AfD-Gespräch mit Muslimen-Verband Islam-Spektakel endet im Eklat

Es kam, wie es kommen musste: Das Gespräch zwischen der AfD-Spitze und dem Zentralrat der Muslime wurde vorzeitig abgebrochen. Ein Grund: Der Muslimen-Vertreter wollte sich nicht für einen Nazi-Vergleich entschuldigen.

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Der Chef des Zentralrats der Muslime und die Vorsitzende der AfD: Mehr als Händeschütteln war nicht - ein Eklat beendete das Gespräch frühzeitig. Quelle: AFP

Berlin Der Termin für das Treffen zwischen der AfD und dem Zentralrat der Muslime (ZMD) hätte nicht besser gewählt sein können: Ausgerechnet am Tag des Grundgesetzes kamen Repräsentanten beider Seiten zu einem Gespräch im Berliner Regent-Hotel zusammen. Der Zentralrats-Chef Aiman Mazyek hatte AfD-Chefin Frauke Petry eingeladen. Noch am Montagmorgen hielt er der Partei vor, mit ihrem grundgesetzwidrigen Programm die Lebensumstände der Muslime einzuschränken. Da hatte Mazyek aber noch die Hoffnung, dass sie das vielleicht zurücknehmen würde.

Doch die Hoffnung wurde nicht erfüllt. Der 60-Minuten-Termin brachte keine Annäherung. Im Gegenteil: Bei der Aussprache kam es zum Eklat. Mazyek wollte sich nicht für seinen Nazi-Vergleich entschuldigen und forderte stattdessen die AfD zum Einlenken ein. „Man hat von uns verlangt, ein demokratisch beschlossenes Parteiprogramm zurückzunehmen“, empörte sich Petry. „Das hat uns schockiert.“ Mazyek wiederum warf der AfD vor, den gesellschaftlichen Frieden zu gefährden. Sie fälle ein pauschales Urteil gegen eine ganze Religionsgemeinschaft.

Dass sich beide Seiten nicht grün sind und vor allem die AfD ein Problem mit der Religion der Muslime hat, bekundet die rechtspopulistische Partei bereits in ihrem Anfang Mai beschlossenen Grundsatzprogramm, in dem es heißt, „der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Mit Nachdruck wendet sich die Partei darin gegen die Vollverschleierung von Frauen, sogenannte Burkas, den Bau von Minaretten und das Schächten von Tieren, die von Juden und Muslimen praktizierte Schlachtung.

Der ZMD-Vorsitzende sah darin einen Beleg, „dass es zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland eine Partei gibt, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht“, was die AfD schon im Vorfeld des heutigen Gesprächs umgehend als „niveaulos und in der Sache völlig ungerechtfertigt“ zurückwies. Die Muslime dürfen sich gleichwohl prominenter Unterstützung sicher sein. „Jeder darf bei uns seinen Glauben frei leben“, ließ Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) die AfD kurz vor dem Treffen mit dem Zentralrat wissen.

Das sehen auch Staatsrechtler so. Die im Grundgesetz gewährleistete Religionsfreiheit umfasse „nicht nur das Haben einer religiösen Überzeugung, sondern auch deren Betätigung, auch in der Öffentlichkeit“, sagte der Rektor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland, dem Handelsblatt zur Ablehnung des Islam im AfD-Programm. „Der Ruf des Muezzins und der Bau von Minaretten fallen deshalb genauso in den Schutzbereich der Religionsfreiheit wie das Läuten von Kirchenglocken und der Bau von Kirchtürmen.“ Auch das Schächten sei  vom Grundrecht der Religionsfreiheit geschützt, so Wieland.


AfD-Co-Chef Meuthen: „Ich bin nicht gegen Moscheen in Deutschland“

Diese Einsicht scheint sich auch in Teilen der AfD herumgesprochen zu haben. Dem Co-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen gehen inzwischen manche islamkritischen Formulierungen seiner Partei zu weit. „Ich bin nicht gegen Moscheen in Deutschland“, sagte Meuthen den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Moscheen gehören dazu. Das sind Orte der Religionsausübung. Wir müssen nur sehr genau hingucken, was dort gepredigt wird.“ Für ihn gelte: „Moslems sollen ihren Glauben leben dürfen, aber friedlich.“

In der Parteispitze dürfte Meuthen mit dieser Auffassung jedoch weitgehend alleine dastehen. Seine Co-Vorsitzende Petry hatte vor dem Treffen mit den Muslimen ihren Ton sogar noch verschärft. Neben Minaretten lehnte sie auch das Kopftuch für muslimische Frauen ab. „Weder Minarette noch der Muezzinruf oder die verschiedenen Verschleierungsarten von Frauen sind entscheidend für die islamische Religionsausübung“, sagte Petry der „Bild am Sonntag“.

