicht nur nicht gesenkt wird, sondern in der Zukunft weiter erhöht werden muss. Werden all die teuren Versprechen umgesetzt, ist perspektivisch auch die magische Grenze von 20 Prozent als Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung nicht zu halten.

Wenigstens sollen die Bürger an anderer Stelle entlastet werden: Eine Mietpreisbremse soll den Trend der steigenden Kosten für Nicht-Immobilienbesitzer stoppen.

Das ist wieder so ein Kurieren am Symptom. Das Problem der Wohnungsknappheit in einigen Ballungsräumen wird damit nicht gelöst. Investitionen in bestehende Immobilien werden gebremst. Man muss an die Ursache ran und die heißt Euro-Krise. Wegen dieser Krise haben die Menschen Angst vor Inflation. Die Menschen sehen historisch niedrige Zinsen. Also verschulden sie sich und kaufen Sachwerte – Immobilien. Wenn die Immobilienpreise steigen, steigen natürlich auch die Mieten. Wir müssen die Euro-Krise lösen, um die Blase auf dem Immobilienmarkt anstechen zu können und so die Preise in den Griff zu bekommen. Das hilft Käufern wie Mietern gleichermaßen.

Fakten zur Anti-Euro-Bewegung „Alternative für Deutschland“ (AfD)

Von der Europäischen Zentralbank ist keine Hilfe zu erwarten. Sie hat Anfang des Monats die Leitzinsen weiter gesenkt – aus Sorgen vor Deflation in Südeuropa. Ein richtiger Schritt?

Ich kann das Handeln der Notenbank in gewisser Hinsicht nachvollziehen. Ich glaube auch, dass in Spanien, Italien & Co. eine Deflationsgefahr besteht. Die EZB macht sich berechtigte Sorgen. Nur bräuchten die gesunden Euro-Länder eigentlich eine Zinserhöhung, um überschießende Vermögenspreise zu dämpfen und Inflation gar nicht erst entstehen zu lassen. Nun kann die EZB nicht zwei Herren dienen und zur Zeit dient sie eben den Südländern. Eine allgemeine Zinssenkung ist aber für die Eurozone als Ganzes ungeeignet. Das bessere Instrument wäre: Dafür zu sorgen, dass es wieder kräftiges Wachstum in den Krisenstaaten gibt. Das ginge am besten, indem man den Krisenländern erlaubt, aus dem Euro auszutreten und eine eigene Währung einzuführen. Meine alte Rede also. (lacht)

Irland und Spanien wachsen wieder – obwohl sie weiterhin den Euro haben.

Das ist schön, aber lassen Sie uns abwarten, wie nachhaltig das Wachstum sein wird. Spanien wächst derzeit gerade mal um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Im Vergleich zum Vorjahr sind Spanien und Italien um 1%-2% geschrumpft. Wir brauchen langanhaltendes, kräftiges Wachstum, um die hohe Verschuldung der Staaten zu reduzieren, das Problem der hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa in den Griff zu bekommen und genug Geld mit maroden Banken zu verdienen. Denn die eigentlichen Probleme sind noch immer völlig ungelöst: Die Staatsverschuldung ist höher denn je, die Exportpreise sind zu hoch und die Bankenkrise schwelt ungemindert vor sich hin. Nach wie vor sitzen irische und spanische Institute auf einer hohen Zahl von faulen oder zumindest dubiosen Krediten.

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