Angst vor Euro-Destabilisierung Verband wirft Griechen geschönten Haushalt vor

Lange hat Griechenland nur mit internationaler Hilfe finanziell überlebt. Jetzt hat sich Athen wieder selbstständig Geld am Kapitalmarkt besorgt. Der deutsche Familienunternehmer-Verband warnt vor verfrühter Euphorie.

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Griechenland macht mit geschöntem Haushalt wieder eigene neue Schulden, kritisiert der Familienunternehmer-Verband. Quelle: dpa

Berlin Der Präsident des Familienunternehmer-Verbands, Lutz Goebel, sieht angesichts der erfolgreichen Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt keinen Anlass für Optimismus. „Ich warne davor, die Rückkehr an den Kapitalmarkt als Beleg für eine Besserung der Verhältnisse in Griechenland zu interpretieren“, sagte Goebel. „Der Staatsanleihenkauf durch vornehmlich Hedge-Fonds ist vielmehr ein Beleg dafür, dass die Finanzinvestoren die politischen Tricksereien bei der Euro-Rettung durchschauen und darauf spekulieren, dass im Notfall wieder andere die Zeche zahlen.“

In diese Richtung äußerten sich auch Marktteilnehmer. „Die Märkte gehen davon aus, dass die Schuldenkrise in der Euro-Zone vorerst unter Kontrolle ist. Das gilt auch für Griechenland, denn im Zweifelsfalle steht die EZB ja Gewehr bei Fuß“, sagte ein Frankfurter Börsianer.

Goebel sagte, mit der Haftung anderer europäischer Staaten und Bürger erkaufe sich Griechenland eine „scheinbare“ Unabhängigkeit. Doch das Land bleibe mit etwa 190 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet und könne schon die bisherigen Schulden nicht wie vereinbart bedienen.

Der Verbandchef wies zudem darauf hin, dass die Griechen ihre fehlende Schuldentragfähigkeit mehrfach als Grund angeführt hätten, „um den europäischen Geldgebern – sprich Steuerzahlern – niedrigere Zinsen und spätere Rückzahlungstermine abzutrotzen“. Nun mache das Land „mit geschöntem Haushalt wieder eigene neue Schulden und wähnt sich am Ende seines Spar- und Reformkurses.“ Wer Griechenlands neue Schulden lobe, so Goebel, der destabilisiere den Euro.

Griechenland hat am Donnerstag nach Angaben der Regierung in Athen rund drei Milliarden Euro mit einer fünfjährigen Laufzeit zu einem Zinssatz knapp unter fünf Prozent bei privaten Investoren aufgenommen. Der griechische Regierungssprecher Simos Kedikoglou warnte im Fernsehen vor allzu großer Begeisterung. Die Griechen müssten „noch vieles leisten“, sagte er im Fernsehen.


Bombe vor Zentralbank explodiert

Die EU-Kommission reagierte zufrieden. „Heute ist ein sehr guter Tag“, sagte EU-Kommissar Joaquín Almunia nach einem Treffen mit dem griechischen Finanzminister Ioannis Stournaras in Athen. „Heute sehen wir die Ergebnisse der großen Bemühungen der griechischen Behörden und der griechischen Bürger für die Überwindung einer großen Krise“, sagte er weiter. Almunia ist einer der Vizepräsidenten der Brüsseler Behörde und für das Ressort Wettbewerb zuständig.

Überschattet wurde die erfolgreiche Rückkehr des Schuldenstaates an den Anleihenmarkt von einem Anschlag. Einen Tag vor dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Griechenland explodierte in der Athener Innenstadt ein Sprengsatz. Bei der Detonation vor einem Gebäude der Zentralbank wurde am frühen Donnerstagmorgen niemand verletzt, wie die Polizei und Zeugen berichteten. In mehreren Geschäften gingen Fensterscheiben zu Bruch.

Aus Polizeikreisen verlautete, ein anonymer Anrufer habe 45 Minuten vor der Detonation vor der Bombe gewarnt und gesagt, dass es sich um 70 Kilogramm Sprengstoff handele. Die Ermittler vermuteten eine linksgerichtete oder anarchistische Gruppe hinter der Tat. Zunächst habe sich aber niemand dazu bekannt, hieß es.

In Griechenland kommt es immer wieder zu politisch motivierter Gewalt. Mit dem Beginn der Schuldenkrise vor vier Jahren hat die Zahl der Anschläge mit Brand- und Sprengsätzen aber zugenommen. Ziel waren oftmals Politiker, Journalisten und Geschäftsleute.

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