AfD-Mitglied mit rechter Gesinnung Neuer Ärger für AfD-Chef Meuthen

Wegen antisemitischer Thesen will die AfD den Stuttgarter Abgeordneten Gedeon aus der Partei werfen. Es ist aber fraglich, ob das gelingt. Parteichef Meuthen droht bereits Ärger mit einem anderen Problemmitglied.

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Vorsitzender eines problembeladenen Landesverbands: Jörg Meuthen, Chef der baden-württembergischen AfD. Quelle: dpa

Berlin „Ich sehe keinen anderen Landesverband, in dem es diese Probleme gibt so wie in Baden-Württemberg“, hatte jüngst AfD-Vize Alexander Gauland gesagt. Anlass war die Aufspaltung der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag. Dem voraus ging ein heftiger Streit über den mit Antisemitismusvorwürfen konfrontierten Abgeordneten Wolfgang Gedeon.

Im Fall Gedeon setzt Jörg Meuthen, Landes- und CO-Bundesvorsitzender der AfD, auf konsequente Härte. Der inzwischen fraktionslose Abgeordnete soll nun auch aus der Partei ausgeschlossen werden. Doch einfach dürfte das nicht werden. Denn Meuthen droht bereits neuer Ärger. Ein Parteimitglied, das als Mitglied des Landesschiedsgerichts maßgeblich über einen möglich Ausschluss Gedeons mitentscheidet, steht selbst im Verdacht einer rechtsextremen Gesinnung.

Es geht um Dubravko Mandic. Dass der Freiburger Rechtsanwalt offen mit der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ sympathisiert, hat nun auch den AfD-Bundesvorstand alarmiert. „Herr Meuthen muss sich nun auch um seinen Parteikollegen Mandic kümmern. Das ist ein Problem, dass die Baden-Württemberger in Eigenregie lösen müssen“, sagte Parteivize Alexander Gauland dem Handelsblatt.

Hintergrund ist, dass der Vorsitzender des Schiedsgerichts der AfD Baden-Württemberg zuvor im Namen der „Patriotischen Plattform“ in der AfD, deren Vorstand er angehört, erklärt hatte, die AfD und vor allem der Parteinachwuchs „Junge Alternative“ seien personell mit der „Identitären Bewegung“ verbunden. Mandic hatte sich außerdem für eine Zusammenarbeit seiner Partei mit der Bewegung ausgesprochen. Von einigen Landesverfassungsschutzbehörden wird die Gruppierung beobachtet. Vom Verfassungsschutz in Baden-Württemberg wird sie als rechtsextrem eingestuft.

Von Meuthen und von Mandic waren zunächst keine Stellungnahmen zu dem Vorgang zu erhalten. Anfragen des Handelsblatts ließen sie unbeantwortet. Der Vorgang ist aber brisant für Meuthen. Denn Mandic spielt als Landesschiedsrichter auch eine zentrale Rolle im Parteiausschlussverfahren gegen Gedeon.


Mandic fiel schon öfter negativ auf

Es ist zudem nicht das erste Mal, dass Mandic im Zusammenhang mit Umtrieben der rechten Szene in der Öffentlichkeit auffällt. Mitte Juni nahm der AfD-Politiker zusammen mit einem weiteren Vorstandsmitglied der „Patriotischen Plattform“ in Wien an einer Demonstration der „Identitären Bewegung“ Österreich teil.

Nach einem Bericht der „Badischen Zeitung“ soll Mandic auch bei einer Feier der Freiburger Burschenschaft „Saxo Silesia“ dabei gewesen sein, auf der man Nazi-Lieder gesungen und „Heil Hitler“ gerufen haben soll. Im April erklärte Meuthen, die Vorwürfe prüfen und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen zu wollen.

Mandic hat auch schon mal auf Facebook bekundet, dass sich die AfD von der NPD „vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“ unterscheide. Für Aufsehen sorgte der Jurist, als er einst den US-Präsidenten Barack Obama als „Quotenneger“ beschimpft hatte. Meuthen wollte ihn daraufhin aus der Partei werfen. Doch Mandic gab sich einsichtig und räumte ein, überzogen zu haben.

„Darauf habe ich ihm gesagt, ich sei zähneknirschend bereit, die Sache zu den Akten zu legen. Aber nochmals dürfe eine solche Äußerung nicht mehr kommen. Kam auch nicht mehr“, begründete Meuthen damals in der „Stuttgarter Zeitung“ seinen Rückzieher.

Mandic und Gedeon sind mit ihren umstrittenen Aktionen keine Einzelfälle in der AfD. Eine Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung, die am 19. Februar wenige Wochen vor der Landtagswahl im Südwesten veröffentlicht wurde, legt nahe, dass in Meuthens Landesverband mehr Problemmitglieder sind.

