AfD-Krach Petrys Welt

Seite 2/3

"Sie wollen keine direkten Antworten geben"

Den AfD-Sprecher gibt es in Petrys Welt inzwischen nicht mehr. Sie hat die Zusammenarbeit mit Christian Lüth beendet. Was allerdings nur für sie selbst gilt. Die übrigen Bundesvorstandsmitglieder nehmen seine Dienste weiter in Anspruch. Petry begründete ihre Entscheidung mit Kritik an Lüths Arbeit, die übrigen Bundesvorstandsmitglieder schlossen sich dieser Kritik jedoch nicht an, wie die FAZ schreibt. In der Parteiführung werde der Vorgang dem Vernehmen nach als eines von mehreren Zeichen einer zunehmenden Isolierung von Petry gesehen. Dort sei ihre Amtsführung zuletzt immer offener kritisiert worden.

Die „Zeit“ berichtet, die Terminpanne am Tag nach den Landtagswahlen am 13. März, wo Petry trotz einer Zusage des Pressesprechers nicht zum Interview im ZDF-„Morgenmagazin“ erschienen war, habe letztlich ihre Entscheidung befördert, sich von Lüth zu trennen. Dass sich nach dem geplatzten Termin ein heftiger Disput zwischen Petry und dem ZDF entzündete, ist eine besonders bizarre Merkwürdigkeit in der Welt der AfD-Chefin.

Reaktionen aus den Ländern
Björn Höcke, AfD Quelle: REUTERS
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner: Quelle: dpa
Ralf Stegner, SPDSPD-Vize Ralf Stegner erwartet ungeachtet des schwachen Abschneidens bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt keine Diskussion über Parteichef Sigmar Gabriel. "Nein, kein Stück", sagte Stegner am Sonntag in der ARD. "Wir werden jetzt gemeinsam schauen, dass wir jetzt die nächsten Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin gut machen und im nächsten Jahr im Bund. Und der Rückenwind aus Mainz wird uns dabei helfen." In Rheinland-Pfalz sind die Sozialdemokraten stärkste Partei geworden. Zum Erfolg der rechtspopulistischen AfD sagte Stegner: "Die AfD hat mit Angstmacherei Punkte gemacht. Wir rücken nicht nach rechts." Quelle: dpa
Alexander Gauland, AfD Quelle: dpa
Sigmar Gabriel, SPD Quelle: REUTERS
Frauke Petry, AfD Quelle: AP
Katrin Budde, SPD Quelle: REUTERS

Auslöser war, dass die die Moderatorin der Sendung, Dunja Hayali, sich über die sozialen Medien verwundert über die Erklärungen der AfD gezeigt hat, woraufhin Petry in einer Pressemitteilung loswetterte. Hayali warf sie vor, „zunehmend mehr als politische Aktivistin denn als professionell arbeitende Journalistin“ aufzutreten, unter anderem wegen ihres Engagements für die Vereine „Gesicht zeigen!“ und „Respekt! Kein Platz für Rassismus“. Die Attacke Petrys gipfelte schließlich in der indirekten Aufforderung an den Sender, Hayali von der Moderation des „Morgenmagazins“ abzuziehen. Das ZDF wies die Angriffe ebenso als abwegig zurück wie der Deutsche Journalisten-Verband (DJV).

Nicht wirklich in Petrys journalistisches Weltbild passt auch ein Interview mit ihr in der Deutsche-Welle-Sendung „Conflict Zone“ - geführt von dem britischen Journalisten Tim Sebastian. Der frühere Europa-Korrespondent der BBC interviewte auch schon die ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und Jimmy Carter, Erzbischof Desmond Tutu und den ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow.

