Jochen Kopp will sein langes Schweigen nicht als Versteckspiel verstanden wissen. „Ich bin einfach kein öffentlicher Mensch“, wiegelt er ab. Vom persönlichen Eindruck ist man geneigt, ihm das abzunehmen.
Kopp, der ehemalige Polizist, begann seine Karriere als Verleger mit einer Bücherliste im Kinderzimmer. In den Neunzigerjahren, als Ufo-Theorien eine Art Breitenphänomen waren, hatte sich auch Kopp dafür zu interessieren begonnen – und musste feststellen, dass man die Bücher von Erich von Däniken in Deutschland gar nicht bestellen konnte. Also rief er die Verlage in den USA an, bestellte die Bücher des Ufologen Däniken von dort und begann sie auch im Bekanntenkreis zu verkaufen.
Es folgte eine typische Unternehmerkarriere, wie sie sich in Schwaben auch mit Schrauben, Kettensägen oder Müsli erzählen ließe. Mehr Bücher, neue Themen, mehr Leser. Eigene Autoren, eigene Lagerkapazitäten, schnellere Lieferzeiten, noch mehr Leser.
Am Ende steht ein Verlagsprogramm, das seinen größten Umsatz mit Naturheilbüchern macht und die große Aufmerksamkeit mit gesellschaftlichen Skandalschriften erzielt. Das klingt nach einer absonderlichen Mischung, ist aber eine deutlich homogenere Zielgruppe, als es den Anschein hat. Viele derjenigen, die mit dem Rechtspopulismus sympathisieren, haben offenbar auch etwas für libertäre Ideen, die Anlageklasse Gold oder alternative Krebsheilverfahren übrig.
Beispiele gefällig? Der Kopp Verlag hat jedes Jahr einen Stand auf der Münchner Edelmetallmesse – die wiederum vom Betreiber der populären Webseite „goldseiten.de“ organisiert wird. Ebenso sprechen Kopp-Autoren wie Eva Herman und Gerhard Wisnewski regelmäßig auf dem „Alternativen Wissenskongress“ – für das dazugehörige Onlineportal wiederum schreibt Jürgen Elsässer. Auch das libertäre Magazin „eigentümlich frei“ von André Lichtschlag hat über die Gastautorin Beatrix von Storch sowohl Verbindungen zur AfD, über die „Sezession“ aber auch ins extrem rechte und über den Manuscriptum-Verlag ins esoterische Lager.
Das Vokabular von Pegida
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert geläufig, erlebte das Wort um 1940 eine Renaissance. Dahinter standen laut GfdS immer völkische und nationalistische Anliegen, die die staatlich gelenkte „Lügenpresse“ angeblich zu verschleiern versuchte. Aus Sicht der Protestierenden herrscht auch heute keine wirkliche Meinungsvielfalt oder Meinungsfreiheit. Aus ihrer Sicht bestimmen vielmehr Regierung oder System darüber, was veröffentlicht werden darf.
Der Volksverrat findet sich als Straftatbestand erstmals im Nationalsozialismus. Der heutige Gebrauch von „Volksverräter“ zielt nach Angaben der Gesellschaft darauf ab, die gewählten Volksvertreter eben als Verräter an „ihrem“ (sprich: dem deutschen) Volk zu bezeichnen. Vor der Zeit des Nationalsozialismus habe es den Straftatbestand des Hoch- und Landesverrats gegeben. Erst mit dem Wort Volksverrat habe die Straftat aber einen klaren Bezug zur Nationalität erhalten, da mit den bis dahin üblichen Bezeichnungen nicht auf eine völkische oder ethnische Zugehörigkeit Bezug genommen wurde.
Laut Wörterbuch Grimm ist die Bedeutung „westlich gelegenes Land“, zunächst also rein geografisch und ohne Bezug zu einer bestimmten Nation, Kultur oder Religion. Ideologisch besetzt ist das Wort jedoch nach Angaben der Sprachforscher durch das Hauptwerk des Geschichtsphilosophen Oswald Spengler „Der Untergang des Abendlandes“, das klare antidemokratische Züge aufweist. Spengler sah die abendländische Kultur im Untergang begriffen und hielt die freiheitliche Demokratie für ein (unausweichliches) Stadium zum Niedergang.
Im Duden bereits 1929 verzeichnet, 1993 Unwort des Jahres. Auch hier gibt es laut GfdS einen klaren Bezug zur Sprache des Nationalsozialismus. So sprach Joseph Goebbels 1933 von „Überfremdung des deutschen Geisteslebens durch das Judentum“. Heutzutage seien eher andere Gruppen gemeint, das Wort habe sich hartnäckig gehalten.
Ruf bei den Montagsdemonstrationen in der DDR, später abgewandelt zu „Wir sind ein Volk“ - im Hinblick auf die Wiedervereinigung nach dem Mauerfall. Heute von Pegida aufgenommen - genau wie die Tradition der Montagsdemos - zur Abgrenzung gegenüber Zuwanderern, vor allem solchen muslimischen Glaubens.
Aus dieser Melange hat Kopp ein Unternehmen geschaffen, dass in einem nicht nur modernen, sondern tatsächlich auch schönen Verlagsgebäude residiert. Die Arbeitsplätze sind um zwei Atrien gruppiert, hinter großen Fenstern schaut man ins Gewusel des Versandzentrums. 80 Mitarbeiter hat Kopp, ein jährliches Umsatzwachstum von 10 bis 20 Prozent, 2015 einen „mittleren zweistelligen Millionenumsatz“, genauer will er nicht werden.
Eine normale Unternehmerbiografie? Da muss selbst Kopp widersprechen. „Verleger wird man nicht, wenn man nicht auch eine Überzeugung hat.“ Und was ist seine? „Es gibt Themen, die in den Mainstreammedien kaum stattfinden. Da möchte ich zur Meinungsvielfalt beitragen“, sagt Kopp. Dass er damit vielleicht genau den Stoff liefert, der eben diese Gesellschaftsform infrage stellt, glaubt Kopp nicht, er nennt so etwas lieber „geistiges Juckpulver“.
Es sind Sätze, die ein ziemlich akkurates Bild des Verlegers Kopp zeichnen: ein an sich harmloser Verschwörungstheoretiker, der sein Prinzip der gedanklichen Offenheit ein bisschen zu konsequent auslegt.