Altmaier mahnt zur Vorsicht Martin Schulz will Türkei Frist setzen

Das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara ist angespannt. In der Türkei sitzen zehn Deutsche wegen politischer Vorwürfe in Haft. Was die beste Strategie in dieser schwierigen Lage ist.

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Altmaier mahnt zur Vorsicht: Schulz will Türkei Frist setzen Quelle: dpa

Im Konflikt um die in der Türkei inhaftierten Deutschen plädiert SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz für eine härtere Gangart. „Wir sollten dem türkischen Präsidenten eine Frist setzen“, sagte Schulz der „Rheinischen Post“ (Samstag). „Wenn Herr Erdogan nicht unverzüglich die deutschen Gefangenen freilässt, muss die EU die Verhandlungen mit der Türkei über eine Ausweitung der Zollunion mit der Türkei abbrechen.“ Dies werde das Land hart treffen, aber Präsident Recep Tayyip Erdogan scheine keine andere Sprache zu verstehen. Auch die EU-Beitrittshilfen müssten dann gestoppt werden.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sagte, der Streit über die Freilassung der inhaftierten Deutschen habe im Wahlkampf nichts zu suchen. „Ich glaube nicht, dass es gut ist, diese Maßnahmen öffentlich und im Wahlkampf zu diskutieren“, sagte er beim Tag der offenen Tür der Bundespressekonferenz in Berlin. Er wolle dies aber nicht als Kritik an Schulz verstanden wissen.

Er selbst habe sich jedoch dafür entschieden, das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. „Ich glaube, dass wir den Menschen besser dienen, dass wir sie so schnell wie möglich freibekommen können“, wenn die Bundesregierung gegenüber der Türkei „eine klare und unmissverständliche Sprache“ spreche. Die Freilassung sei ein Anliegen der gesamten Bundesregierung. „Ich glaube, dass es gut ist, dass wir das parteiübergreifend machen“, sagte er.

In der Türkei sitzen neben dem deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel unter anderen der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner und die deutsche Übersetzerin Mesale Tolu wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft. Zwischen der EU und der Türkei besteht seit 1996 eine Zollunion. Die türkische Regierung hat ein großes Interesse daran, sie auszuweiten.

Zu den in der Türkei inhaftierten Deutschen gehört nach Informationen der „Bild am Sonntag“ auch ein 55 Jahre alter deutscher Pilger. David B. aus Schwerin war den Angaben zufolge bereits im April festgenommen worden. Er war demnach über Bulgarien in die Türkei gereist und wollte nach Jerusalem. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, „uns ist der Fall bekannt, er wird auch konsularisch betreut“. Zu den Tatvorwürfen gegen B. machte das Ministerium keine Angaben.

Die Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei strapazieren auch die Sicherheitskooperation beider Länder. „Die Zusammenarbeit mit den türkischen Sicherheitsbehörden ist deutlich schlechter als früher“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben ein Interesse an einem Informationsaustausch über Reisewege von Dschihadisten. Oder dass die Türkei uns sagt, wenn IS-Rückkehrer über die Türkei zurückfliegen“, sagte er. „Wir lassen uns aber nicht die Terrorismus-Definition der türkischen Seite aufzwingen.“ Ein kurdischer Oppositioneller sei aus deutscher Sicht nicht pauschal ein Terrorist - aus türkischer schon. „Da gibt es keine Zusammenarbeit unter der Überschrift „Anti-Terror-Kampf“.“

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