Die Forscher haben damals aussichtsreiche Kandidaten unter die Lupe genommen. Einige davon stehen demnach politisch weit rechts – und gelten als Anhänger des rechtsnationalen Thüringer Landeschefs Björn Höcke und unterstützen dessen „Erfurter Resolution“. In dem im Frühjahr 2015 veröffentlichten Strategiepapier von Höcke und André Poggenburg wurde die AfD als patriotische „Widerstandsbewegung“ gegen die Aushöhlung der deutschen Identität durch „Gesellschaftsexperimente“ positioniert.


AfD-Abgeordnete bekannt für „schrille Töne und rabiate Positionen“

Für einen Eklat sorgte die Stuttgarter Landtagsfraktion, nachdem die Grünen-Politikerin Muhterem Aras zur Landtagspräsidentin gewählt worden war. Bis auf den damaligen Fraktionschef Meuthen lehnten es die AfD-Parlamentarier ab, der frisch gewählten Präsidentin zu gratulieren oder zu applaudieren. Meuthen dagegen hatte der Tochter eines Gastarbeiters, der mit seiner Familie 1978 nach Deutschland zog, die Hand gegeben und gesagt: „So what?“

Als rechter Lautsprecher der Südwest-AfD gilt der Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner. Er ist für seine verbalen Ausfälle ebenso bekannt wie für seinen Kampf gegen eine Stuttgarter Abtreibungsklinik und für sein Engagement für den Pegida-Ableger in der Landeshauptstadt.

Ebenfalls für die AfD im Landtag sitzt die stellvertretende Landessprecherin Christina Baum – bekannt für „schrille Töne und rabiate Positionen“. So habe sie in ihrer Bewerbungsrede um den Posten der Landessprecherin im Januar 2015 vor einer „immer stärkeren Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils“ und einem „schleichenden Genozid“ an den Deutschen gewarnt, heißt es in der Studie der Göttinger Forscher.

Als eine der Ersten ihres Landesverbandes habe sie im Frühjahr 2015 die „Erfurter Resolution“ unterzeichnet und mit ihrem Kreisverband entgegen der offiziellen Linie des Landeschefs Meuthen den Thüringer AfD-Chef Höcke zu einem Wahlkampfauftritt eingeladen.


Landesvorstandsmitglied ist auch Pressesprecher von Frauke Petry

Als weiterer Höcke-Unterstützer gilt Markus Frohnmaier. Der Jurastudent aus Tübingen ist Mitglied im Landesvorstand der baden-württembergischen AfD und einer von zwei Bundesvorsitzenden der Jungen Alternative (JA). In Erfurt, wo Höcke regelmäßig Anti-Asyl- Kundgebungen abhält, wetterte Frohnmaier schon gegen „linke Gesinnungsterroristen“ und den „Parteienfilz“ und drohte: „Wenn wir kommen, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht“.

Frohnmaier pflegt laut der Göttinger Studie auch Kontakte zu Vertretern der Neuen Rechten. So habe er etwa der neurechten Zeitschrift „Blaue Narzisse“ mehrere Interviews gegeben und den Herausgeber zu einer Lesung nach Stuttgart eingeladen.

Pikant ist: Frohnmaier wurde Ende April von Meuthens schärfster innerparteilichen Rivalin, der Co-Bundessprecherin Frauke Petry, als neuer Pressesprecher angeheuert. Mit ihr reiste er Ende Mai zur „blauen Wahlparty“ der FPÖ in den Wiener Prater.

Bereits im Oktober 2015 war das JA-Führungsduo Frohnmaier und Sven Tritschler von der FPÖ nach Wien eingeladen worden. Kontakte zum österreichischen „Ring Freiheitlicher Jugend“, dem jungen FPÖ-Ableger, gibt es schon länger. Frohnmaier ist außerdem gut in Osteuropa vernetzt und reiste auch ins russische Sankt Petersburg, in die umkämpfte ostukrainische Metropole Donezk und nach Belgrad, wo er sich mit Vertretern anderer rechter Organisationen aus Europa austauschte.

Die JA pflegt auch andernorts Kontakte. Im Januar reiste eine JA-Delegation zu einem Kongress der Jungen Schweizerischen Volkspartei (JSVP). Im Februar traf man sich mit der Jugend der immigrationsfeindlichen Schwedendemokraten (Ungsvenskarna). Der AfD-Nachwuchs ist auch Teil des Netzwerks „European Young Conservatives“, dem mittlerweile nationalkonservative Jugendorganisationen aus 22 Staaten angehören, darunter Großbritannien, Italien, Polen, Norwegen und Tschechien.


Meuthen denkt selbst über Parteiaustritt nach

Wie der Fall Gedeon ausgeht - und die Partei sich im Fall Mandic positioniert, wird sich zeigen. Meuthen machte jedenfalls schon klar, was nun - vor allem für ihn - auf dem Spiel steht. „Ich werde nicht mein Gesicht für eine Partei hergeben, die in den Extremismus abgleitet“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Seine Aufgabe sei, genau das zu verhindern.

Meuthen fügte hinzu: „Wenn das misslingt, ist der Zeitpunkt gekommen, um nach Hause zu gehen.“ Er sehe das aber nicht misslingen. Meuthen betonte, er trenne Patriotismus streng von Nationalismus.

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