Doch genau in die falsche Richtung könnte die neue Debatte laufen, vor allem beim Rentenniveau, dessen „Stabilisierung“ mittlerweile zu einer Art Fetisch für die Regierenden geworden ist. Dabei warnen fast alle Fachleute davor, das eher überschaubare Problem der Altersarmut mit einer breiten und teuren Anhebung der Beiträge bekämpfen zu wollen. Doch bei der Rente geht es eben nicht nur um Sicherheit, sondern mindestens so sehr um Anerkennung von Lebensleistung. Deshalb ist ein wenig mehr für alle politisch viel attraktiver als das Drehen kleiner Schräubchen.
Ihre Vorschläge wird Nahles mit einer neuen, offiziellen Regierungsprognose flankieren. Die soll erstmals Auskunft darüber geben, wie sich der Beitragssatz und das Rentenniveau (das Verhältnis von Standardrente zu Durchschnittslohn) bis 2045 verändern werden. Bislang reicht der Blick nur bis 2030.
Schon jetzt ist klar: Falls nichts passiert, bevor sich die zahlreichen Babyboomer ab 2025 in den Ruhestand verabschieden, dürfte der Beitragssatz über die 22 Prozent vom Lohn steigen, die derzeit gesetzlich als Obergrenze verankert sind. Das Sicherungsniveau wiederum sänke von heute 47,9 Prozent bis Mitte des Jahrhunderts auf unter 42 Prozent. Auch hier würde die gesetzliche Grenze von 43 Prozent klar durchbrochen.
Ringen um den Beitrag
Letzteres wäre ein Armutszeugnis. Und Nahles will es sich nicht ausstellen. Wie aber lässt es sich abwenden?
Nahles hegt Sympathien dafür, die bislang nur bis 2030 fixierten gesetzlichen Limits bis 2045 neu festzuschreiben. Dabei dürfte sie anstreben, mindestens das Niveau von 43 Prozent auf Dauer zu halten – gleichzeitig aber einen höheren Beitragssatz als 22 Prozent zuzulassen.
Die SPD-Politikerin deutet dieses Ansinnen bisher nur an, denn sie weiß, dass es gehörigen Widerstand erzeugen wird. „Sollte der Beitragssatz auf mehr als 22 Prozent steigen, würde das Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich überfordern – daran ändert sich auch in Zukunft nichts“, kritisiert Alexander Gunkel vom Bundesverband der Arbeitgeberverbände. „Wir warnen ausdrücklich davor, diesen Weg zu gehen.“
Umso ärgerlicher, dass über eine Alternative beim Spitzentreffen so gut wie gar nicht geredet wurde: über ein höheres Renteneintrittsalter. Auch die private Vorsorge oder die Idee, kleine gesetzliche Rentenansprüche nicht voll mit der Grundsicherung zu verrechnen, kamen nur am Rande zur Sprache. Das allerdings wären konkrete Schritte nach vorn.