AfD-Europaabgeordnete Von Storch wechselt zu britischen Rechtspopulisten

Ihre EU-Fraktion wollte sie schon länger loswerden. Nun kommt die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch ihrem Rausschmiss zuvor und tritt aus der EKR-Fraktion aus. Wie wird sich ihr Kollege Marcus Pretzell  verhalten?

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AfD-Vize von Storch verlässt ihre EU-Fraktion im Streit. Quelle: dpa

Beatrix von Storch, Mitglied des EU-Parlaments und stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, hat ihren Austritt aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) erklärt. Sie zieht damit die Konsequenz aus einem wochenlangen Streit mit Fraktionskollegen, die sowohl sie als auch den AfD-Europaparlamentarier Marcus Pretzell aus der Fraktion ausschließen wollten. Hintergrund sind umstrittene Äußerungen der beiden zum Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge.

Von Storch erklärte nun in einer Pressemitteilung ihren Eintritt in die Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD). „Gerne gehe ich diesen Schritt, der ein Signal ist, insbesondere so kurz vor dem britischen Referendum über den Verbleib in der EU“, sagte von Storch. Die AfD und die EFDD um Ukip verbinde die Forderung, über wichtige Fragen Volksabstimmungen durchzuführen. „Wie den Briten sollte auch den Deutschen die Möglichkeit gegeben werden, über ihren Verbleib in EU und Euro-Zone in einem Referendum abzustimmen“, betonte die AfD-Politikerin.

Die EFDD wird von EU-feindlichen Ukip angeführt. Die Partei und ihr Vorsitzender Nigel Farage setzen sich schon länger für einen EU-Austritt Großbritanniens ein. Der britische Premier David Cameron hatte die UKIP-Mitglieder einst als „Spinner, Irre und heimliche Rassisten“ bezeichnet.

Von Storch gab sich indes überzeugt, in der EFDD „ein passendes politisches Umfeld“ gefunden zu haben, aus dem heraus sie ihre politische Arbeit „bestmöglich“ gestalten könne. „Uns verbindet unser Eintreten für eine freiheitliche Wirtschaftspolitik, Bürgerrechte, direkte Demokratie und Souveränität der Mitgliedstaaten“, sagte sie. Auch bei der Ablehnung von Einschränkungen des Freihandels durch Wirtschaftssanktionen gegen Russland und dem Widerstand gegen eine neue Blockpolitik durch das geplanten EU-Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) gebe es Übereinstimmung. Zudem wende sich die EFDD anders als die EKR gegen die Aufnahme der Türkei in die EU.

Der Abgang von Storchs aus der EKR-Fraktion hatte sich schon länger abgezeichnet. Anfang März war die AfD von der EKR-Spitze zum Austritt aus der Fraktion aufgefordert worden. Bis Ende des Monats hatten von Storch und ihr Fraktionskollege Marcus Pretzell Zeit, freiwillig auszuscheiden, andernfalls sollte am kommenden Dienstag über einen Ausschluss abgestimmt werden.


Nicht mit der AfD-Spitze abgestimmt

Von Storch vermutete schnell eine Kampagne von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter dem Vorhaben. Die Kanzlerin wolle einen Erfolg der AfD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt an diesem Sonntag verhindern, hatte sie auf ihrer Facebook-Seite geschrieben. Sie habe deshalb Einfluss auf den britischen Premierminister Cameron ausgeübt. Dessen Partei stellt die größte Gruppe in der EKR.

In einer Pressemitteilung, die Pretzell verschickte, hatte es geheißen: „Das politische Amok-Paar Merkel-Cameron wittert seine letzte Chance“. Hans-Olaf Henkel, der von der AfD zur neuen Partei Alfa gewechselt war, sagte damals, diese Äußerungen seien „grotesk“ und hätten in der EKR-Fraktion für großen Unmut gesorgt.

Anlass für die Entscheidung der EKR-Spitze waren Kommentare der AfD-Politiker zur Flüchtlingskrise. Von Storch hatte erklärt, dass sie es für gerechtfertigt halte, Migranten mit Waffengewalt an einem illegalen Grenzübertritt zu hindern. Pretzell hatte sich ähnlich geäußert. Von Storch bezeichnete ihre Äußerungen später als Fehler.

Von Storch warf nun, der EKR-Fraktion „gezieltes AfD-schädigendes Verhalten“ vor den Landtagswahlen vom 13. März vor, weswegen sie die Zusammenarbeit nicht weiter fortsetzen wolle. Auch sah sich die AfD-Politikerin offenbar von der Fraktionsvorsitzenden Syed Kamall unter Druck gesetzt, die damit begonnen habe, „mir meine Ausschussmitgliedschaften streitig zu machen“. Die bisher vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Fraktionsführung sei durch diese Vorfälle „irreparabel beschädigt“, erklärte von Storch.

Offenbar war der Wechsel von Storchs in die EFDD-Fraktion nicht mit dem AfD-Bundesvorstand abgestimmt. Justus Bender, Politikredakteur bei der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sprach auf Twitter von einem „Alleingang“, der Politikerin. Zu Pretzell twitterte die „Junge Freiheit“, der Europaabgeordnete „bleibt anders als @Beatrix_vStorch bis auf weiteres in der EKR-Fraktion“.

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