AfD-Eklat in Sachsen Polizeigewerkschaft distanziert von Skandal-Abgeordnetem

In einer Parlamentsdebatte bedauert ein AfD-Politiker, dass die jüngsten Anschläge in Deutschland nicht die Merkel-Regierung getroffen hätten. Nun stellt sich heraus: Der Abgeordnete gehört der Polizeigewerkschaft an.

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Der sächsische AfD-Politiker Sebastian Wippel im Landtag in Dresden. Quelle: dpa

Berlin Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist auf Distanz zu einem ihrer Mitglieder gegangen, das im sächsischen Landtag für einen Eklat gesorgt hat. Konkret geht es um den AfD-Abgeordneten Sebastian Wippel. Der frühere Polizeikommissar und heutige innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion hatte am Mittwoch unter Bezug auf die Opfer der islamistischen Anschläge in Bayern und Baden-Württemberg gesagt, dass es „leider“ nicht politisch Verantwortliche getroffen habe. Dabei fiel auch der Name von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Äußerung hatte bei den anderen Parteien für Empörung und Zwischenrufe gesorgt.

Polizeigewerkschaftschef Rainer Wendt sagte dazu dem Handelsblatt, Wippel sei zu Recht „heftig“ kritisiert worden. Er sei aber kein Funktionsträger der Deutschen Polizeigewerkschaft, „deshalb spricht er auch nicht für unsere Organisation“. „Insofern ist dies kein Vorfall in der Polizeigewerkschaft, sondern einer, der sich im Parlament abgespielt hat.“ Wendt betonte zugleich, dass es außer Wippel „keine weiteren AfD-Mitglieder oder Funktionsträger“ gebe, die der Deutschen Polizeigewerkschaft angehören.

Gleichwohl liege es in der freien Entscheidung von Bürgern, sich politischen Parteien anzuschließen, das habe er nicht zu kommentieren. „Wo es um die Zugehörigkeit zu erkennbar verfassungsfeindlichen Organisationen geht, gibt es selbstverständlich für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes besondere Maßstäbe, die wir ausdrücklich unterstützen“, betonte Wendt. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes hätten sowohl innerhalb als auch außerhalb eine „Wohlverhaltenspflicht“. Das schließe die Zugehörigkeit zu verfassungsfeindlichen Organisationen aus. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder betrachteten die AfD jedoch nicht als eine solche Organisation und hätten deshalb auch eine Beobachtung der Partei abgelehnt.

Wippel hatte in der Debatte, in der es um die innere Sicherheit in Sachsen vor dem Hintergrund der Terrorbedrohung ging, Merkel vorgeworfen, mit ihrer Flüchtlingspolitik „die Kontrolle über Deutschland abgegeben“ zu haben. „Unsere Bundeskanzlerin hat uns hier eine Suppe eingebrockt. Eine Suppe, die niemand bestellt hat, nach dem Rezept 'Wir schaffen das'.“ Dafür habe man mit den Anschlägen in Bayern und Baden-Württemberg die Quittung bekommen. „Leider hat es nicht die Verantwortlichen dieser Politik getroffen.“

Später sagte er, dass er nur habe deutlich machen wollen, dass die Bürger die Konsequenzen aus der verfehlten Politik zu tragen hätten. „Ich wünsche natürlich niemandem den Tod.“ Alles andere sei eine „böswillige Interpretation“.

SPD-Fraktionschef Dirk Panter bezeichnete Wippels Äußerungen hingegen als „menschenverachtend“ und erinnerte den Polizisten an seinen Amtseid, mit dem das Gesagte unvereinbar sei. Der CDU-Innenexperte Christian Hartmann fand die Ausführungen des AfD-Politikers „sehr gewagt“. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmar fand deutlichere Worte und sagte dem Handelsblatt: „Diese Entgleisung ist inakzeptabel. Die Radikalisierung der AfD beschleunigt sich.“ Die Partei habe unter ihrer Fraktionschefin und Bundesvorsitzenden Frauke Petry „jede Hemmung und jeden Anstand verloren“.

Der Grünen-Abgeordnete Valentin Lippmann nannte die Äußerungen niederträchtig und sprach von einer „Lehrstunde“ über das Wesen der AfD, die deutlich mache, „wohin es führt, wenn man sich in einer Welt aus Verschwörungstheorien und Hass in der politischen Auseinandersetzung bewegt“.

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