Altbundespräsident Herzog "Das Grundgesetz verbietet nicht die Staatspleite"

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Kritik an Wolfgang Schäuble

National oder auf EU-Ebene entscheiden?
Die deutsche und die europäische Flagge Quelle: dpa
Rentner Quelle: dpa
Die Familie einer Sozialhilfeempfängerin Quelle: dpa
Eine Steuererklärung Quelle: dpa
Die Schulden-Uhr Quelle: dpa
Ein Jobcenter in Madrid Quelle: dpa
Eine Migrantin in einem Deutsch-Kurs Quelle: dpa

Mittelfristig erwartet das frühere Staatsoberhaupt, dass die Staaten der EU stärker in unterschiedlicher Zusammensetzung kooperieren würden. „Wenn die Krise richtig aufbricht, dann kommt das Europa vieler Geschwindigkeiten“, sagte Herzog im WirtschaftsWoche-Interview. Staaten, die eine engere Integration in einem Politikbereich ablehnten, könnten dies dann nicht blockieren. „Mitreden darf jeder, aber sie dürften nicht mit entscheiden. Zur Weisheit würde es gehören, darauf zu achten, dass nicht immer nur dieselben vertieft zusammenarbeiten, damit ein Geflecht entsteht.“ Es sei aber offensichtlich: „Das Bild eines europäischen Staates ist völliger Blödsinn. So etwas hat es nie gegeben.“

Schäuble-Idee ist „dummes Zeug“

Ex-Bundespräsident Roman Herzog greift im Interview mit der WirtschaftsWoche Finanzminister Wolfgang Schäuble an. Zu dessen Vorschlag, einen europäischen Präsidenten direkt vom Volk wählen zu lassen, sagte Herzog: „Das ist dummes Zeug.“ Er habe sich gefragt: „Wie soll das alles gehen? Soll dann Herr Barroso in Niederbayern und in Mecklenburg auf den Marktplätzen Wahlkampf machen? Und die Bürger werden ihn alle verstehen, weil er ein bisschen Englisch spricht und im Übrigen auch Portugiesisch kann?“

Griechischen Euro-Austritt nüchtern abwägen

Roman Herzog spricht sich dafür aus, den Verbleib Griechenlands von den Kosten abhängig zu machen. „Das wäre für mich eine ganz einfache Abwägung: Was müssen wir zahlen, wenn die austreten, und was, wenn sie drinbleiben“, sagte Herzog im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Dann ist es ein reines Rechenexempel, und wir machen die billigere Lösung.“ Allerdings müsse sich dies wirklich verlässlich ausrechnen lassen können.

Es sei bekannt gewesen, dass die Zusammensetzung der Euro-Länder nicht optimal sei. „Man hat die selbstverständlichen Voraussetzungen und Grundsätze nicht richtig festgeschrieben: Schwächere bekommen Hilfe, damit sie in 15 Jahren auf eigenen Beinen stehen können. Dafür gibt es Programme – und Kontrollen.“ Das sei aber nie passiert. Griechenland sei als Wiege der Demokratie aufgenommen worden. „Das war also die Ersetzung eines ökonomischen Arguments durch ein ideologisches oder historisches, das zudem auch noch falsch ist.“

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