AfD Höckes Radikalisierungskurs hat Erfolg

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Lauter, schriller, radikaler

Auf der anschließenden Pressekonferenz gab Weidel ihre Distanz zu Höcke komplett auf. Natürlich werde sie im Bundestagswahlkampf auch gemeinsam mit Höcke auftreten, schließlich sei man in derselben Partei. Dass Weidel lange Zeit zu den erbittertsten Höcke-Gegnern gehört hatte – es schien Ewigkeiten her zu sein.

Höckes Taktik war damit ein weiteres Mal aufgegangen. Seit er in der AfD seine Thesen verbreitet, prägt er die Partei gemeinsam mit seinen Mitstreitern mit dem immer gleichen Trick. Höcke und seine Truppe setzen darauf, stets die Lauteren, Schrilleren, Radikaleren zu sein.

Immer wieder stellen sie radikale Thesen auf, brechen Tabus, inszenieren Medienskandale. Dann warten sie ab. Irgendwann verlassen viele Widersacher entnervt die Partei. Übrig bleiben hartnäckige Gegner – und eine treue Anhängerschaft.

Diese Polit-Promis mussten ihre Partei verlassen
Sebastian Edathy Quelle: dpa
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Dagmar Metzger, Jürgen Walter, Silke Tesch und Carmen Everts Quelle: dapd
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Martin Hohmann Quelle: AP

Möglich ist so eine Taktik nur in der AfD. Es gehört zum Selbstverständnis der Partei, die politische Korrektheit zu bekämpfen. Alice Weidel würde sie am liebsten „auf die Müllhalde der Geschichte“ schmeißen. So ein Selbstverständnis schweißt zusammen. Der Nachteil ist: Jeder kann fast alles behaupten. Selbst absurde oder falsche Behauptungen werden selten bestraft.

Genau diesen Punkt nutzt das Höcke-Lager aus. Stück für Stück hat es Teile der Partei hinter sich vereint – und im rechtsnationalen „Flügel“ der Partei organisiert. Wer in der AfD Karriere machen will, steht damit vor einem Dilemma: Entweder man stellt sich gegen den „Flügel“ und Höcke – und riskiert, wie Bernd Lucke oder Frauke Petry abgestraft zu werden. Oder man biedert sich dem „Flügel“-Lager an – und verschafft ihm damit noch mehr Gewicht.

Die AfD steckt im Stimmungstief. Im Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen sollen von der SPD enttäuschte Arbeiter nun die Wende bringen. Doch tatsächlich fehlt der Partei vor allem ihr wichtigstes Thema.
von Nora Jakob, Thomas Schmelzer

AfD-Spitzenleute wie Jörg Meuthen oder Alice Weidel haben sich für das Anbiedern entschieden. Der ehemals nüchterne Ökonom Meuthen sprach am Kölner Parteitag auffällig oft vom „Vaterland Deutschland“. Alice Weidel verkündete auf Facebook, die Deutschtürken, die für Erdogan gestimmt hätten, sollte man zurück in die Türkei schicken.

Eine andere Entscheidung traf der Augsburger Stadtrat und AfD-Mitglied Thorsten Kunze nach dem Kölner Parteitag. Er trat aus der AfD aus. „Man hat es versäumt, die Tür nach rechts zuzuschlagen“, sagte Kunze.

Björn Höcke und seinem Lager dürfte auch diese Nachricht gefallen haben.

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