Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vor falschen Vorstellungen vieler Afrikaner bei einer Flucht über das Mittelmeer gewarnt und zugleich Europas Verantwortung für den Kontinent betont. Oft nähmen besonders junge Menschen „einen lebensgefährlichen Weg in Kauf, ohne zu wissen, was sie erwartet und ob sie überhaupt bleiben können“, sagte Merkel am Dienstag bei der Afrikanischen Union in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Das beste Rezept gegen Flucht und Terrorgefahr sei eine nachhaltige Entwicklung. Merkel sprach anlässlich der Eröffnung eines von Deutschland mit 30 Millionen Euro finanzierten Gebäudes für den Sicherheitsrat der Afrikanischen Union.
Die Kanzlerin bekräftigte, Afrikas Wohl sei im Interesse Deutschlands und Europas. Menschenhandel über das Mittelmeer müsse aufhören. „Wir können und dürfen nicht hinnehmen, dass Schlepperbanden mit dem Leben anderer spielen“, sagte Merkel. Sie hob Bemühungen für eine Einheitsregierung in Libyen hervor, die auch ein Ansprechpartner Europas zur Eindämmung ungeregelter Migration wäre. Merkel würdigte, dass afrikanische Staaten trotz aller Entwicklungsprobleme den Großteil der Flüchtlinge auf dem Kontinent aufnehmen. Allein Äthiopien beherbergt nach Angaben von Ministerpräsident Hailemariam Desalegn fast 780 000 Menschen.
Merkel warb für stabilere staatliche Strukturen, um Terrorgruppen in Afrika den Boden zu entziehen. Dies sei wichtig, um Rückzugsorte zu beseitigen. Mit Blick auf die deutsche Präsidentschaft der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) kündigte sie für Mitte 2017 eine Konferenz in Berlin an. Schwerpunkte einer Initiative für Afrika sollten mehr private Investitionen, der Ausbau von Verkehrs- und Energienetzen sowie eine bessere Berufsausbildung sein.
Asylanträge nach Bundesländern 2017
Nirgendwo sonst wurden so vielen Asylanträge gestellt wie in Nordrhein-Westfalen. In der ersten Jahreshälfte 2017 waren es bisher 32.122 Menschen.
Hinweis: Alle Daten beziehen sich auf Erst- und Folgeanträge in den Monaten Januar bis Juni 2017.
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Statista
Stand: August 2017
12.921 Menschen haben in der ersten Hälfte des Jahres 2017 in Bayern einen Asylantrag gestellt.
In Baden-Württemberg wurden 2017 bisher 11.290 Asylanträge gestellt.
In Niedersachsen stellten 10.003 Menschen im Januar bis Juni 2017 einen Antrag auf Asyl.
In Rheinland-Pfalz beantragten 2017 bislang 7.610 Menschen Asyl.
In Hessen stellten in den ersten sechs Monaten 2017 7.508 Bewerber einen Asylantrag.
In Berlin wurden von Januar bis Juni 2017 5.535 Anträge auf Asyl gestellt.
Bis Mitte 2017 stellten 4.205 Menschen einen Asylantrag in Sachsen.
3.346 Asylanträge verzeichnet Schleswig-Holstein für die ersten sechs Monate 2017.
Einen Asylantrag in Sachsen-Anhalt stellten bis Juni 2017 3.304 Menschen.
Asyl in Brandenburg beantragten in der ersten Jahreshälfte 3.162 Menschen.
In Thüringen wurden in den Monaten Januar bis Juni 2017 3.049 Asylanträge gestellt.
In Hamburg stellten bis Ende Juni 2017 2.633 Menschen einen Antrag auf Asyl.
In Mecklenburg-Vorpommern stellten 2.104 Menschen einen Asylantrag (Januar bis juni 2017).
Bis Juni 2017 stellten im Saarland 1.538 Menschen einen Asylantrag.
In Bremen beantragten bis Ende Juni 1.192 Menschen Asyl.
Bei 94 Asylanträgen bis Mitte 2017 ist das Bundesland, in dem der Antrag gestellt wurde, anscheinend unbekannt.
Bei einem Treffen mit dem äthiopischen Ministerpräsidenten mahnte die Kanzlerin mehr gesellschaftliche Pluralität in dem ostafrikanischen Land an. „Es bedarf in einer Demokratie einer Opposition, die eine Stimme hat.“ Sie bot an, dass deutsche Fachleute auch Erfahrungen zur Verhältnismäßigkeit der Mittel bei Polizeieinsätzen weitergeben.
Die Opposition in Berlin forderte von der Bundeskanzlerin, der Regierung in Addis Abeba klar zu machen, dass Wirtschaftswachstum nur zusammen mit Demokratie zu dauerhafter Stabilität führen könne, erklärte der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour. Die Linke forderte, Merkel müsse ihren „Kuschelkurs“ gegenüber der autokratischen Regierung aufgeben. Die Kanzlerin wollte sich vor ihrem Rückflug am Abend nach Berlin auch mit äthiopischen Oppositionsvertretern treffen.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Regierung, die regionale Proteste mit harter Hand unterbindet. Angesichts von Unruhen hatte sie kurz vor Merkels Besuch den Ausnahmezustand ausgerufen. Desalegn räumte ein, dass die noch junge Demokratie seines Landes Lücken habe. Für die Bürger solle ein größerer demokratischer Raum geschaffen werden. Es gebe legitime Interessen, etwa nach mehr Jobs für junge Leute. Aus dem Ausland gesteuerte Kräfte führten aber Gewaltaktionen herbei. Der Notstand sei verhängt worden, um eine Normalisierung zu erreichen. Seitdem habe es keine Opfer bei Protesten mehr gegeben.