Altersarmut Immer mehr Ältere geraten in Schuldenfalle

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform sieht einen erschreckenden Anstieg der Überschuldung bei Senioren, immer mehr geraten in eine Schuldenfalle. Die Möglichkeiten, ihre Lage zu verbessern, sind vergleichsweise gering.

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Insgesamt sind nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform inzwischen über 600.000 Senioren überschuldet. Quelle: dpa

Düsseldorf Alt und überschuldet: Dieses Schicksal droht immer mehr Senioren in Deutschland. Nach dem am Dienstag von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform veröffentlichten „Schuldneratlas 2015“ stieg die Zahl der über 60-Jährigen mit Schulden, die sie nicht mehr vollständig bedienen können, in den vergangenen zwei Jahren drastisch an. Bei den 60 bis 69-Jährigen um 12,4 Prozent, bei den Senioren ab 70 sogar um 35,4 Prozent.

„Immer mehr ältere Menschen geraten in eine Schuldenfalle“, warnt Creditreform-Aufsichtsrat Helmut Rödl. Dabei sehen die Zahlen zur Finanzsituation der älteren Generation auf den ersten Blick eher undramatisch aus. Während von den 18 bis 59-Jährigen laut Creditreform 13,3 Prozent ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, sind es bei der Generation 60plus „nur“ 2,7 Prozent.

Doch die Zuwachsraten bei den Älteren seien „erschreckend“, betont Creditreform. Insgesamt sind nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei inzwischen über 600.000 Senioren überschuldet – mit gravierenden Folgen. „Altersarmut ist eine besonders schwerwiegende Form der Armut“, betont Rudolf Martens vom Paritätischen Gesamtverband in Berlin.

Während Armut für jüngere Menschen häufig eine vorübergehende Lebensphase sei, und sie über eine Perspektive verfügten, sich aus den Problemen herauszuarbeiten, sei das bei älteren Menschen in der Regel nicht mehr der Fall. Denn mit dem Eintritt in den Ruhestand sinke die Chance älterer Menschen drastisch, ihre ökonomische Lage zu verbessern.

Martens befürchtet, dass das Phänomen der Altersüberschuldung in den nächsten Jahren im Gleichklang mit der Altersarmut weiter zunehmen wird. Hierzu trage auch die Ausweitung von Niedriglöhnen auf dem Arbeitsmarkt bei. Viele Versicherte, die in den nächsten Jahren ins Rentenalter kommen, könnten nur geringe Rentenanwartschaften vorweisen.

Auch die Bertelsmann-Stiftung hatte erst vor wenigen Wochen vor einem Anstieg der Altersarmut gewarnt. „Während 2006 jeder zehnte Ältere von Altersarmut bedroht war, galt das 2013 schon für jeden siebten“, berichtete die Stiftung. Besonders stark gefährdet seien Frauen, Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund.

Ganz entscheidend für das Armutsrisiko sei, dass infolge der Rentenreformen seit 2001 das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung gesunken sei und weiter sinken werde, heißt es im Papier der Stiftung. Der Grundgedanke der Riester-Reform, das sinkende Versorgungsniveau durch den Ausbau der betrieblichen und privaten Altersvorsorge auszugleichen, habe sich nicht als tragfähig erwiesen. Dies gelte gerade bei Versicherten mit niedrigen Rentenanwartschaften.

Nach einer aktuellen Studie des Statistischen Bundesamtes waren 2014 insgesamt 17,9 Prozent der Menschen im Altern von 60 Jahren und mehr von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Bei der Gesamtbevölkerung lag der Anteil mit 20,6 Prozent allerdings noch höher.

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