AfD-Goldhandel unter Beschuss „Robin Lucke will die Staatskasse plündern“

Die AfD versucht, mit Gold-Geschäften ihre Einnahmen zu steigern, um in den Genuss staatlicher Zuschüsse zu kommen. Das stößt auf Kritik. Koalition und Opposition erwägen, diese Praxis per Gesetz zu unterbinden.

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Der Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke: Die Gold-Euphorie der AfD ruft die anderen Parteien auf den Plan. Quelle: dpa

Berlin Die Alternative für Deutschland (AfD) hat mit ihrem Einstieg in den Goldhandel für viel Wirbel gesorgt. Parteichef Bernd Lucke machte zuletzt in der Talkshow „Hart aber fair“ unverhohlen Werbung für das Edelmetall - und erntete dafür viel Kritik. Jetzt gehen die Kritiker noch einen Schritt weiter.

Politiker aus Koalition und Opposition erwägen nun, per Gesetz gegen den umstrittenen Goldhandel der AfD vorzugehen. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob das Goldhandel-Modell zulässig ist und ob für die Parteienfinanzierung der millionenschwere Umsatz oder nur der viel geringere Gewinn berücksichtigt werden darf.  „Mit Umsätzen aus Goldgeschäften bläht die AfD ihren Haushalt auf“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, dem Handelsblatt. Sie könne auch ein großes Aktienpaket kaufen und eine Minute später verkaufen. „Wenn mit solchen Geschäften die Obergrenze ausgehebelt werden könnte, müsste das Parteiengesetz geändert werden.“

Die Verfassung verlangt, dass sich Parteien in erster Linie selbst finanzieren. Mehr als die Hälfte ihrer Mittel darf daher nicht vom Staat kommen. Deshalb ist im Parteiengesetz für Staatszuschüsse eine Obergrenze von 50 Prozent festgelegt.

Auch in der Union wird eine Gesetzesverschärfung nicht ausgeschlossen. „Eine Partei sollte Politik machen und nicht mit Gold handeln“, sagte CDU-Bundesvize Thomas Strobl dem Handelsblatt. Das sei peinlich für eine politische Partei. „Die AfD entpuppt sich mit ihren internen Querelen und dem Goldverkauf als Partei, die keine Lösungen für die tatsächlichen Probleme in Deutschland hat.“

Der Chef der AfD, Bernd Lucke, wies die Kritik als Heuchelei zurück. „Wenn sich die anderen Parteien von ihren Unternehmensbeteiligungen trennen, wird das die AfD sehr gerne auch tun“, sagte Lucke dem Handelsblatt. „Es ist sicherlich aufrichtiger, offen Gold zu verkaufen als mit Anteilen an Zeitungsverlagen die öffentliche Meinung zu steuern.“ Die SPD hält über die parteieigene Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) Anteile an verschiedenen Tageszeitungen.


AfD-Chef Lucke: „Hier schimpfen die Satten auf den Hungernden“

Im Übrigen, so Lucke weiter, prelle die AfD nicht den Staat. „Staatliche Parteienfinanzierung, die der AfD nicht zugutekommt, würde den anderen Parteien zufließen, und diese bekommen jetzt schon viel mehr als die AfD.“ Ihre Fraktionen und ihre Stiftungen erhielten immer noch ein Vielfaches von dem, was die AfD in den nächsten Jahren erzielen könne. „Hier schimpfen die Satten auf den Hungernden“, sagte der AfD-Chef.

Die AfD will mit dem Verkauf von Goldbarren und -münzen ihre Parteifinanzen sanieren. Sie hofft, dadurch zwei Millionen Euro zu erlösen. Denn nur dann würde sie nicht nur drei Millionen Euro an staatlichen Zuschüssen für 2014 erhalten, sondern die ihr maximal zustehende Summe von fünf Millionen Euro. Maßstab für die Verteilung der staatlichen Zuschüsse ist neben dem Wahlerfolg und den Mitgliedsbeiträgen einer Partei auch die Summe der eingenommenen Spenden.

Laut „Spiegel“ hat die eurokritische Partei in nur elf Werktagen Münzen und Goldbarren im Wert von 1,6 Millionen Euro verkauft. Die Bundestagsverwaltung prüft derzeit, ob das Goldhandel-Modell zulässig ist. „Ob eine Änderung im Parteiengesetz aufgrund dieser Aktivität nötig ist, ist nach der abgeschlossenen Prüfung der Bundestagsverwaltung zu entscheiden“, sagte die SPD-Innenexpertin Gabriele Fograscher.

Die Linkspartei sieht schon jetzt Handlungsbedarf. „Der Goldhandel der AfD ist nichts weiter als ein raffiniertes Abzocker-Modell. Effektiv werden Spenden von Vermögenden an die AfD gratis gestellt. Die AfD bekommt das Geld, die Spender das Gold, und der Staat ist der Dumme, der alles bezahlt“, sagte Linken-Chef Bernd Riexinger dem Handelsblatt. Darauf müsse mit einer Verschärfung des Parteiengesetzes reagiert werden, verlangte Riexinger. „Es kann nicht sein, dass Parteien im großen Stil herumspekulieren und damit Scheineinnahmen generieren“, sagte er. „Das sind in Wirklichkeit verdeckte Spenden auf Staatskosten. Das muss verboten werden.“

Ähnlich äußerte sich der Grünen-Innenexperte Volker Beck. „Robin Lucke will die Staatskasse plündern: Die Goldgräberstimmung bei der AfD zeigt die ganze finanzielle Unseriosität dieser Partei“, sagte Beck dem Handelsblatt. Wenn es um das „Ergaunern von Staatsknete“ gehe, sei dieser Partei offensichtlich jedes Mittel recht. „Folgt man der Logik der Schatzmeisterei der AfD wären selbst Verlustgeschäfte lukrativ: Man könnte Gold oder was auch immer zu 90 Prozent des Wertes verhökern, um die Zahlungen in der Bilanz als Einnahme zu verbuchen“, kritisierte Beck.

