AfD-Chef Lucke im Interview „Wir nehmen in der Euro-Frage kein Jota zurück“

Die AfD gibt sich ein neues Parteiprogramm. Im Interview spricht Parteichef Lucke über den künftigen politischen Kurs, über die Erfolgsaussichten bei der Hamburg-Wahl und über die Nähe seiner Partei zur Pegida-Bewegung.

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Bernd Lucke: Der AfD-Chef blickt optimistisch in die Zukunft und erwartet, dass seine Partei mit acht Prozent in die Hamburger Bürgerschaft einzieht. Quelle: dpa

Bernd Lucke hat aufregende Tage hinter sich. Der Streit in der AfD-Spitze über die künftige Führungsstruktur hat die Partei belastet. Und ihr verheerende Schlagzeilen beschert. Am Ende hatte Lucke die Nase vorn. Im Interview redet er die Querelen klein. Es sei ja nun nicht gerade von „eminenter politischer Bedeutung“, wenn es unterschiedliche Meinungen darüber gebe, ob man künftig einen oder drei Vorsitzende habe, sagt er. „Inhaltlich sind wir über die Ziele, die wir erreichen wollen, außerordentlich einig.“ Darüber werde aber leider viel zu wenig berichtet. Lucke lässt sich davon nicht beirren. Er schaut nach vorn - auf die Hamburg-Wahl. Vielleicht triumphiert die AfD auch hier. Lucke ist sich dessen ganz sicher.

Herr Lucke, bisher kannte man die AfD als nur eurokritische Partei, jetzt kommen mit den Erfolgen in den Ländern weitere Themen dazu. Am Ende des Jahres soll es erstmals auch ein Parteiprogramm geben. Welche inhaltliche Ausrichtung schwebt Ihnen schwerpunktmäßig vor?

Die AfD war nie eine reine Anti-Euro-Partei. Gegen dieses Etikett haben wir uns von Anfang an gewehrt. Sie müssen nur unser Programm zur Bundestagswahl anschauen. Da haben wir einen großen Bogen gespannt von der Euro-Rettungspolitik bis hin zu den vielen Politikfeldern, die von den Altparteien vernachlässigt worden sind: Sozialversicherungen, Steuerrecht, Bildung, Familie, Zuwanderung usw. Entlang dieser Themen werden wir auch unser Parteiprogramm aufstellen. Und damit beginnen wir nicht bei null: Unsere Wahlprogramme und unsere politischen Leitlinien liegen ja vor und werden uns leiten.

Wird das Parteiprogramm am Ende eher wirtschafliberal oder bürgerlich-konservativ gefärbt sein?

Das ist doch kein Widerspruch. Das Programm wird sicherlich ein klares Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft enthalten. Wir wollen eine liberale Wirtschaftspolitik, die Leistung fördert und die Bedürftigen absichert. In den Bereichen Innere Sicherheit und Familienpolitik wird das Programm eher wertkonservative Züge tragen. In der Energiepolitik werden wir sicher eine klare Distanzierung von grün-ideologischen Zielvorstellungen festschreiben.

Wird die Euro-Politik einen Schwerpunkt einnehmen – und welche Stoßrichtung schwebt Ihnen vor?

Selbstverständlich bleiben wir uns in dieser Frage treu. Wir wollen den Euro in deutlich kleinere Verbünde aufbrechen oder völlig zu nationalen Währungen zurückkehren. Wir nehmen kein Jota zurück von dem, was wir in der Euro-Frage gesagt haben.

Die AfD – neue Volkspartei oder kurze Protestepisode?

Sehen Sie denn, abgesehen von der Euro-Politik, inhaltliche Überschneidungen mit anderen Parteien?

Demokratische Parteien müssen immer miteinander gesprächsbereit sein. Egal ob Zuwanderung, Bildung, Familienpolitik oder innere Sicherheit: Es gibt immer Felder, wo sich eine politische Zusammenarbeit lohnen kann. Die AfD will politisch gestalten und konstruktiv mitwirken, aber sie wird nicht ihre Seele verkaufen, um irgendwo in die Regierung zu kommen.

Am 15. Februar wird in Hamburg eine neue Bürgerschaft gewählt – wie schätzen Sie die Erfolgschancen Ihrer Partei ein?

Sehr gut. Wir werden mit einem guten Wahlergebnis in die Hamburger Bürgerschaft einziehen. Ich erwarte ein Ergebnis von zumindest 7 bis 8 Prozent.

Profitiert Ihre Partei möglicherweise von den aktuellen Debatten um Pegida und schärfere Sicherheitsgesetze?

Die Pegida-Bewegung scheint mir ein lokal begrenztes Phänomen zu sein, das andernorts in Deutschland wenig Zuspruch findet – auch nicht in Hamburg. Deshalb glaube ich nicht, dass Pegida wahlentscheidend sein wird. Ich denke eher, unser Wählerpotenzial speist sich aus Leuten, die eine SPD-Alleinherrschaft fürchten. Und aus solchen Bürgern, die eine wirtschaftsliberale Politik für ihre Stadt wollen. Bürger, die beispielsweise auch Wert darauf legen, dass bei der Olympia-Bewerbung die Kosten nicht aus dem Ruder laufen.

Zum Wahlkampfauftakt nahm ihr Spitzenkandidat Jörn Kruse aber zu einem anderen, wenig lokalen Thema Stellung. Er forderte handfestere Reaktionen auf die Terroranschläge in Frankreich.

Das ist doch auch richtig. Im Übrigen kann Jörn Kruse natürlich kurz nach den Anschlägen eine Wahlkampfveranstaltung nicht eröffnen, ohne zu den erschütternden Ereignissen etwas zu sagen.

Wie wichtig ist für die AfD ein Wahlerfolg in Hamburg?

Wir sind eine neue Partei. Deshalb ist für uns jede Wahl wichtig. Jede Wahl ist für uns eine neue Messlatte, um zu zeigen, dass die Wähler nach einer Partei wie der AfD dürsten.


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