Angela Merkel Deutschland braucht stabiles Ägypten

Unter dem Druck anhaltender Migration sucht die Bundesregierung Hilfe in Nordafrika. Tunesiens Regierungschef war vor kurzem in Berlin. Nun fährt die Kanzlerin nach Ägypten. Ihre Mission ist nicht einfach.

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Angela Merkel: Deutschland braucht stabiles Ägypten Quelle: AP

Kanzlerin Angela Merkel hat vor ihrer Nordafrika-Reise die Bedeutung Ägyptens als „stabilisierendes Element“ in der Krisenregion hervorgehoben. Mit Blick auf die anhaltende Migration nach Europa sagte sie, bei ihren Gesprächen am Donnerstag in Kairo werde es auch um das Nachbarland Libyen gehen. Ohne dass Libyen stabilisiert werde, könne den Schleppern und Schleusern, die von dort aus arbeiteten, nicht das Handwerk gelegt werden, erklärte sie in einer am Samstag im Internet veröffentlichten Videobotschaft. In Kairo will Merkel unter anderem mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi zusammenkommen. Am Freitag besucht sie dann Tunesien und trifft dort erneut Ministerpräsident Youssef Chahed.

Ägypten unterstützt im libyschen Bürgerkrieg den umstrittenen General Chalifa Haftar, der im Osten des Landes großen Einfluss hat. Er wird als ein Hauptgrund für die anhaltende Spaltung des Landes gesehen. Entgegen ursprünglicher Bestrebungen, Haftar kalt zu stellen, soll er nach Aussagen westlicher Diplomaten und des UN-Vermittlers nun eine Rolle im Friedensprozess erhalten. Welche, ist unklar.

Die Bundesregierung - zumindest die Unionsseite - strebt Flüchtlingsabkommen mit nordafrikanischen Ländern an analog zu dem mit der Türkei, um die Migration über das Mittelmeer einzudämmen. Die Aussichten dafür sind ungewiss, Tunesiens Regierungschef Chahed hat sich vor kurzem in Berlin bereits ablehnend geäußert. Die Abkommen sind wegen der Menschenrechtslage in Nordafrika umstritten.

Die Chronologie der Flüchtlingskrise

Unionsfraktionschef Volker Kauder verteidigte das Anliegen: „Flüchtlinge, die auf dem Mittelmeer gerettet werden, müssen verstärkt direkt nach Afrika zurückgebracht werden, auch um den Schleusern das Geschäft kaputt zu machen“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Alles andere werde Europa auf Dauer überfordern.

Kauder nannte es zudem „zwingend notwendig“, Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, um die Asylverfahren für Bürger dieser Länder vereinfachen und beschleunigen zu können. Das von Union und SPD im Bundestag beschlossene Vorhaben wird im Bundesrat von Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung blockiert. „Wir werden es im Bundesrat noch einmal versuchen“, kündigte Kauder an.

Die Linkspartei warnte vor Flüchtlingsabkommen mit nordafrikanischen Ländern. „Schäbige Deals, um Geflüchtete in alle Welt abzuschieben, sind eine politische Bankrotterklärung. Indem die Bundesregierung solche Deals fördert, stärkt sie autoritäre Regime und wertet diese auf“, erklärte Parteichef Bernd Riexinger. „Der Besuch der Kanzlerin bei Al-Sisi muss Anlass sein, die Menschenrechtskrise in Ägypten zu kritisieren.“

Schlüsselstaat Türkei

Die Bundeskanzlerin kündigte an, in Ägypten auch über die Arbeitsmöglichkeiten deutscher politischer Stiftungen zu sprechen. Ägyptens autoritäre Regierung versucht seit Jahren, abweichende Meinungen zu ersticken. Deutsche Stiftungen können dort nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten.

Zugleich sagte die Kanzlerin Ägypten weitere Wirtschaftshilfe zu. Die Bevölkerung wachse schneller als die Wirtschaft, und daraus ergäben sich soziale Probleme. „Der ägyptische Präsident und die Regierung haben zugestimmt, ein mutiges IWF-Programm anzugehen, und da will Deutschland auch parallel unterstützen“, sagte Merkel. Ägyptens Bevölkerung hat sich seit 1975 auf 94 Millionen verdoppelt.

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