AfD-Politiker attackiert Muslimverband „Diese Lobby mit allen Mitteln bekämpfen“

Erst verabredet die AfD-Spitze ein Treffen mit dem Zentralrat der Muslime. Nun macht ein Vorstandsmitglied einen Rückzieher. Der rechtsnationale Flügel der Partei jubelt und fordert eine Absage des Gesprächs.

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Der Islamwissenschaftler, Publizist und Politiker, Hans-Thomas Tillschneider (AfD): Scharfe Kritik an Muslimverband. Quelle: dpa

Berlin Ein Treffen der AfD-Spitze mit dem Zentralrat der Musime steht unter keinem guten Stern. Zwar betonte eine Sprecherin des Zentralrats am Mittwoch, der von der AfD gemachte Terminvorschlag sei angenommen worden. Zuvor hatte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek die AfD-Führung zu einem Gespräch aufgefordert, um über die ablehnende Haltung der Partei gegenüber dem Islam zu sprechen. Allerdings wollen nun, anders als geplant, an dem Gespräch nur der stellvertretende AfD-Vorsitzende Albrecht Glaser und Parteichefin Frauke Petry teilnehmen.

Wie „Bild“ berichtet, sagte Alice Weidel, Mitglied im AfD-Bundesvorstand, ihre Teilnahme an dem Treffen ab. In ihrem Absageschreiben, aus der die Zeitung zitiert, wirft Weidel Mazyek vor, sich als „selbsternannter Vertreter der Muslime“ in fast jede Debatte als „Dauergast in den Talkshows“ in eigener Sache einzuschalten. Dabei müsse man sich nur vor Augen führen, dass der Zentralrat 1994 von einem „bekennenden Scharia-Anhänger“ gegründet worden sei. „Bis heute hat sich dieser Verein nicht von den Steinzeit-Praktiken der Scharia distanziert“, kritisiert Weidel.

Weidel stößt sich auch am Namen des Muslimverbands „Zentralrat der Muslime“. Die AfD-Politikerin wertet die Bezeichnung als „Anmaßung und Farce“, da der Zentralrat „mitnichten alle Muslime in Deutschland“ vertrete. Tatsächlich vertritt der Zentralrat rund 400.000 der insgesamt knapp sechs Millionen Muslime, die in Deutschland leben. Scharfe Kritik äußerte Weidel zudem an Mazyeks Vergleich der AfD mit Hitlers NSDAP: „Dieser Vergleich offenbart nicht nur Mazyeks Charakter, sondern vielmehr seine Unfähigkeit, politische Debatten in Deutschland zu führen.“

Die AfD hatte Anfang Mai ein Parteiprogramm verabschiedet, in dem es heißt, „der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Bei ihrem Parteitag forderten die Teilnehmer eine Reihe von Einschränkungen für Muslime wie Verbote von Minaretten und der Vollverschleierung. In Erfurt will die Thüringer AfD den Bau einer Moschee verhindern. Als Reaktion auf das Programm hatte Mazyek erklärt, zum ersten Mal seit dem Ende der Nazi-Herrschaft gebe es in Deutschland eine Partei, „die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht“.


„Nicht nötig, uns mit Islamisierungslobbyisten auseinanderzusetzen“

Der rechtsnationale AfD-Flügel begrüßte Weidels „gute“ Entscheidung. „Wir haben es nicht nötig, uns mit einem selbstgefälligen, in Sultansmanier auftretenden Islamisierungslobbyisten auseinanderzusetzen, der uns zu allem Überfluss auch noch mit der NSDAP vergleicht“, schreibt der Magdeburger Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider auf seiner Facebook-Seite. „Unsere Aufgabe ist nicht, irgendeinen Konsens mit dieser Lobby auszuloten. Unsere Aufgabe ist, diese Lobby mit allen Mitteln, die uns die Politik und das Recht an die Hand geben, zu bekämpfen.“

Der Islamwissenschaftler Tillschneider ist Anhänger der sogenannten „Neuen Rechten“ und Sprecher der „Patriotischen Plattform“ in der AfD. In islamfeindlichen Bewegungen wie „Pegida“ und „Legida“ sieht Tillschneider eine Basis der AfD. Als erster Mandatsträger der AfD ergriff Tillschneider vergangene Woche auf einer Pegida-Kundgebung in Dresden das Wort. AfD-Chefin Petry hat sich daraufhin per Brief beim Chef der AfD-Fraktion im Magdeburger Landtag beschwert und erklärt, Tillschneider habe „unserer Partei mit seinem öffentlichen Auftritt in Dresden geschadet“.

Tillschneider und Weidel sind nicht alleine mit ihrer kritischen Haltung zu dem verabredeten Treffen mit dem Muslimverband. Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hatte schon vor einer Woche erklärt, solange die islamischen Verbände nicht bereit seien, „auf die Scharia zu verzichten“, sei eine Annäherung nicht möglich.

Parteivize Beatrix von Storch warf den Islamverbänden überdies mangelnde Distanz zum islamischen Recht vor. „Die Islam-Verbände distanzieren sich nicht ausdrücklich von den zivilrechtlichen Aspekten der Scharia“, sagte von Storch der „Welt“. Dies gelte etwa bei den Regeln für Ehescheidungen oder der Rolle der Frau.

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