Durch die Zahlungen aus der Staatskasse an die Partei würde sich das dennoch rentieren. Dies könne aber „vom Parteiengesetz nicht gemeint oder gewollt sein“, so Beck. „Sollte es hier tatsächlich Zweifel am Gemeinten im Parteiengesetz geben, müsste die Bundestagsverwaltung dem Parlament unverzüglich eine Formulierung für eine Gesetzesänderung vorschlagen.“


Parteienrechtler: Politik muss sich dem Problem annehmen

Beck hält es für verwegen, wenn die AfD glaube, dass mit Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit gemäß Paragraf 24 Parteiengesetz der Umsatz und nicht der Gewinn gemeint sein könnte. Das könne nur „finanzpolitischen Hasardeuren“ einfallen. „Keine seriöse Partei ist bislang auf eine solche Idee verfallen“, sagte er.

Juristen halten die Gold-Idee ebenfalls für fragwürdig und die Passage des Parteiengesetzes, die das Modell ermöglicht, für verfassungswidrig. Und auch Parteienrechtler hegen große Zweifel. „Die Goldgeschäfte der AfD werfen die Frage auf, ob wirklich alle Einnahmen einer Partei für die relative Obergrenze berücksichtigt werden sollen“, sagte Hans Michael Heinig, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht an der Universität Göttingen, dem Handelsblatt. Das geltende Recht sehe das zwar so vor. „Freilich bläht die AfD ihre Bilanz hier gezielt und künstlich auf, um eine höhere staatliche Parteienfinanzierung zu erzielen“, konstatierte der Jurist. Das unterscheide ihr Geschäftsgebaren etwa von Unternehmensbeteiligungen der SPD.

Andererseits empfehle es sich nicht, gleich alle Parteieinnahmen aus wirtschaftlichen Aktivitäten unberücksichtigt zu lassen, sagte Heinen weiter. „Denn das würde den Zweck der relativen Obergrenze grundlegend ändern.“ Daher sei es sinnvoll, wenn sich die Politik nun diesem Problem annehme. „Eine rechtsstaatlichen Grundsätzen und seriösem Haushalten verpflichtete Partei sollte von solchen Finanzierungsmodellen einfach die Finger lassen.“

Überhaupt stellt sich die Frage, ob es wirklich clever von der AfD war, ins Gold-Geschäft einzusteigen. Denn das Edelmetall verliert derzeit deutlich an Attraktivität. Nachdem der Goldpreis im letzten Jahr um mehr als 400 Dollar abgestürzt war, ging es 2014 zunächst wieder mühsam bergauf. Doch im Oktober büßte das Edelmetall seine Gewinne wieder ein und stand zuletzt bei etwa 1174 Dollar - dem tiefsten Stand seit über vier Jahren.

Silber geriet noch heftiger unter die Räder und notierte so niedrig seit März 2010 nicht mehr. „Spekulanten steigen aus und schauen sich nach renditestärkeren Alternativen um“, sagt Analyst Jasper Lawler vom Handelshaus CMC Markets. Anders als viele Wertpapiere werfen Edelmetalle keine Zinsen ab.


Trübe Perspektiven beim Edelmetall Gold

Deshalb liegt ein Grund für die trüben Perspektiven beim Edelmetall in der Aussicht auf steigende Leitzinsen in den USA. Am vergangenen Mittwoch beschloss die US-Notenbank Fed bereits, das milliardenschwere Anleihekaufprogramm zu beenden, mit dem sie die Konjunktur zwei Jahre lang gestützt hatte. Sollte die Wirtschaft ihre aktuelle Fitness halten, könnte auch die Zinspolitik bald gestrafft werden. „Die Fed dürfte die Zinsen früher anheben als allgemein erwartet, möglicherweise bereits im März“, sagt US-Chefökonom Paul Ashworth vom Analysehaus Capital Economics.

Steigende Leitzinsen - das bedeutet weniger billiges Geld und damit tendenziell weniger Inflationsgefahr. Gold verliert dadurch an Attraktivität, denn es ist besonders als Wertspeicher bei ausufernder Teuerung gefragt. Zudem wird das Edelmetall vorwiegend in Dollar gehandelt und verteuert sich entsprechend, wenn die US-Währung aufwertet. Genau das ist momentan der Fall. Weil Amerika wirtschaftlich besser in Form ist als beispielsweise die Euro-Zone, setzen die Finanzmärkte auf den Dollar statt auf den Euro.

Eine Hoffnung für die Gold-Fans der AfD gibt es allerdings. Wenn der US-Notenbank der reibungslose Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik misslingt, könnte es zu Turbulenzen an den Märkten kommen, die das Edelmetall als Antikrisenwährung profitieren lassen. „Wir haben noch nie Erfahrungen mit einer vergleichbaren Situation gemacht“, sagte der ehemalige Fed-Chef Alan Greenspan kürzlich bei einer Veranstaltung der Denkfabrik Council of Foreign Relations in New York - und riet, sich mit Gold abzusichern.

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