AfD Kasse machen mit den Rechtspopulisten

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Herr Elsässer auf Hass-Tournee

Jürgen Elsässer hat keine Leser, der Mann hat Fans. Als er die Bühne des Kulturhofs im Örtchen Kosma bei Altenburg betritt, brandet Applaus auf. Dann ruft Elsässer: „Die ganze Welt will Deutschland am liebsten abschaffen, außer ein paar Deutschen. Und diese paar müssen sich zusammentun.“ Aus dem Applaus wird Jubel, die Menge steht auf und skandiert den Bürgerrechtsslogan „Wir sind das Volk“.

600 Menschen sind zusammengekommen, in diesem Nest ohne Supermarkt oder Bäckerei. Die drei Straßen des Örtchens sind voller Autos, den Kennzeichen nach nehmen die Menschen weite Wege auf sich, um Elsässer zu sehen. Mainz, Nürnberg, Hannover, viel Leipzig, ein bisschen Vogtland.



Eine Stunde lang spricht Elsässer, unterbrochen nur von den Zwischenrufen der Zuhörer, die je nach Thema das Volk beschwören oder die Mainstreampresse verdammen.

Es ist eine demagogische, eine politische Rede, einerseits, aber zugleich auch eine einzige Werbeveranstaltung. Denn Elsässer ist nicht nur ein so radikaler wie begnadeter Redner, er ist auch Chefredakteur und Miteigentümer des Magazins „Compact“. Am Eingang gibt es einen „Compact“-Verkaufsstand, viele der Anwesenden tragen das Magazin als Accessoire unter dem Arm mit sich herum. Es passt so schön zum Runen-Shirt. Zwar veröffentlicht der Verlag keine Bilanz, ein einziger dürrer Bundesregisterauszug weist einen Verlust von 45 000 Euro für das Jahr 2011 aus.

Seitdem aber hat sich offensichtlich vieles geändert. Elsässer selbst preist sich mit einer Auflage von aktuell 80 000 Stück, da sich das Blatt nicht den objektiven Zählmethoden der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) unterwirft, lässt sich das zwar nicht überprüfen. Es spricht jedoch einiges dafür, dass die Erfolgsgeschichte im Kern stimmt.

An einer Handvoll Bahnhofskioske, die am Monatsanfang Dutzende der Magazine im Programm haben, heißt es: „Das Magazin war die vergangenen Monate immer als eines der ersten ausverkauft.“ Das bestätigen auch Manager aus dem Grossovertrieb.

Verhältnismäßig objektiv spiegelt sich der Erfolg in den Zugriffszahlen der Homepage. Allein seit Beginn der Flüchtlingsdebatte im Spätsommer 2015 haben sie sich fast verfünffacht, im Januar waren es laut Informationsdienst SimilarWeb mehr als 1,5 Millionen.

Wie viel Geld Elsässer damit verdient, lässt sich schwer sagen. Allein die Ausweitung des Angebots lässt jedoch darauf schließen, dass es sich lohnt. Unter dem Label „Compact Live“ tritt Elsässer inzwischen fast monatlich auf, die Dauertournee des Hasses führt ihn vor allem durch die ostdeutsche Provinz. Wem das nicht genug ist, der kann seit dem vergangenen Jahr sogar „Compact-Leserreisen“ buchen.

Dabei bestimmt die Gesinnung die Route. Eine Reise zu „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ führt die Teilnehmer für 885 Euro in die Sächsische Schweiz, eine andere für „Bildung und Baden“ auf die Krim. Bei der aktuellen Tour in die Masuren ist als Führer Peter Feist von der Firma „History Tours“ dabei – der Neffe von Margot Honecker ist regelmäßiger Pegida-Redner.

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