AfD Meuthen und die Spende aus der Schweiz

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War es eine illegale Spende für die AfD?

Das sehen Parteienexperten anders. „Es drängt sich hier der Verdacht einer illegalen Parteispende auf,“ sagt die Parteienrechtlerin Sophie Schönberger von der Universität Konstanz. „Es handelt sich auf alle Fälle um eine Parteispende, wenn in dieser Form in der Anzeigenkampagne für Herrn Meuthen und gleichzeitig für die AfD Werbung gemacht wird.“

Die AfD würde gegen das Parteiengesetz verstoßen, wenn sie eine finanzielle Unterstützung nicht als Spende angibt. Dafür reicht es, wenn der Parteivorstand in die Spende eingebunden ist.

Annette Sawatzki von Lobbycontrol sieht in den Anzeigen für Meuthen eine solche Parteispende: „Herr Meuthen unterschreibt eine Freistellungserklärung, dass eine Agentur in seinem Namen Wahlkampfmaßnahmen durchführen darf. Die Schweizer Agentur schaltet dann Anzeigen im Wert von 4500 Euro. Das ist nicht mehr eine von Herrn Meuthen unabhängige Aktivität, sondern eine, die in seinem Namen und in seinem Auftrag erfolgt.“

Jörg Meuthen war zum Zeitpunkt seiner Unterschrift für die Anzeigenkampagne sowohl Landessprecher in Baden-Württemberg als auch Co-Vorsitzender der Bundespartei.

Die Distanzierung der AfD von der großzügigen Wahlhilfe aus der Schweiz folgt einem Muster. Auch in anderen Wahlkämpfen gab es nachweislich ein Wahlsponsoring durch die Goal AG.

Im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen im Mai diesen Jahres plakatierte die Goal AG für den Kandidaten Guido Reil dutzende Plakate. Reil sollte als ehemaliges SPD-Mitglied ein Zugpferd im NRW-Wahlkampf werden. Nach Aussage von Reil hatte die Goal AG ihm die kostenlose Aktion angeboten. Auch Reil unterschrieb wie Meuthen eine Freistellungserklärung.

Der Landtagskandidat sagte später in einem Interview mit Correctiv: Auf seine Nachfrage hin habe eine Mitarbeiterin der Schweizer Agentur mitgeteilt, dass die Aktion schon bezahlt sei, sie den Auftraggeber aber nicht nennen könne. Er habe sich bei einem Mitglied des Landesvorstandes und seinem Kreisvorsitzenden Stefan Keuter rückversichert, ob er das Angebot annehmen könne. Keuter sagte dazu auf Anfrage, dass es diesen Anruf nicht gegeben habe und er die Goal AG nicht kenne. Diese Aussagen von Reil liegen Correctiv auf Tonband vor. Sie sind unmissverständlich. Die Anwälte der AfD ließen mitteilen, dass sich Reil „gegenüber Correctiv gegebenenfalls missverständlich ausgedrückt hat”. 

Reil selbst ist nicht im Parteivorstand, insofern ist nicht klar, ob diese Spende der Partei oder nur dem Kandidaten zuzurechnen ist. Doch die Werbeplakate waren offenbar Thema im Kreisvorstand der AfD in Essen.

Das versichert ein Teilnehmer von Sitzungen in einer eidesstattlichen Erklärung, die Correctiv vorliegt. Der Kreisvorsitzende Keuter habe „auf einer der Vorstandssitzungen des Kreisverbandes der AfD in Essen vor der Landtagswahl in NRW gesagt, dass er Sponsoren kenne, die insbesondere Herrn Guido Reil dadurch fördern wollen, dass sie Großplakate aufstellen lassen und finanzieren wollen.“

Keuter äußerte sich auf Anfrage dazu nicht. Auch die Goal AG hat auf Fragen zu den Werbemaßnahmen für Reil und AfD-Chef Meuthen nicht geantwortet.

Es gibt noch weitere Stränge in die Schweiz zur Werbeagentur Goal AG. Ein in Stuttgart ansässiger Verein, der dank anonymer Spender AfD-Wahlkämpfe mit dem Druck hunderttausender kostenloser Zeitungen und ebenfalls mit Plakaten unterstützt, hat eine Weiterleitung seiner Bürokommunikation zur Goal AG eingerichtet.

Goal-Chef Segert hat mittlerweile eingeräumt, dass ihn der AfD-Unterstützerverein „Recht und Freiheit“ mit der Bürologistik sowie den Anzeigen für die AfD beauftragt hat. Mit der Partei habe der Verein aber nichts zu tun, so Vereinschef David Bendels.

Wieviel Geld die anonymen Spender für die AfD-Wahlhilfe über den Umweg Schweiz zukommen lassen, ist schwer zu schätzen. Für die Plakate und Werbeanzeigen dürften jedoch weit mehr als 50.000 Euro anfallen.

Gegenüber Correctiv sagte Vereinschef Bendels über die Spender des Vereins mit Blick auf den Bundestagswahlkampf: „Die Geldgeber wollen auch weiterhin anonym bleiben.“

Ob die Zuwendungen gegen das Parteiengesetz verstoßen, müsste nun die Bundestagsverwaltung prüfen.

Die Autoren sind Redakteure des Recherchezentrums Correctiv. Die Redaktion, mit der unsere Zeitung kooperiert, finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Ihr Anspruch: Mit gründlicher Recherche Missstände aufzudecken und unvoreingenommen darüber zu berichten. Wenn Sie Correctiv unterstützen möchten, werden Sie Fördermitglied. Informationen finden Sie unter correctiv.org.

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