Ob Petry sich das antuen wird, ist unklar. Für sie ist die Niederlage besonders schmerzlich. Schließlich ist es kaum zwei Jahre her, dass sich Petry selbst als Königsmörderin an die Macht der Partei geputscht hatte. Damals wollte Bernd Lucke den Rechtsaußen Björn Höcke aus der Partei werfen.
Aber Petry paktierte mit Höcke und Gauland gegen den Wirtschaftsliberalen. Zusammen mobbten sie den Gründer der AfD aus seiner eigenen Partei. Für Petry war es der Beginn einer furiosen Parteikarriere.
Nun haben sich ihre Komplizen von damals gegen Petry gewandt – und sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Zuerst loteten sie auf einem Geheimtreffen in Goslar aus, wie sie Petry als alleinige Spitzenkandidatin für den Bundestagswahlkampf verhindern könnten.
Petry zog ihre Kandidatur daraufhin per Videobotschaft selbst zurück. Einen Tag vor dem Parteitag legte die Anti-Petry-Fraktion nach. Wer nicht als Spitzenkandidatin antrete, könne später auch keine Fraktion im Bundestag leiten.
Genau das, so mutmaßen einige, könnte Petrys letzte Option sein. Wenn die Delegierten am zweiten Tag in Köln über ihre Spitzenkandidaten abstimmen, müsste Petry nach dieser Theorie auf ein möglichst schwaches und unprominentes Gespann hoffen. Dann – so die letzte Hoffnung im Petry-Lager – könnte sich die Parteichefin bis nach den Wahlen im September rehabilitieren und am Ende doch vielleicht doch die Fraktionsspitze übernehmen.
Wirklich realistisch erscheint dieses Szenario nach der Kölner Demütigung nicht. Alexander Gauland und Ex-Unternehmensberaterin Alice Weidel könnten ein Spitzenteam bilden, heißt es. Auch Beatrix von Storch ist im Gespräch. Der Rechtsaußen Björn Höcke gilt als heimlicher Strippenzieher im Hintergrund. Mit ihm müsste sich auch Weidel arrangieren – obwohl sie eigentlich zu seinen Gegnern zählt.
Die Sprüche der AfD
Ob Flüchtlingspolitik oder Fußball - mit markigen Sprüchen sorgen führende AfD-Politiker immer wieder für Kopfschütteln und Empörung, wie jetzt die stellvertretende Bundesvorsitzende Beatrix von Storch. Einige Zitate.
Quelle: dpa
„Das ist ungefähr so, als würden Sie mit Plastikeimern einen Tsunami stoppen wollen.“ (Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen am 24. Oktober 2015 bei einem Landesparteitag in Baden-Württemberg über die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise)
„Im 21. Jahrhundert trifft der lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp auf den selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp.“ (Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke am 21. November 2015 in einem Vortrag über Asylbewerber aus Afrika)
„Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer. Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen. (...) Es gibt keinen Grund, mit Gewalt unsere Grenze zu überqueren.“ (Die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Beatrix von Storch Ende Januar 2016 auf ihrer Facebook-Seite über Flüchtlinge)
„Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt.“ (Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry in einem Interview des „Mannheimer Morgen“ vom 30. Januar 2016. Angesichts des Flüchtlingszustroms forderte sie im Notfall auch den Einsatz von Schusswaffen.)
„Wir müssen die Grenzen dichtmachen und dann die grausamen Bilder aushalten. Wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen.“ (Gauland am 24. Februar 2016 im Magazin der Wochenzeitung „Die Zeit“ über Flüchtlinge)
„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ (Gauland in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 29. Mai 2016 über Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng)
„Eine deutsche oder eine englische Fußballnationalmannschaft sind schon lange nicht mehr deutsch oder englisch im klassischen Sinne.“ (Der AfD-Bundesvize Alexander Gauland am 3. Juni 2016 im „Spiegel“)
Für die AfD wäre ein Wahlkampf ohne Petry ein großes Risiko. Sie ist das bekannteste Gesicht ihrer Partei, hat die meisten Fans in den sozialen Medien und steht für einen gemäßigten Kurs. Rückt die AfD noch mehr nach rechts, könne sie ein zweistelliges Ergebnis vergessen, warnen Wahlforscher bereits. Selbst der längst sicher geglaubte Einzug in den Bundestag sei dann in Gefahr.
Eine Stunde nach ihrer Erklärung im Foyer huscht Frauke Petry plötzlich noch einmal auf die Bühne. Schwarze Ringe umrunden die Augen der AfD-Chefin, sie sieht angeschlagen aus. Es ginge das Gerücht um, dass sie den Parteitag verlassen habe, sagt Petry. „Das ist nicht so.“ Es ist ein Auftritt, der wie eine Kampfansage wirken soll. Aber so wie Petry ihre Worte spricht, klingen sie müde und schwach.