AfD-Vize Hans-Olaf Henkel Ab durch die Mitte

Hans-Olaf Henkel mag nicht mehr Parteivize der Alternative für Deutschland sein, weil ihn der Rechtskurs einzelner Führungskollegen und der menschliche Umgang stören. Der Absprung hat sich lange angedeutet.  

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Hans-Olaf Henkel Quelle: dpa

Lange hat Hans-Olaf Henkel mit sich gerungen in Sachen AfD – schon zwei Mal. Erst überlegte er hin und her, ob er sich der jungen Partei überhaupt anschließen wollte. Dann grübelte er in den vergangenen Monaten – manchmal auch laut -, ob er dem Treiben in der Truppe weiter aus führender Stelle zusehen wolle. Nun hat sich der früheren Manager entschieden: Für die AfD will er weiter arbeiten – als Europaabgeordneter und Wahlkämpfer -, aber sein Amt als stellvertretender Parteivorsitzender legt er nieder. Engagieren will er sich nur noch da, wo „man sich an unsere Grundsätze hält“. Die Landesverbände Sachsen, Thüringen, Brandenburg sowie Nordrhein-Westfalen sind damit aus seiner Sicht tabu.

Ursprünglich hatte Henkel einen Hang zur FDP, wandte sich aber von den Liberalen ab, als diese beim Thema Eurorettung im Wesentlichen im großen Chor von SPD, CDU/CSU und Grünen mitsangen. Aber vom ersten Tage in der neuen Partei an wetterte Henkel gegen jene Kräfte aus dem nationalkonservativen Lager oder gar rechts davon, die er als Gefahr für die AfD sieht.

Schon zu Beginn des Europawahlkampfes hatte Henkel beispielsweise ganz offen auf das weite politische Spektrum in seiner Partei hingewiesen. Im Programm stünde „eine interessante Liste von liberalen Positionen“. Das klare Nein zur Vorratsdatenspeicherung hätten sonst nur FDP und Grüne, die AfD sei als einzige Partei gegen die Zwangsmitgliedschaften der Unternehmen in Handels- und Handwerkskammern. „Asylbewerber dürfen arbeiten – auch diese Position traut sich keine andere Partei.“

Sorge machten Henkel rechtslastige Mitglieder, die durch die Berichterstattung der Medien, die Alternative für Deutschland sei eine rechtspopulistische Gruppierung, erst angelockt worden seien. Nur deshalb seien „viele – zu viele“ in die AfD eingetreten, die genau eine solche Partei gesucht hätten. „Das sind diejenigen, die sich am meisten zu Wort melden, am meisten schreien.“ Nun müssten Landes- und Bundesvorstände eben versuchen, diese Mitglieder wieder los zu werden. Man müsse nun bei der Programmarbeit aufpassen, denn es bestehe die „Gefahr, dass wenn einige Leute zufällig zusammen sitzen, irgendein Blödsinn beschlossen wird“.

Auch in seinen Wahlreden griff Henkel stets dieses Thema auf, warnte vor „Spinnern“ von rechts, die die AfD unterwandern wollten. „Es gibt auch in unserer Partei Unvernünftige, Unanständige. Die versuchen wir loszuwerden“, lautete seine Standardformulierung, und wenn das die Landesverbände nicht selbst schafften, dann müsse das eben der Bundesvorstand übernehmen.

Am Klima im und an Entscheidungen des Bundesvorstands entzündete sich jetzt auch Henkels aktueller Zorn, der ihn zum Rückzug bewegte. Drei Mitglieder der Führung, die Henkel in einem Interview mit der FAZ allerdings nicht namentlich nennt, stünden für einen rechten Kurs, stützten auch den zunehmend umstrittenen Landesvorsitzenden in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell. Der Anwalt, der beim letzten Bundesparteitag in Bremen als einziger versierter Tagungsleiter positiv auffiel, steht im Zwielicht, weil er nur durch falsche eigene Angaben gewählt worden sein soll. So habe er, anders als vorgeschrieben und damals angegeben, keinen Wohnsitz in NRW gehabt. Wegen seiner angeblichen Steuerschulden pfändete das Finanzamt kurzzeitig die AfD-Kasse. „Wenn jemand in einer anderen Partei so oft die Unwahrheit gesagt hätte“, schimpft Henkel, dann „wäre diese Person schon längst weg von Fenster.“ Doch er werde von den drei betreffenden Vorstandsmitgliedern „aus rein machtpolitischen Gründen“ gehalten.

Seit Langem ist Henkel über Kreuz mit den beiden noch amtierenden Bundessprechern Konrad Adam und Frauke Petry, die nach und nach ihre Ämter verlieren sollen, wenn die Partei satzungsgemäß zum Ein-Mann-Bundesvorsitzenden Bernd Lucke übergeht. Die Kritiker dieses Kurses in der Führung hätten nicht verkraftet, dass sich eine große Mehrheit für Luckes Weg entschieden habe. Im Streit steht Henkel auch mit dem Landesvorsitzenden aus Brandenburg, Alexander Gauland. Der frühere CDU-Mann trimmt seinen Verband auf einen nationalkonservativen Kurs und sieht die AfD als „Partei der kleinen Leute“. Genau dies möchte Henkel nicht, weil er darin die Gefahr des Populismus sieht.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Die Zustimmung zu Henkel ist in der AfD in den vergangenen Monaten nicht gewachsen. Dies liegt zum einen an seinen klaren Worten gegen die „Rechtsideologen“, die auch gemäßigte Mitglieder nicht gerade als förderlich für das Ansehen der Partei werteten. Auch dass Henkel beim Bundesparteitag in Bremen fehlte und lieber mit seiner Frau in die USA reiste, kam nicht gut an. Gequält hörten sich die Mitglieder in der Halle seine Videobotschaft an. Insofern galt es sei einiger Zeit in der AfD für wahrscheinlich, dass Henkel es nicht wieder zum Parteivize schaffen würde, wenn im Juni ein neuer Bundesvorstand gewählt wird.

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