Die AfD-Vorsitzende warnte überdies vor einer weiteren Zuwanderung von Muslimen nach Deutschland und Europa: „Wir sehen wesentliche Errungenschaften der Aufklärung in Gefahr, wenn wir diesen Weg der ungeregelten Migration, verbunden mit dem Import eines religiösen Radikalismus, weitergehen.“ Sie äußerte zudem die Sorge, dass sich etwas zusammenbrauen könne, was „nicht mehr kontrollierbar“ sei, „wenn mehr als die Hälfte der Muslime im Zweifel der Scharia den Vorrang vor dem jeweiligen Landesrecht geben“.

Als vehementer Islam-Gegner gelten auch führende Vertreter des rechtsnationalen AfD-Flügels. Der Thüringer Landeschef Björn Höcke, warnte davor, in dem Gespräch mit dem Muslimen-Chef „zwanghaft einen Konsens“ finden zu wollen. Mit Höcke kann es den ohnehin nicht geben. Er ist gerade dabei einen Moscheeneubau in seinem Bundesland zu verhindern – mit Unterstützung der islamfeindlichen Pegida-Bewegung.

Mit dem Auftritt des stellvertretenden Chefs der islam- und fremdenfeindlichen Bewegung Siegfried Däbritz am vergangenen Mittwoch in Erfurt habe man die Verbundenheit mit Pegida zeigen wollen. „Es gibt gemeinsame Zielsetzungen“, sagte Höcke dem MDR. Der Chef der AfD in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, ging noch weiter. „Der Schulterschluss (mit Pegida) besteht doch längst“, schrieb er bei Twitter.

Und Poggenburgs Landesverband lebt diesen Schulterschluss sogar – ohne, dass dies mit irgendwem in der Partei zuvor abgesprochen gewesen wäre. So konnte der Magdeburger Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider als erster Mandatsträger der AfD ungehindert auf einer Pegida-Kundgebung in Dresden eine Rede halten.


AfD-Patrioten wollen Anti-Pegida-Beschluss der Parteispitze aufheben

Der Islamwissenschaftler ist Anhänger der sogenannten „Neuen Rechten“ und Sprecher der „Patriotischen Plattform“ in der AfD. In islamfeindlichen Bewegungen wie „Pegida“ und „Legida“ sieht Tillschneider eine Basis der AfD. Bei seinem Auftritt in Dresden dankte er Pegida denn auch dafür, dass sie „den Boden für die neue Islampolitik der AfD bereitet“ habe. Den wegen Volksverhetzung verurteilten Pegida-Chef Lutz Bachmann schlug Tillschneider für das Bundesverdienstkreuz vor.

Bundesparteichef Meuthen hält Tillschneiders Verhalten für inakzeptabel. „Den Auftritt Herrn Tillschneiders bei der Pegida-Kundgebung in Dresden und seine dort getanen Äußerungen, insbesondere die, Herrn Bachmann für das Bundesverdienstkreuz vorzuschlagen, halte ich für völlig unangemessen“, sagte Meuthen dem Handelsblatt. Von einem Schulterschluss mit den Islamfeinden will Meuthen erst recht nichts wissen. „Er wäre auch weder im Sinne meiner Partei noch meiner selbst“, sagte er.

AfD-Bundesvize Beatrix von Storch sieht das genauso. Sie verweist auf einen entsprechenden Beschluss des Bundesvorstandes, wonach AfD-Mitglieder weder als Redner noch mit Parteisymbolen bei Pegida-Veranstaltungen auftreten sollen.

Doch was nutzen Parteibeschlüsse, wenn sich manche Mitglieder erst gar nicht daran halten. Oder, wie Tillschneider, gleich öffentlich infrage stellen? Den von Storch genannten Beschluss nannte Tillschneider auf der Facebook-Seite der „Patriotischen Plattform“ einen schweren Fehler.

„Er spaltet das patriotische Lager, gefährdet den Zusammenhalt der AfD und schwächt den Widerstand gegen die etablierte Politik. Er setzt ohne Not alles aufs Spiel, was wir bislang erreicht haben.“ Sei das der Dank dafür, dass Pegida vor den Landtagswahlen am 13. März dazu aufgerufen habe, AfD zu wählen? Der Bundesvorstand müsse daher diesen Beschluss „unverzüglich“ aufheben.

Damit ist weiterer parteiinterner Ärger vorprogrammiert. Und es wird immer offenkundiger, dass sich die AfD keinen Gefallen damit getan hat, nach der Flüchtlingskrise auf den Islam als nächstes gesellschaftliches Großkonfliktthema zu setzen.

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