Alternative für Deutschland CDU-Vize warnt vor AfD-Wahlerfolgen

Das Wahljahr 2016 könnte zu einem Triumphzug für die AfD werden. Die CDU will das gemeinsam mit anderen Parteien verhindern. Doch SPD, Grüne und FDP mauern. Sie sehen die Union in der Verantwortung.

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In Umfragen zu den Landtagswahlen steht die AfD zwischen sieben und 13,5 Prozent. Quelle: dpa

Berlin Der stellvertretende Vorsitzende der CDU, Thomas Strobl, hat vor einem Einzug der Alternative für Deutschland (AfD) in die Landtage von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gewarnt.

„Diese rechtspopulistische Partei ist auf dem Weg zu einer rechtsextremistischen Partei. Sie passt nicht zum weltoffenen und exportorientierten Deutschland“, sagte Strobl dem Handelsblatt. „Alle demokratischen Kräfte sollten gemeinsam dafür arbeiten, dass linke und rechte Extremisten in keine Parlamente einziehen.“

Strobl, der auch Vorsitzender der Südwest-CDU und Unions-Fraktionsvize im Bundestag ist, rief dazu auf, die Sorgen der Menschen „echte, seriöse Antworten“ zu geben und die Herausforderungen zu meistern. „Damit entzieht man rechten Rattenfängern den Boden“, sagte er und fügte hinzu: „Dazu gehört übrigens, dass die Flüchtlingszahlen im neuen Jahr 2016 deutlich unter denen des vergangenen Jahres liegen und die Integration derer, die hier für längere Zeit oder dauerhaft bleiben, gelingt.“

Andere Parteien sehen jedoch vor allem die Union in der Verantwortung, der AfD das Wasser abzugraben. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs machte insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für das Erstarken der Partei verantwortlich.

„Je weiter die CDU unter der Führung Merkels nach links rückt, umso mehr Platz gibt es für die AfD am rechten Rand. Je weniger Merkel Antworten in der Flüchtlingsfrage geben kann und will, umso stärker werden die Zweifel in Teilen der Bevölkerung“, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD dem Handelsblatt. Kahrs fügte hinzu: „Wenn es der CDU nicht gelingt den rechten Rand wieder zu gewinnen, wird es ihr so gehen wie der SPD mit der Linken.“


Experte sieht Politiklandschaft vor tiefgreifenden Veränderungen

Auch Politiker von Grünen und FDP geben CDU und CSU schon die Schuld für mögliche weitere Erfolge der AfD bei den anstehenden Landtagswahlen im März. „Die Umfragewerte der AfD sind vor allem ein Abfallprodukt der rechtspopulistischen CSU-Performance“, sagte der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck dem Handelsblatt.

„Solange sich die CSU einen Unterbietungswettbewerb mit der AfD liefert, wer rechter und billiger ist, wird die AfD mit ihrem rechtspopulistischen Kurs weiter an Zulauf gewinnen. Denn so wird nicht hinreichend deutlich, dass man als Demokrat nicht sagt, was die AfDler so von sich geben. Hier fehlt es bei der CSU am Mut zur Klarheit.“

Der Spitzenkandidat der FDP für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, Volker Wissing, sieht die CDU in der Verantwortung. „Die CDU hat ihren konservativen Flügel demonstrativ vernachlässigt“, sagte Wissing dem Handelsblatt. Die AfD stehe für die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) „heimatlos gemachten Konservativen“. Die CDU müsse daher die Frage beantworten, „ob sie in Zukunft damit zufrieden sein will, eine SPD light zu sein“, fügte Wissing, der auch dem FDP-Präsidium angehört, hinzu. „Die weitgehende Inhaltsgleichheit zwischen CDU und SPD hat der AfD den politischen Lebensraum erst geschaffen.“

In Umfragen zu den Landtagswahlen steht die AfD zwischen sieben und 13,5 Prozent.

Der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter sieht die Politiklandschaft in Deutschland schon vor tiefgreifenden Veränderungen, sollte die AfD weitere Wahlerfolge für sich verbuchen können. „Für die Bundestagswahl 2017 würden bei Erfolgen in den Ländern die Hemmschwellen sinken“, sagte Oberreuter dem Handelsblatt. Schon die gemäßigtere AfD habe den Einzug ins Parlament 2013 nur äußerst knapp verpasst, im Osten sei sie damals sogar schon über der 5-Prozent-Grenze gewesen.

„Käme sie in den Bundestag, gewönne sie zusätzliche Resonanz“, glaubt Oberreuter. Die CDU wäre daran nicht ganz unschuldig, zumal sie mittlerweile schon als Partei links der Mitte wahrgenommen werde. Das könne für manche Wähler ein zusätzliches Motiv sein, sich „rechts“ zu orientieren.


„Wann kommt die Höcke-AfD mit Rassismus pur?“

Der Einzug der Partei in den Bundestag würde zudem Koalitionsbildungen jenseits der Großen Koalition „äußerst erschweren, wenn nicht verunmöglichen“, fügte der Experte hinzu. Eine Fortsetzung der Großen Koalition im Bund würde jedoch „Alternativen und Profile entschärfen und damit den Markt für Radikaleres oder Profilierteres erweitern“, ist Oberreuter überzeugt. „Das träfe einen Nerv unseres Parlamentarismus, auch ohne dass die AfD in der Lage wäre, Entscheidungsprozesse zu blockieren“, sagte er.

Oberreuter sprach von einer „ernsthaften Entwicklung“, die auf Deutschland zukäme, sollte sich das Anwachsen der AfD in der Demoskopie an den Wahlurnen fortsetzen. Zwar habe sich bisher in der Bundesrepublik dauerhaft eigentlich keine rechte Partei stabil etablieren können.

„Bleibt die Flüchtlingskrise allerdings im nächsten Jahr wie sie derzeit ist, werden mehr Leute auf die hören, die ihnen vermeintlich plausible und einfache Antworten anbieten“, sagte Oberreuter. „Das kann das Klima in der Republik verändern.“

Der Grünen-Politiker Beck sagte dazu: „Von welcher AfD geht Oberreuter bei seiner Projektion überhaupt aus? Die Lucke-AfD ist schon Geschichte, wie viele Monate hat die Petry-AfD mit Rassismus light noch oder wann kommt die Höcke-AfD mit Rassismus pur?“

Beck hält es auch für denkbar, dass die Wähler von der „Hetzpropaganda des Populistenhaufens“ über kurz oder lang angeödet sein könnten oder den Anhängern der Partei auffalle, „dass hier eine Pöbelkaste gut konzeptfrei von den Ressentiments ihrer Anhänger lebt und sich selbst auf den Pressebällen hierfür feiert“.

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