Affäre um Sturmgewehr G36 Von der Leyen setzt Ex-Rüstungsdirektor vor die Tür

Die Affäre um das Sturmgewehr G36 sorgt für Verwirrung. Jetzt spricht sich auch die SPD für einen Untersuchungsausschuss aus – die Union ist weiterhin dagegen. Von der Leyen räumt derweil im Verteidigungsministerium auf.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht am 23.04.2015 in Berlin im Bundestag. Quelle: dpa

In der Affäre um das Gewehr G36 der Bundeswehr zieht Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erste personelle Konsequenzen. Der frühere Abteilungsleiter für Rüstung, Detlef Selhausen, soll von seinen derzeitigen Aufgaben als Geschäftsführer der Bundeswehr-Fuhrpark GmbH entbunden und baldmöglichst in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Ein Ministeriumssprecher bestätige am Freitag einen entsprechenden Vorabbericht der „Bild am Sonntag“. Die SPD im Bundestag schloss sich zudem der Forderung der Grünen an, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

Selhausen hatte in einem am Donnerstag verbreiteten Schreiben vom 6. Dezember 2013 versucht, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) auf mögliche Informanten einer kritischen Berichterstattung über den Waffenhersteller Heckler&Koch und die Treffsicherheit des Gewehrs G36 anzusetzen.

Die Debatte um das G36

Der Geheimdienst der Bundeswehr antwortete jedoch, ein Tätigwerden des MAD in dieser Sache verbiete sich. Selhausen bezog sich in seinem Schreiben auf ein Gespräch der Geschäftsführung von Heckler&Koch mit dem MAD-Präsidenten, das im November stattgefunden habe.

Der Sprecher betonte, von der Leyen selbst habe erst vor wenigen Tagen von der Angelegenheit erfahren. Ein Mitarbeiter im Ministerbüro habe einen Vermerk, in dem der Vorfall erwähnt sei, nach einer „kursorischen Prüfung“ abgezeichnet und zu den Akten gelegt.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte der der „Rheinischen Post“ zu einem möglichen Untersuchungsausschuss: „Wir sollten exemplarisch einmal durchchecken, was in diesem Haus eigentlich los ist.“ Die Grünen wollen unter anderem erhellen, weshalb auf kritische Gutachten zur Treffsicherheit des G36 nicht sofort reagiert wurde. Die Union hält einen Untersuchungsausschuss dagegen für „nicht zielführend“. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi befand, von der Leyen sei die Kontrolle entglitten. „Hier tun sich Abgründe im Verteidigungsministerium auf, die nur mit Hilfe eines Untersuchungsausschusses umfassend geklärt werden können“, fügte sie hinzu. Die Ministerin dürfe einer rückhaltlosen Aufklärung „nicht länger im Wege stehen“.

Von der Leyen hatte am Donnerstag gesagt, die Intervention des ehemaligen Abteilungsleiters für Rüstung beim MAD sei „inakzeptabel“ gewesen. Die Ministerin hatte im April im Verteidigungsausschuss erklärt, das G36 habe wegen der von Experten festgestellten Präzisionsprobleme keine Zukunft in der Bundeswehr. Erste Hinweise auf die Präzisionsprobleme gab es schon 2010. Bereits im März 2012 wurden sie von der Rüstungsabteilung des Ministeriums als „erheblicher Mangel“ von „erheblicher Einsatzrelevanz“ eingestuft.

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