Sebastian war eigens für das Petry-Interview nach Leipzig gekommen. Eine knappe halbe Stunde lang sprach er mit ihr auf Englisch über die AfD, Flüchtlinge und Pegida. Sebastian will in dem Gespräch etwa wissen, wie Petry das mit ihrer Schusswaffen-Äußerung gemeint hat. Und er gibt sich dabei nicht mit ausweichenden Antworten zufrieden. Als Petry ausdrücklich betont, dass sie nie gefordert habe, auf Flüchtlinge zu schießen, legt er nach: „Sie haben aber nicht gefordert, in die Luft zu schießen, oder?“

Eine konkrete Antwort bleibt aber aus, was Sebastian ihr mit den Worten vorhält: „Sie wollen keine direkten Antworten geben.“ Doch auch das hilft wenig. Am Ende dieses Themas resümiert er: „Ich habe versucht, eine direkte Antwort aus Ihnen herauszubekommen, aber ich habe es nicht geschafft.“


„Aber Sie heißen Frauke Petry?“ - „Auch das habe ich nie so gesagt!“

In diesem Zusammenhang merkt Petry an, Sebastian solle sie besser dazu befragen, wie die AfD deutsche und europäische Politik verändern will, woraufhin dieser mit dem bezeichnenden Satz antwortet: „Ich werde die Fragen stellen, die ich stellen möchte, denn das ist, was eine freie Presse tut.“ Im Netz ist das Interview zum großen Hit avanciert. Viele sind überzeugt, Petry habe sich und ihre Partei damit selbst entlarvt, weil sie herumlaviert und bestimmte Aussagen nicht so gemeint oder nicht so gesagt zu haben. Die NDR-Satiresendung „Extra 3“ geht sogar so weit, dass sie in Sprechblasen, die in das Interview hineinmontiert sind, Petry von sich selbst distanzieren lässt. Sebastian fragt demnach: „Aber Sie heißen Frauke Petry?“ Und Petry antwortet: „Auch das habe ich nie so gesagt!“

Petry schaltete sich via Twitter in die rege Debatte ein und erklärte: „Ich finde es immer amüsant, wenn Journalisten darauf hinweisen müssen, dass nur sie selbst die Fragen stellen!“ Und sie äußerte, versehen mit einem Smiley, Zweifel, ob permanente Suggestivfragen auch journalistisch souverän seien.

Dass Petry und ihre Partei ein grundsätzliches Problem mit der Berichterstattung hierzulande haben, schimmert immer wieder in Stellungnahmen durch. Beim AfD-Bundesparteitag im November vergangenen Jahres nahm sich die Parteichefin wieder einmal die Journalisten zur Brust und forderte von ihnen, weniger Kritik an ihrer Partei zu äußern. Dafür sollten sie mehr Verständnis und mehr Humor an den Tag legen.

Immer wieder hatte sich die AfD über unsachliche Berichterstattung beklagt. „Liebe Vertreter der Pinocchio-Presse“, sagt Petry in Hannover in Anspielung an die Holzpuppe Pinocchio, der wegen ihrer Lügen eine lange spitze Nase wächst. Lügenpresse light also. „Lachen Sie auch einmal über sich selbst“, riet Petry. Das kühle Verhältnis der AfD zur Presse hat sich dadurch allerdings nicht entspannt. Im Gegenteil, in ihrem geplanten Grundsatzprogramm lässt die Partei ein klares Bekenntnis zu Pressefreiheit vermissen.

Einerseits plädiert die AfD für eine „vielfältige“ Medienlandschaft, „die freie Information und kritische Diskussion ermöglicht“. Andererseits zieht sie in Zweifel, dass der öffentlich‐rechtliche Rundfunk (ARD und ZDF) seinen Informations‐ und Bildungsauftrag parteipolitisch neutral und staatsfern erfüllt. „Daher“, so die AfD in dem vom Bundesvorstand abgenickten Grundsatzprogramm-Entwurf, der Ende April auf einem Parteitag beschlossen werden soll, „sind Programme, Finanzierung, Organisation und die Kontrolle durch Rundfunk‐ und Fernsehräte grundlegend zu reformieren sowie Entscheidungsprozesse transparent zu machen.“ Die Petry-Partei will deshalb die Staatsverträge kündigen, mit denen die Landesregierungen die Finanzen und die Kontrolle des Rundfunks regelten.

Außerdem soll die Zahl der öffentlich‐rechtlichen Fernseh‐ und Rundfunkprogramme „deutlich verringert werden, auch deswegen, um die Entwicklung einer leistungsfähigen privaten Medienlandschaft nicht durch unfaire Konkurrenz zu behindern“. Einmal ausgestrahlte Sendungen müssten überdies „vollständig, unverändert und unbegrenzt in den Mediatheken der Sender abrufbar sein (…).“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%