Agenda 2030 Verbraucherschützer fordern mehr Engagement für nachhaltigen Konsum

Verbraucher könnten mit ihren Konsumentscheidungen Geschäftsmodelle und Märkte beeinflussen. Die Bundesregierung sollte ein Umfeld schaffen, in dem sich nachhaltiges Wirtschaften lohnt, fordern die Verbraucherzentralen.

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Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) fordert mehr Engagement der Politik bei Nachhaltigkeitsfragen. Quelle: dpa

Berlin Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mahnt mehr Engagement der nächsten Bundesregierung für nachhaltigen Konsum an. Zwei Jahre nach dem Start des nationalen Programms für nachhaltigen Konsum fehle es an substanziellen Fortschritten, heißt es bei den Verbraucherschützern. Die Verantwortung für nachhaltigen Konsum werde einseitig auf die Verbraucher abgeschoben. Diese sehen überwiegend aber auch Politik und Unternehmen in der Pflicht. Neun von zehn Verbrauchern sprechen sich für konkrete Vorschriften und Gesetze statt freiwilliger Maßnahmen aus. Das zeigt eine noch unveröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des vzbv, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt.

Das nationale Programm für nachhaltigen Konsum gilt in der Regierung als ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Es soll einen Beitrag dazu leisten, Konsummuster und Lebensstil mit den ökonomischen und ökologischen Grenzen in Einklang zu bringen. Verbraucherschützer kritisieren indes, dass das ressortübergreifende Programm wenig Konkretes enthält. Es gibt keine Zeitpläne und keine Finanzierungspläne.

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung wurde im September 2015 auf einem Gipfel der Vereinten Nationen von allen Mitgliedsstaaten verabschiedet. Kernstück der Agenda bildet ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, die Sustainable Development Goals (SDGs). Unter diese 17 SDGs fällt auch die Bekämpfung des Klimawandels und sozialer Ungleichgewichte.

Damit die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können, ist jeder Mensch gefordert, nachhaltiger zu leben – aber wie? Ist es damit getan, Müll zu vermeiden oder Energie zu sparen? Wie sehr hilft es, weniger zu konsumieren oder auf ein Auto zu verzichten? Welche Produkte sind wirklich nachhaltig? Und wie teuer eigentlich ist nachhaltiger Konsum? Drei Viertel der von forsa-Befragten sind der Ansicht, dass die Politik und Verbraucherorganisationen sie unterstützen sollten, um die notwendigen Bedingungen für ein nachhaltigeres Leben zu schaffen.

Der vzbv fordert nun eine Beteiligung von Verbraucherorganisationen an dem neu geschaffenen Kompetenzzentrum nachhaltiger Konsum. Ein Kompetenzzentrum für nachhaltigen Konsum ohne finanzielle Mittel und Beteiligung von Verbraucherorganisationen werde dem Thema nicht gerecht, heißt es beim vzbv. Man begrüße selbstverständlich den hehren Anspruch des Programms, Wege zu finden, nachhaltigen Konsum massentauglich zu machen. Man sei jedoch davon überzeugt, dass die Verbraucherschützer bei dieser „Mammutaufgabe“ mit ins Boot geholt werden müssten, weil sie durch ihre flächendeckende Beratungsinfrastruktur den direkten Zugang zu den Verbrauchern hätten. Das bedeutet am Ende auch mehr Geld für die Vereine, damit diese ihrer Beratungsaufgabe gerecht werden können. Eine Größenordnung nannte der vzbv bislang allerdings nicht.

„Es sind die Verbraucher, die mit ihren Lebens- und Konsumentscheidungen Geschäftsmodelle und Märkte beeinflussen können – deshalb müssen niederschwellige und breit aufgestellte Informations- und Beratungsangebote, die zu nachhaltigem Konsum befähigen, auch Teil des Kompetenzzentrums werden“, meint Ingmar Streese, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik beim vzbv. Verbraucher allein könnten die Welt nicht retten. Politik und Wirtschaft müssen Regeln setzen und ein Umfeld schaffen, in dem nachhaltiges Wirtschaften und Konsumieren möglich sei, so Streese. Das werde nur mit gesetzlichen Maßnahmen gelingen. Der vzbv fordert staatliche Mindestkriterien für eine sozial und ökologisch verantwortungsvolle Produktion.

Auch nach Meinung des Umweltbundesamt besteht Handlungsbedarf, um den Konsum grüner Produkte anzuschieben. „Die Richtung stimmt, aber der Umsatz mit umweltfreundlichen Produkten wächst zu langsam“, kritisiert die Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), Maria Krautzberger, am Dienstag. Ihrer Meinung nach liegt das aber vor allem daran, dass die Preise für Produkte nicht die realen Kosten für die Umwelt widerspiegeln. „Unser Konsum trägt ganz wesentlich zu Umweltbelastungen bei, daher sollten die Umweltkosten eingepreist werden“, sagte Krautzberger.

Trotz Zuwachs bei grünen Produkten sinken die Umweltbelastungen nicht, zeigt eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes: So sind die Emissionen im Bereich Mobilität wegen des stark steigenden Luftverkehrs und kaum abnehmender Emissionen bei der Automobilität leicht um 0,4 Prozent gestiegen, im Bereich Ernährung – vor allem aufgrund des hohen Fleischkonsums – mit rund neun Prozent sogar deutlich gestiegen. Die Emissionen im Bereich Wohnen sind dank energetischer Sanierungen um rund zehn Prozent in den letzten zehn Jahren gesunken.

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